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Halbe Treppe. Dass ihr Haus alles andere als modern ist, finden die Bewohner nicht schlimm - im Gegenteil. Hier im Bild zu sehen sind Anja Henke, Ingo Albrand und Jördis Borak (v.l.).

© Andreas Klaer

Streit um Hausverkäufe der Pro Potsdam: Mieter können die Tuchmacherstraße 8 übernehmen

Nach monatelangen Verhandlungen können die Mieter der Tuchmacherstraße 8 ihr Haus übernehmen, nach Ostern soll der Kaufvertrag unterschrieben werden. Ein Hoffnungsschimmer für das Haus in der Berliner Straße 93, das die Pro Potsdam ebenfalls verkaufen will?

Babelsberg/Berliner Vorstadt - Die Hoffnungen der Mieter der Tuchmacherstraße 8 haben sich offenbar erfüllt. Der monatelange Streit um den von der städtischen Immobilienholding Pro Potsdam beabsichtigten Verkauf des 100 Jahre alten Babelsberger Mietshauses ist so gut wie beendet. Wenn nichts mehr dazwischenkommt, können die Mieter selbst Eigentümer werden. Nach Ostern wollen sie den Kaufvertrag für ihr Haus unterschreiben, wie Tuchmacher-Mieterin Jördis Borak den PNN sagte.

Die Pro Potsdam spricht indes noch vorsichtig von „sehr konstruktiven Gesprächen“. Genaueres wollte das Unternehmen auf Nachfrage nicht mitteilen. Klar ist dennoch, dass es zuvor Verhandlungen sowohl mit den Mietern als auch dem Höchstbietenden gab. Im Dezember hatten die Stadtverordneten beschlossen, dass die Bewohner bei einem Verkauf bevorzugt behandelt werden und einen Abschlag auf das Höchstgebot bekommen sollen. Nach PNN-Informationen soll es um 965 000 Euro gehen. „Die Finanzierung steht“, sagte Borak.

"Es war ein schwerer Weg" 

Als Partner haben die Bewohner das Mietshäuser-Syndikat gewonnen, eine nicht-kommerzielle Organisation, die deutschlandweit Mietern beim Kauf von Häusern hilft, um damit langfristig kostengünstigen Wohnraum zu sichern. Die Tuchmacher-Mieter haben einen Verein gegründet, der Mehrheitsgesellschafter einer gemeinsamen GmbH mit dem Syndikat werden soll.

Borak zeigte sich am Dienstag erleichtert: „Es war ein schwerer Weg.“ Für die Bewohner in der Tuchmacherstraße 8 sei mit diesem Modell eine Lösung gefunden worden, die für sie akzeptabel sei. Grundsätzlich hätten sie es allerdings begrüßt, wenn die Immobilie nicht zum Höchstgebot, sondern im Zuge einer Konzeptvergabe privatisiert worden wäre.

Pro Potsdam muss einen Eigenanteil erwirtschaften

Die Pro Potsdam hatte den Hausverkauf in der Tuchmacherstraße im vergangenen Jahr damit begründet, dass der Erlös benötigt werde, um Vorgaben der Stadt umsetzen zu können – wie die energetische Bestandssanierung aller Wohnungen, die Bereitstellung von Sozialwohnungen und den Bau von neuen Wohnungen. Für Investitionen sei es nötig, dass die Pro Potsdam einen Eigenanteil erwirtschafte – entweder durch Verkäufe oder durch höhere Mieten.

Genauso argumentiert das kommunale Unternehmen nun in einem anderen Fall. Ein ebenfalls unsaniertes Mehrfamilienhaus in der Berliner Straße soll verkauft werden. Für den gestrigen Dienstag war die erste Hausbegehung für Kaufinteressenten angesetzt. Auch in der Berliner Straße protestieren nun die Mieter. Am Montag befestigten sie Transparente an der Fassade.

Politische Rückendeckung für den Hausverkauf

Die Pro Potsdam beruft sich auf politische Rückendeckung: Dem beabsichtigten Verkauf sei durch den Aufsichtsrat und durch den Hauptausschuss der Stadtverordnetenversammlung zugestimmt worden. Die Mieter sehen darin einen Verstoß gegen das wohnungspolitische Konzept der Stadt. Das sieht nämlich vor, dass beim Verkauf von Mietshäusern „sozial verantwortliche Eigentümer bevorzugt“ werden. Das Haus mit sieben Mietparteien soll aber zum Höchstgebot veräußert werden. Auch dort könnten die Mieter als Käufer einsteigen.

In der Rubensstraße 6 hat das offenbar nicht funktioniert. Auch dieses Haus hat die Pro Potsdam zum Kauf angeboten. Nach PNN-Informationen soll das Höchstgebot bei rund 1,5 Millionen Euro liegen. Die sechs Mietparteien, vier Rentner und zwei Familien mit mehreren Kindern, sind nach eigenen Angaben nicht in den Kaufvertrag eingetreten. Sie machen sich nun Sorgen, dass sie sich ihre Wohnungen künftig nicht mehr leisten können.

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Die Stadtpolitiker haben den Verkaufsplan für die Berliner Straße 93 bereits durchgewunken. Das widerspricht allerdings auch dem wohnungspolitischen Konzept, das sie selbst beschlossen haben. Ein Kommentar über die inkonsequente Wohnungspolitik.

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