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Das Künstlerhaus Rechenzentrum und der Garnisonkirchturm befinden sich in direkter Nachbarschaft. 

© Andreas Klaer

Streit um die Garnisonkirche geht weiter: Potsdams Rathauschef Schubert will Rechenzentrum-Beschluss

Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) hat zum Umfeld der Garnisonkirche ein neues Rechtsgutachten vorgestellt. Steht das geplante „Haus der Demokratie“ vor dem Aus?

Potsdam - Angesichts eines neuen Rechtsgutachtens zum Umfeld der Garnisonkirche sieht Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) die Zeit reif für einen Grundsatzbeschluss: Mit den neuen Erkenntnissen des Gutachtens müssten die Stadtverordneten nun bald entscheiden, ob sie einen Teil- oder Gesamterhalt für das heutige Künstlerhaus an der Breiten Straße befürworten. Das sagte Schubert am Dienstag vor Journalisten und Fraktionsvertretern bei der offiziellen Vorstellung des von der Stadt in Auftrag gegebenen Gutachtens.

Laut Schubert droht eine unbefriedigende städtebauliche Situation

Dieses sieht für das auf kommunalem Grund stehende Rechenzentrum, das sich zu einem kleineren Teil auch auf einem Grundstück der Stiftung Garnisonkirche befindet, gewissermaßen ein Patt. Demnach kann die Stiftung einen Abriss des DDR-Baus nebenan nur verlangen, wenn sie ihr längst nicht finanziertes Kirchenschiff aufbauen würde oder der Abriss für die baurechtliche Genehmigung des Turms nötig wäre. 

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Eine Sanierung und ein vollständiger Erhalt des Kreativbaus wäre wiederum nur mit Zustimmung der Stiftung möglich. Ohne einen Kompromiss und eine klare Entscheidung würden am Ende ein neuer Kirchturm und das unsanierte Rechenzentrum nebeneinander stehen bleiben, warnte Schubert vor einer unbefriedigenden städtebaulichen Situation. „Das kann nicht Ziel von Stadtentwicklung sein.“

Schwierige Mehrheitsverhältnisse

Allerdings ist nach PNN-Informationen unklar, ob es unter den Stadtverordneten eine Mehrheit für das Rechenzentrum gibt – zumal die Finanzierung dieses millionenschweren Vorhabens unklar ist. Allerdings drängt zugleich die Zeit, weil das Gebäude nur bis Ende 2023 eine Betriebsgenehmigung besitzt. Über eine Verlängerung haben sich Rathaus und Stiftung ebenfalls noch nicht verständigt.

Oberbürgermeister Schubert hofft auf eine Lösung.
Oberbürgermeister Schubert hofft auf eine Lösung.

© Ottmar Winter

Mit dem Gutachten zeigt sich zugleich, wie fragil der von Schubert ausgehandelte und monatelang heftig debattierte Kompromiss für ein „Haus der Demokratie“ zwischen Turm der Garnisonkirche und Rechenzentrum ist – denn dafür gibt es derzeit kaum überwindbare rechtliche Hürden, die einzig die Wiederaufbaustiftung beseitigen kann. Auch zu diesem Schluss kommt das neue Gutachten des Berliner Anwaltsbüros Dorn, Krämer & Partner GbR.

Schwierigkeiten für die Pläne zum "Haus der Demokratie"

Demnach würde ein langfristig über einen Erbbaupachtvertrag betriebenes „Haus der Demokratie“ eine komplizierte Satzungsänderung bei der Stiftung Garnisonkirche nötig machen, der das dafür nötige Grundstück gehört. Doch eine „Bereitschaft der Stiftung zu solch einem Schritt ist derzeit nicht bekannt“, heißt es in der Analyse aus dem Oberbürgermeisterbüro wörtlich. 

