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Beleidigend? Die „Zwarten Pieten“ im Dezember beim Sinterklaas-Fest.

© M. Thomas

Streit um Sinterklaaas-Fest in Potsdam: Der „Zwarte Piet“ und das Strafrecht

Die Staatsanwaltschaft Potsdam prüft aktuell eine Anzeige von Andreas Menzel wegen Volksverhetzung. Der Politiker fordert, dass 2015 kein "Zwarter Piet" mehr durch Potsdam wandelt. Der Erfolg ist allerdings fraglich.

Potsdam - Andreas Menzel kann es nicht lassen. Noch immer treibt ihn der „Zwarte Piet“ um. Ganz genau sind es jene Menschen, die sich zum Sinterklaas-Fest, wie es seit den 1990er-Jahren auch in Potsdam und zuletzt wieder im Dezember gefeiert wurde, schwarz geschminkt den Helfer von Nikolaus mimen und die Menschenmassen bespaßen.

Es sind aber auch Menschen wie Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), die die Förderung von derlei Gefeiere durch die Stadt verantworten. Menzel, der bis Mai 2014 Stadtverordneter für die Grünen war, findet die Darstellung des „Zwarten Piet“ diskriminierend und rassistisch, auch andere sehen das so. Ein Dutzend Gegendemonstranten protestierte beim Sinterklaas-Fest gegen den „Zwarten Piet“ und das angeblich diskrimierende „Blackfacing“. Am Rande versuchte Menzel bei Polizeibeamten eine Anzeige wegen Beleidigung und Volksverhetzung loszuwerden, die aber erklärten sich für nicht zuständig.

Forderung: "Sklavenrollendarstellung soll sich 2015 nicht wiederholen"

Später in der Polizeiwache fertigten die Beamten nur einen Bericht, sind aber Menzels „Wunsch, eine Anzeige aufzunehmen, leider nicht gefolgt“. Auch beim Innenministerium und beim Verfassungsschutz suchte Menzel Rat – vergeblich. „Das Anliegen wurde von niemand dieser dem Land Brandenburg unterstehenden Institutionen angemessen aufgenommen, noch wurde rassistisches Blackfacing verhindert oder begegnet“, beklagte er sich in einer Beschwerde an den Petitionsausschuss des Landtags. Darin fordert er, der Ausschuss möge auf Jakobs einwirken, „damit sich in 2015 derartiges menschenunwürdiges Verhalten wie Blackfacing, devote Sklavenrollendarstellung, nicht wiederholt“. Ausgang offen.

Immerhin beschäftigt Menzel nun doch noch die brandenburgische Justiz. Die Akte landete bei der Staatsanwaltschaft Potsdam. Dort wird der Vorgang nun geprüft, ermittelt wird noch nicht. Die Anklagebehörde klärt derzeit, ob ein Anfangsverdacht auf Volksverhetzung und Beleidigung besteht, weil verkleidete Niederländer schwarz geschminkt durch Potsdam gewandelt sind, und welche Verantwortung der Förderverein und Amtsträger wie Jakobs dafür tragen.

Den Haag: Auftritt von Piet darf in den Niederlanden nicht untersagt werden

Ob Menzels Eingabe bei der Staatsanwaltschaft Erfolg haben wird, darf bezweifelt werden. Denn was sich da abspielte in Potsdam, ist Teil einer größeren Debatte, die weit über Potsdam hinausgeht. Auch in den Niederlanden gab es Proteste gegen die schwarz geschminkte Figur, die beim Sinterklaas-Fest traditionell als Helfer des heiligen Nikolaus den guten Kindern Geschenke bringt und den bösen mit der Rute droht. Die Figur verunglimpfe Menschen schwarzer Hautfarbe, stellte eine UN-Arbeitsgruppe fest. Vorsicht, Rassismus-Verdacht! Allerdings hatte im Dezember auch das höchste niederländische Verwaltungsgericht in Den Haag festgestellt, dass der Auftritt der Pieten nicht wegen möglicher Diskriminierung untersagt werden darf.

Gegen Ermittlungen wegen Beleidigung und Volksverhetzung spricht auch ein Blick ins Strafgesetzbuch, Paragraf 130. Und der ist sehr klar und deutlich formuliert: Strafbar macht sich, wer gegen andere wegen ihrer nationalen, rassischen, religiösen oder ethnischen Herkunft „zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert“. Strafbar macht sich auch, wer die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er sie wegen ihrer Herkunft „beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet“ oder zu nationalen, rassischen, religiösen oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert. Von all dem war beim Sinterklaas-Fest wenig zu sehen. Die Absätze im Volksverhetzungsparagrafen zur Verharmlosung von Verbrechen der Nationalsozialisten seien erwähnt, dürften aber für die Prüfung der Staatsanwaltschaft wohl keine Rolle spielen.

Und am Ende dürfte für die Anzeige von Andreas Menzel feststehen: Gesellschaftliche Debatten über „Blackfacing“ und das Strafrecht sind zweierlei.

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