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Carmen Bangeow, Leiterin der Salus Ambulanz und Prävention Potsdam.

© Sebastian Gabsch

Suchtberatung in Potsdam: "Der Suchtbereich ist sehr scham- und schuldbehaftet"

Vor zwei Jahren wurde die Salus Ambulanz und Prävention Potsdam gegründet. Carmen Bangeow, Diplom-Sozialarbeiterin und Leiterin der Suchtberatungsstelle, über häufige Suchterkrankungen und Unterstützungsmöglichkeiten.

Von Birte Förster

Frau Bangeow, vor zwei Jahren wurde die Salus Ambulanz und Prävention Potsdam gegründet. Wie wird die Suchtberatungsstelle unter Betroffenen angenommen?

Wir merken einen stetigen Anstieg von Klienten. Das hängt aber auch damit zusammen, dass wir viel Öffentlichkeitsarbeit machen. Wir sind bei Stadtteilfesten mit einem Stand vertreten und stellen uns in Arztpraxen vor. Außerdem sind wir immer dabei, unser Netzwerk auszubauen. Dadurch werden wir bekannter.

Welche Suchterkrankungen sind die häufigsten, die in der Beratungsstelle behandelt werden?

Über 60 Prozent aller Beratungen gehen auf eine Alkoholabhängigkeit zurück. Danach folgt Cannabis und an dritter Stelle steht Tabak. Während die Alkoholabhängigen, die unsere Beratungsstelle aufsuchen, zwischen 30 und 40 Jahre alt sind, sind Cannabisabhängige eher jünger, etwa 25 Jahre alt. Außerdem spielen Medienkonsum oder Drogenabhängigkeit, wie zum Beispiel von Amphetaminen, eine Rolle. Da auch Schlaf-, Schmerz- und Beruhigungsmittel abhängig machen können, beraten wir ebenso zum Thema Medikamentenkonsum.

Wie gehen Sie dann vor?

Meist kommen Betroffene oder Angehörige allein in unsere Beratungsstelle. Gelegentlich bringen sie auch eine Bezugsperson mit. In jedem Fall kann die Beratung anonym erfolgen. Wir schauen zuerst, welches Anliegen ein Betroffener hat. Im Anschluss führen wir eine Diagnostik durch, um uns ein umfassendes Bild von der Situation des Betroffenen zu machen. Ausgehend von den Ergebnissen legen wir gemeinsam weitere Schritte fest. Denkbar wäre es, unsere internen Angebote zu nutzen oder in weiterführende Hilfen zu vermitteln. Zudem vermitteln wir Kinder und Jugendliche von betroffenen Elternteilen in weiterführende Hilfen. Hier bietet auch der Online-Wegweiser Seelische Gesundheit der Landeshauptstadt Potsdam einen umfassenden Überblick über mögliche Angebote.

Wie sieht die Unterstützung genau aus?

Unsere Beratung richtet sich sowohl an Betroffene als auch an Angehörige. Wir informieren, klären auf und vermitteln. Während einige Betroffene ihren Suchtmittelkonsum reduzieren wollen, wünschen sich andere eine langfristige Abstinenz. Danach richtet sich, welche Hilfsangebote zielführend sind. So besuchen unsere Informationsgruppe Betroffene, die sich noch unsicher über weitere Schritte sind und vertiefendes Wissen benötigen. Wer dagegen mit dem Rauchen aufhören möchte, nutzt unsere Raucherentwöhnung und wird dort auf den Tag X vorbereitet. Betroffene, die einen exzessiven Medienkonsum zeigen, werden in unserer Medienkonsumberatung für einen gesunden Umgang sensibilisiert. In Zusammenarbeit mit unseren Netzwerkpartnern haben wir die Möglichkeit für einen nahtlosen Übergang in die verschiedenen Behandlungsformen. Sei es der bevorstehende körperliche Entzug, die folgende Entwöhnungstherapie oder der nahtlose Übergang in die ambulante Suchtnachsorge. Optimal unterstützt werden kann der Beratungsprozess durch den Besuch einer Selbsthilfegruppe.

Worin liegen besondere Schwierigkeiten in Ihrer Arbeit?

Die Herausforderung liegt darin, Betroffene zu erreichen, da der Suchtbereich sehr scham- und schuldbehaftet ist. Außerdem kommt ein Großteil der Klienten fremdmotiviert zu uns. Es ist eine hohe Kunst des Beraters oder der Beraterin, zusammen mit dem Betroffenen zu schauen, wofür sich eine Veränderung lohnt. Es hält meist nicht lange an, wenn man zum Beispiel nur für jemand anderen aufhört zu trinken.

Auch Prävention ist bei Ihnen ein wichtiges Thema.         

In Anbetracht der Kosten, die für das Gesundheitswesen für Menschen mit einer Abhängigkeit anfallen, ist die Prävention und auch die Frühintervention bei missbräuchlichem Konsum erstrebenswert. Suchtprävention für Erwachsene gab es in Potsdam bisher nicht. Wir wollen den Menschen die Angst und die Scham vor dem Thema nehmen. Denn viele denken: Es betrifft mich nicht.

Wie sind Sie in puncto Prävention aktiv?

Wir arbeiten eng mit dem Klinikum „Ernst von Bergmann“ zusammen. Einmal im Monat veranstalten wird dort unsere öffentliche Vortragsreihe. Die Themen sind immer unterschiedlich. Wir schauen immer, wo gerade das Interesse liegt. Auch im Verein SEKIZ bieten wir Vorträge an.  Ab dem Sommer sind solche Vorträge auch an der Volkshochschule geplant.

Sie schulen außerdem Fach- und Führungskräfte.

Wir arbeiten eng mit der Stadtverwaltung zusammen sowie mit dem Jobcenter. Wir gehen außerdem in verschiedene Pflegeeinrichtungen, Firmen, Bildungseinrichtungen und Ämter, wo wir Fach- und Führungskräfte schulen, um für das Thema zu sensibilisieren. Auch das Thema Stressmanagement gehört dazu und die Frage, wie man Stress in der Regel kompensiert. Nicht jede Institution hat das gleiche Thema. Mal geht es um die Mitarbeitenden, mal um die Klientel. Ein Thema ist zum Beispiel die Medikamentenabhängigkeit von älteren Menschen in Pflegeheimen. Im Jobcenter möchten wir eine Sprechstunde für Menschen mit einer Konsumproblematik etablieren. Es geht uns darum, frühzeitig suchtgefährdete Menschen zu erreichen und dahingehend zu schulen, Auffälligkeiten am Arbeitsplatz anzusprechen und möglicherweise in eine Beratungsstelle weiterzuvermitteln.

Die Salus Ambulanz und Prävention Potsdam befindet sich in der Hebbelstraße 1A in Potsdam. Die Sprechzeiten sind Montag bis Donnerstag von 9 bis 17 Uhr. Wer sich beraten lassen möchte, kann einfach in der Salus Ambulanz vorbeikommen oder telefonisch unter 0331-887104911 oder per E-Mail unter mail@salusambulanz-potsdam.de einen Termin vereinbaren.

www.salusambulanz-potsdam.de

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