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Vorübergehend mehr Platz. Corona hat die Lage auf dem Potsdamer Wohnungsmarkt für Studenten zwangsentspannt.

© Sebastian Gabsch

Studentenleben in Corona-Zeiten: Impftermine vergeben statt Kellnern im Café

Wohnen, Arbeiten, Lernen: Wie geht es Potsdams Studierenden im dritten Pandemie-Semester?

Potsdam - Normalerweise wären in diesen Tagen auf dem Campus am Neuen Palais hunderte Studierende zu sehen, die zur nächsten Vorlesung gehen, in der Mensa sitzen oder draußen auf dem Rasen Kaffee trinken. Doch nach wie vor ist der Campus so gut wie ausgestorben: Nur rund 1000 Studierende der Universität Potsdam besuchen derzeit Präsenzveranstaltungen wie Laborpraktika oder bestimmte sport- und musikpraktische Lehrveranstaltungen – das sind fünf Prozent der Studierenden.

Mensa-Essen nur zum Mitnehmen

Geöffnet haben nur die Uni-Mensen in Golm und am Neuen Palais, täglich von 11 bis 14 Uhr, das Essen gibt es nur zum Mitnehmen. Alle anderen Cafeterien und Mensen bleiben vorerst geschlossen. „Außerdem versorgen wir mit unserem Food Hopper die 550 Studierenden der Babelsberger Wohnanlage Stahnsdorfer Straße mit Mittagessen to go“, sagt Josephine Kujau, Pressesprecherin des Studentenwerks Potsdam. Am Wohnheim an der Kaiser-Friedrich-Straße wurde zudem eine provisorische Essensausgabe eingerichtet, um auch den dort lebenden Student:innen etwas anbieten zu können.

Ein kleines Stück Normalität ist der Uni-Sport: Während in den vergangenen zwei Semestern viele Kurse abgesagt werden mussten, ist der sportliche Ausgleich zum Online-Studium in diesem Semester wieder erlaubt. „Aktuell sind keine Ausfälle bei den Kursen zu verzeichnen, da die sportpraktischen Veranstaltungen seit Beginn der Vorlesungszeit im April angeboten werden dürfen“, sagt Silke Engel, Pressesprecherin der Universität Potsdam.

Jobs im Corona- und Hilfebereich statt Kellnern

Auch bei den Nebenjobs sieht es nicht ganz so düster aus, wie man auf den ersten Blick meinen sollte: Zwar sind etliche klassische Jobs für Studierende in Gastronomie, Hotellerie und Tourismus weggebrochen, doch dafür sind Angebote aus anderen Branchen dazugekommen: Gesucht wird unter anderem Unterstützung im Homeschooling, bei der Notbetreuung von Grundschüler:innen, als Support in den Arztpraxen, zum Beispiel als Anmeldemitarbeiter:in für Impfungen, oder bei der Corona-Hotline des Landes für die Impfterminvergabe. 

„Dazu kommen etliche Angebote aus dem IT-Bereich“, sagt Kujau. „Viele Tätigkeiten sind darauf ausgelegt, im Homeoffice erledigt zu werden.“ Insgesamt sei die Anzahl der angebotenen Jobs stabil und liege bei durchschnittlich etwa 200 Angeboten. „Derzeit registrieren mehr Jobangebote als wir schlussendlich vermitteln können“, sagt Kujau.

Testen statt kellnern. Medizinstudentin Alina Kulka hilft im Testzentrum in Babelsberg. 
Testen statt kellnern. Medizinstudentin Alina Kulka hilft im Testzentrum in Babelsberg. 

