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Rechenzentrum und Garnisonkirchturm in Potsdam.

© Ottmar Winter

Streit um Rechenzentrum und Co.: Gegner der Potsamer Garnisonkirche kritisieren Kompromiss

Die Initiative für ein Potsdam ohne Garnisonkirche fordert: Für die Wiederaufbau-Stiftung dürfen keine städtischen Gelder fließen. Die CDU erhebt neue Vorwürfe gegen Rathauschef Schubert.

Potsdam - Bisher haben vor allem die Befürworter eines originalgetreuen Wiederaufbaus der Garnisonkirche ihren Protest gegen den erzielten Kompromiss zur Garnisonkirche artikuliert. Nun kommt aber auch Kritik von linken Gegnern des seit Jahren strittigen Großprojekts. In einer gemeinsamen Pressemitteilung teilten die Bürgerinitiative für ein Potsdam ohne Garnisonkirche und der Verein zur Förderung antimilitaristischer Traditionen in Potsdam mit, dass es vor allem kein städtisches Geld für den Wiederaufbau geben dürfe – auch nicht für den gerade entstehenden Turm.

Ein umstrittener Kompromiss

Wie berichtet hatten Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD), die Stiftung Garnisonkirche und Vertreter des Rechenzentrums sich auf ein gemeinsames Nutzungskonzept für das Areal verständigt, auf dem früher das Kirchenschiff des 1968 gesprengten Gotteshauses stand. Demnach soll ein sogenanntes Forum an der Plantage” errichtet werden, aus einem nun doch sanierten Künstlerhaus Rechenzentrum, dem Turm der einstigen Militärkirche und einem neuen „Haus der Demokratie“ als Verbindungsbau. Ein Teil des Kompromisses: Das einst von der Stadt Potsdam an die Stiftung Garnisonkirche geschenkte Grundstück für das Kirchenschiff soll dem Rathaus jetzt per Erbbaupacht zur Nutzung überlassen werden.
Doch genau diesen Punkt sehen die beiden Initiativen kritisch. Es handele sich um den Versuch, aus ihrer Sicht „fragliche Fertigstellung des notorisch unterfinanzierten Turmbaus aus städtischen Mitteln abzusichern“. Doch das widerspreche mehreren Abstimmungen im Bürgerhaushalt der Stadt, kein städtisches Geld für den Wiederaufbau der Kirche einzusetzen.

Wie wird der Erbbaupachtvertrag mit der Stiftung gestaltet?

Diesem Anliegen waren auch die Stadtverordneten wie berichtet mehrfach gefolgt. Oberbürgermeister Mike Schubert hatte dazu im PNN-Interview erklärt, ein Erbbaupachtvertrag sei so zu regeln, dass er für den Betrieb des Standorts genutzt wird – also Geld etwa auch in das „Haus der Demokratie“ oder das Rechenzentrum fließt. Die Initiativen hingegen verlangten, dass die Stiftung nun ihre finanzielle Situation offenlegen solle – und stellten klar, dass ihre Kritik an dem Turmbauprojekt bestehen bleibe.
Unterstützung kam von der Fraktion Die Andere: „Auch uns erscheint die Idee, ein Grundstück zu verschenken und später teuer zurück zu pachten nicht unbedingt naheliegend. #Landesrechnungshof“, twitterte die Fraktion. Im Januar sollen wie berichtet die Stadtverordneten über den Kompromiss entscheiden. Dabei ist Schubert auf die rot-grün-rote Rathauskooperation angewiesen – denn auch CDU und AfD haben schon ihren Widerstand angekündigt.

Die CDU hat neue Kritik

Und nach dem PNN-Interview mit Schubert legte die Union nach. Die CDU stört sich demnach daran, dass in die Kompromissverhandlungen zum Beispiel nicht solche Innenstadt-Vereine wie Mitteschön einbezogen gewesen seien – obwohl es eindeutig den Auftrag durch die Kommunalpolitik gegeben habe, auch die Stadtgesellschaft zu beteiligen. Auch die Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Kirche sei eben nicht berücksichtigt worden, so die CDU – obwohl deren Vorsitzender, Matthias Dombert, schon für den Kompromiss geworben hat. Dombert sitzt aber zugleich im Kuratorium der Stiftung. Vor allem dürften nun mit dem Ergebnis auch keine gestalterischen Aspekte vorweggenommen werden, forderte CDU-Fraktionschef Matthias Finken angesichts der Absage an ein historisch anmutendes Kirchenschiff.

Ein Rathaussprecher hingegen verwies auf die Beschlusslage:  So hätten die Stadtverordneten am 18. Februar in ihrer Sitzung die Verhandlungen zwischen Stadt, Rechenzentrum und Stiftung zur Erstellung eines inhaltlichen Konzeptes beschlossen. Aus Schuberts Umfeld hieß es auch, mit der Idee eines „Hauses der Demokratie“, in dem sich eine vom Potsdam Museum kuratierte Geschichtsausstellung und ein neuer und schon lange benötigter Plenarsaal befinden soll, sei ein Kirchenschiff eben nicht kompatibel – schon wegen der geltenden Trennung von Staat und Kirche. Schubert will stattdessen einen internationalen Architekturwettbewerb starten – und so Gestaltungsideen für den Verbinder von Rechenzentrum und Kirche finden. Auch im Bauausschuss am Dienstagabend war der Kompromiss ein Thema – dort signalisierte eine Mehrheit durchaus Sympathie, obgleich noch diverse offene Fragen zu klären seien, hieß es.

Debattenthema seit Jahren

Über die Garnisonkirche wird seit Jahren gestritten – wegen ihrer Geschichte als Militärkirche und ihrer Rolle im Nationalsozialismus.  Die evangelische Kirche will den Turm für Friedens- und Versöhnungsarbeit nutzen. Auch die Zukunft des Rechenzentrums ist schon länger ein Debattenthema – bislang sollte der DDR-Bau eigentlich abgerissen werden, obwohl sich dort über die Jahre ein Künstlerzentrum etabliert hat. Unklar ist noch, wie die Sanierung genau finanziert werden soll.

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