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Gabriel ist gerade ein Jahr alt geworden. Fast genauso lange suchte seine Mutter Judith Mattner nach einem Kita-Platz für ihn.

© Andreas Klaer

Suche nach einem Kita-Platz in Potsdam: Die Kita-Odyssee

Die Suche nach einem Betreuungsplatz in Potsdam kann nervenaufreibend und langwierig sein. Judith Mattner suchte fast ein Jahr lang - und wandte sich an die PNN.

Von Katharina Wiechers

Potsdam - Dass die Suche nach einem Kita-Platz in Potsdam nicht einfach ist, weiß jeder – spätestens wenn das eigene Kind unterwegs ist. Zu dem ohnehin schon knappen Angebot kommt die chaotische Anmeldepraxis, die von Kita zu Kita verschieden ist und nicht zentral gesteuert wird. Die Stadt versucht, mit zusätzlichen Kitaplätzen und der Beratungsstelle Kita-Tipp Abhilfe zu schaffen, doch trotzdem läuft längst nicht alles rund. Wie auch das Beispiel der Potsdamerin Judith Mattner zeigt. Nach fast einem Jahr Suche hat sie sich an die PNN gewandt und von ihrer Kita-Odyssee berichtet.

Die Krankenschwester lebt in der Teltower Vorstadt und hat im Januar 2015 ihren Sohn Gabriel bekommen. All der Warnungen von anderen Müttern eingedenk fing sie schon zwei Monate nach der Geburt damit an, bei verschiedenen Kitas anzurufen oder vorzusprechen. Die meisten wimmelten sie gleich ab und verwiesen auf lange Wartelisten. „Oft bekam ich zu hören, der nächste Platz werde erst im übernächsten Jahr frei“, erinnert sich die heute 29-Jährige. Sie wollte aber einen Platz für Januar 2016 – schließlich wollte sie nach einem Jahr Elternzeit wieder im Krankenhaus zu arbeiten anfangen. Bei fünf oder sechs Kitas schaffte sie es dennoch auf die Warteliste. Sie solle sich im Oktober wieder melden, hieß es.

Obwohl sie bei einigen Kitas auf der Warteliste stand, bekam die junge Mutter keinen Platz

Sie tat wie ihr geheißen, doch das Ergebnis war ernüchternd. Keiner hatte einen freien Platz für Januar in Aussicht. Nur eine Kita im Stadtteil Schlaatz konnte einen anbieten – zumindest für Februar. Judith Mattner wurde gebeten, zu einem Gespräch vorbeizukommen und auch gleich schon den Rechtsanspruch vom Jugendamt mitzubringen. „Ich habe mir natürlich Hoffnung gemacht und alles daran gesetzt, den Bescheid möglichst schnell zu besorgen“, sagt Mattner. Doch als sie zum verabredeten Termin bei der Kita erschien, war von einem Platz keine Rede mehr. Sie solle sich im Dezember nochmal melden.

Enttäuscht wandte sich die junge Mutter an den Kita-Tipp, eine 2010 von der Stadt eingerichtete Beratungsstelle. „Dort hatte man auch gleich eine Lösung parat: In Drewitz gab es gerade 15 freie Plätze“. Judith Mattner rief sofort an und machte einen Termin aus; dachte, das Problem sei gelöst. „Am Telefon klang es so, als wäre es sicher, dass wir den Platz bekommen.“ Doch dann die nächste Enttäuschung: Ob ein Platz frei wäre, sei gar nicht sicher, sagte man ihr bei ihrem Besuch. Und wenn, dann erst ab März.

„Spätestens da war ich richtig verzweifelt. Ich sollte ja am 1. Februar zu arbeiten anfangen.“ Erneut ging sie zum Kita-Tipp und klagte ihr Leid. „Die Dame war sehr nett und mitfühlend und versprach, mich am nächsten Vormittag anzurufen.“ Doch als der Anruf ausblieb und sie nachhakte, war es vorbei mit der Freundlichkeit. „Wie heißt nochmal ihr Kind?“, sei sie gefragt worden. Judith Mattner fühlte sich nicht ernst genommen. Mittlerweile waren es nur noch zwei Wochen bis zu ihrem ersten Arbeitstag.

Die Krankenschwester griff noch einmal selbst zum Hörer und telefonierte alle möglichen Kitas ab. Und hatte tatsächlich Glück: Bei einer Kita im Stadtteil Stern hatte zehn Minuten vorher eine Mutter abgesagt, der Platz war kurzfristig frei. Die Eingewöhnung – üblicherweise sollen Kinder mindestens vier Wochen lang schrittweise an die Kita gewöhnt werden – musste etwas kürzer ausfallen, aber immerhin konnte Judith Mattner zu arbeiten anfangen. „Hätte ich fünf Minuten früher angerufen, stünde ich jetzt immer noch ohne Platz da.“

Ihr wurde geraten, sich "mehr anzustrengen und mehr zu lächeln"

Und sie sei kein Einzelfall, sagt die junge Frau. Von vielen habe sie ähnliche Geschichten gehört, manche besuchten ihre Wunsch-Kitas schon während der Schwangerschaft und brächten „kleine Aufmerksamkeiten“ mit, um ihre Chancen zu steigern. Bei einer Kita-Besichtigung habe ihr eine andere Mutter geraten, sich „mehr anzustrengen und mehr zu lächeln“. Von dem Gedanken, in ihrer Wunsch-Kita einen Platz zu finden, hatte sich Judith Mattner ohnehin schnell verabschiedet. „Ich hätte einfach den nächstbesten genommen, der frei wird. Aber nicht einmal das hat mir geholfen“. Bis zu dem Zufallstreffer Mitte Januar.

Bei der Stadt ist man sich der Lage zumindest teilweise bewusst. 2016 sollen drei neue Kitas entstehen, weitere werden aufgestockt. Auf PNN-Anfrage räumt die Verwaltung ein, dass in einigen Sozialräumen ein Ausgleich über angrenzende Sozialräume stattfinden müsse. Sprich: Dort gibt es nicht genug Plätze für alle. Zu den unterversorgten Sozialräumen gehört der Potsdamer Norden (II), Babelsberg und Zentrum Ost (IV) sowie der Süden mit den Stadtteilen Schlaatz, Waldstadt und Templiner Vorstadt (VI). Insbesondere der Sozialraum III – dazu gehören unter anderem die Nördliche Innenstadt, die Brandenburger Vorstadt und Potsdam West – trage aber „durch seine zentrale Lage und dem Überangebot an Betreuungsplätzen zu einer adäquaten und wohnortnahen Versorgung in der gesamten Landeshauptstadt Potsdam bei.“ Mit dem Kita-Tipp ist man in der Behörde auch völlig zufrieden: Die „Betreuung für jedes Potsdamer Kind“ habe bislang gesichert werden können.

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Eine höchst unbefriedigende Situation für Eltern und Einrichtungen: Und das wird auch so bleiben, wenn nicht endlich das System umgekrempelt und die Platzvergabe für Kitas zentral gesteuert wird. Ein Kommentar >>

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