© Andreas Klaer

Mehr Anrufe bei psychosozialer Beratung

Wie die Pandemie den Studen:innen zu schaffen macht, lässt sich an der Frequentierung der psychosozialen Beratungsstelle des Studentenwerks ablesen: Dort gingen in den vergangenen Wochen deutlich mehr Anfragen ein. „Die ausschließliche Onlinelehre wird von manchen als sehr belastend empfunden“, sagt Kujau. „Unsere Therapeutin bemerkt eine Zunahme depressiver Verstimmungen. Außerdem wird ein deutlich höherer Bedarf an Therapieplätzen angezeigt und um Vermittlung gebeten.“

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Jobverlust und finanzielle Schwierigkeiten

In der Beratung gab es auch einige Studierende, die berichteten, ihre Wohnung aufgeben oder untervermieten zu müssen oder wieder bei den Eltern einzuziehen. „Das kann in diesem Lebensabschnitt, in dem es um Emanzipation und Selbständigkeit geht, teilweise ein herber Rückschlag sein“, sagt Kujau. Sowohl in der Sozialberatung als auch in der psychosozialen Beratung berichteten Student:innen von finanzielle Schwierigkeiten und Jobverlusten.

Mehr als 800 Anträge auf Überbrückungshilfe

Wer in eine Schieflage geraten ist, kann die Überbrückungshilfen des Bundes in Anspruch nehmen: Student:innen haben seit März die Möglichkeit, jeden Monat einen Antrag zu stellen, der staatliche Zuschuss pro Monat beträgt zwischen 100 und 500 Euro und hängt vom Kontostand ab. Wer mehr als 500 Euro auf dem Konto hat, hat keinen Anspruch auf Überbrückungshilfe. Beim Studentenwerk Potsdam gingen im März 812 Anträge ein, von denen 724 bewilligt wurden. Seit letztem Jahr hat das Studentenwerk bislang 5500 Überbrückungshilfen ausgezahlt, insgesamt mehr als 2,5 Millionen Euro.

Trotz Pandemie steigen die Studierendenzahlen

Trotz der schwierigen Bedingungen: Die Einschreibungen an der Uni Potsdam sind durch Corona nicht zurückgegangen, im Gegenteil. „Insgesamt gibt es im Vergleich zum vergangenen Sommersemester einen Anstieg von rund vier Prozent"“ sagt Silke Engel. Auch bei den internationalen Student:innen lag die Einschreibe-Quote um sechs Prozent höher.

Flexible Modelle bei Lehrveranstaltungen

Aller Voraussicht nach wird der Rest des Sommersemesters jedoch digital bleiben. Engel will nicht ausschließen, dass eventuell gegen Ende des Semesters noch Blockveranstaltungen in Präsenz stattfinden könnten, falls sich das Infektionsgeschehen weiter beruhigt. „Viele Lehrveranstaltungen sind zudem so geplant, dass sie in Präsenz wechseln könnten“, so Engel. „Sollte dies möglich sein, sind auch Hybridszenarien denkbar, so dass ein Teil der Studierenden vor Ort, der andere im Homeoffice ist.“ Auf diese Weise könnten auch Student:innen weiterhin an den Lehrveranstaltungen teilnehmen, die sich gerade nicht in Potsdam aufhalten. Ein Teil der Student:innen hat sich eingeschrieben, ist aber nicht nach Potsdam gezogen, da das Studium ohnehin digital stattfindet.

Zahl der Wohnheimbewerber ging zurück

Anfang des Jahres lag die Auslastung der Wohnheime des Studentenwerks bei 96,5 Prozent, 2020 waren die Bewerber:innen-Zahlen coronabedingt um acht Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen – ein Trend, der sich laut Studentenwerk in diesem Jahr noch verstärken werde, da weniger internationale Studierende einreisen. 

Gleichzeitig sorgt das Studentenwerk für die Zeit nach Corona vor: Aktuell laufen die Planungen für das „Golm 2“, einer Wohnanlage mit etwa 350 Plätzen, die auf der Fläche eines ehemaligen Wohnheims auf dem Uni-Campus entstehen soll. Die Kosten liegen bei rund 30 Millionen Euro, der Abriss des alten Wohnheims soll im Sommer abgeschlossen sein. Ein weiteres Projekt ist in der Anna-Flügge-Straße am Alten Markt geplant. Das Studentenwerk beabsichtigt den Kauf eines von der Stadt angebotenen Grundstückes, um dort eine weitere studentische Wohnanlage zu errichten.

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