Weitere Optionen, etwa den Ankauf des nötigen Grundstücks durch die Stadt, werden in dem Gutachten ebenso verworfen. Schubert, der den Kompromiss zum „Haus der Demokratie“ im vergangenen Dezember als mögliche Lösung für den jahrelangen Konflikt präsentiert hatte, sagte nun: „Ein Kompromiss ist noch möglich, setzt aber eine Menge Aufeinanderzugehen voraus.“ Man müsse nun verbindlicher werden – mit der nötigen Satzungsänderung bei der Stiftung. Komme diese nicht zustande und erhalte die Stadt so keinen Zugriff auf das Grundstück, „dann macht es keinen Sinn weiterzumachen“, so Schubert.

Der Turm der Garnisonkirche wird seit 2017 wiedererrichtet. Daneben steht das Rechenzentrum.
Der Turm der Garnisonkirche wird seit 2017 wiedererrichtet. Daneben steht das Rechenzentrum.

© Andreas Klaer

Laut dem damals auch mit Vertretern des Rechenzentrums und der Stiftung Garnisonkirche vorgestellten Kompromiss sollten in das „Haus der Demokratie“ auch der Plenarsaal und weitere Räume für die Stadtverordnetenversammlung ziehen, ebenso Platz für eine Geschichtsschau des Potsdam Museums geschaffen werden. Doch schon kurz danach war Kritik laut geworden, weil sich insbesondere die Anhänger eines möglichst originalgetreuen Wiederaufbaus nicht einbezogen fühlten und bereits vor juristischen Fallstricken warnten. Gleichwohl stimmten die Stadtverordneten im Januar mit knapper Mehrheit für einen Grundsatzbeschluss zum „Haus der Demokratie“ – dieser sei „überhastet“ getroffen worden, stellte CDU-Fraktionschef Matthias Finken in einer ersten Reaktion fest. Der von Schubert angeschobene Kompromiss halte einer rechtlichen Prüfung nicht stand.

Seit Monaten gibt es viel Kritik am Kompromiss

Schon nach dem Beschluss geriet der Kompromiss ins Wanken: Erst durch einen kritischen Bundesrechnungshofbericht zur millionenschweren Bundesförderung für die Stiftung Garnisonkirche, aber auch durch einen Wechsel an der Spitze der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau. Hier musste einer der Kompromissverhandler, der Jurist Matthias Dombert, seinen Vorsitz zugunsten von Kräften räumen, die auf einen originalgetreuen Wiederaufbau drängen und den Erhalt des Rechenzentrums ablehnen. In diese Richtung hatte sich im PNN-Interview auch der Kommunikationsvorstand der Stiftung, Wieland Eschenburg, geäußert.

Elemente aus Sandstein schmücken den Turm. Auf der Aussichtsplattform kann man einen 360-Grad-Blick über die Innenstadt werfen.
Elemente aus Sandstein schmücken den Turm. Auf der Aussichtsplattform kann man einen 360-Grad-Blick über die Innenstadt werfen.

© Andreas Klaer

Der Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung Garnisonkirche, Wolfgang Huber, der die Kompromisslösung stets verteidigt hatte, kündigte zuletzt seinen Rückzug an – seine Nachfolge ist noch offen. Als aussichtsreicher Kandidat wird dabei nach PNN-Informationen der evangelische Landesbischof Christian Stäblein gehandelt – der wiederum Schuberts Kompromissweg gelobt und ein Miteinander von Stadt und Kirchenstiftung gefordert hatte. Ob Schubert selbst noch an eine Mehrheit für seinen Weg im Kuratorium glaubt, ließ er offen. Die große Schwierigkeit ist folgende: Für satzungsändernde Beschlüsse ist in dem 15-köpfigen Kuratorium der Stiftung eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig.

Auch weitere Annahmen stellt das Gutachten klar. So sei ein Rückfall des strittigen Grundstücks, das die Stadt einst der Stiftung schenkte, inzwischen ausgeschlossen. Selbst bei einer Insolvenz der Stiftung würde das Grundstück an den Kirchenkreis als Mitstifter fallen. Ferner stellt das Gutachten für den Oberbürgermeister klar: Bei seiner Tätigkeit im Kuratorium der Stiftung sei Schubert nicht an Weisungen der Stadtverordneten gebunden. Man wolle aber wieder regelmäßig Tätigkeitsberichte für die Kommunalpolitik vorlegen, hieß es vom Rathaus.

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