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Keine Quelle. Diese Entwurfszeichnung hat die Stadt verändert. 

© Visualisierung: Kohl Arch

Streit um DDR-Moderne in Potsdam: Stadt entschuldigt sich nach Fälschungen rund um das Minsk

Ein Potsdamer Architekt kritisiert die Bauverwaltung und das Oberbürgermeisterbüro wegen einer Urheberrechtsverletzung – die Stadt leistet nun Abbitte.

Potsdam - Für ihre Bemühungen zum Abriss des Minsk muss nun auch die Bauverwaltung die harsche Kritik einstecken, sie habe unerlaubt Informationen aus einem nichtöffentlichen Wettbewerbsverfahren publik gemacht und sogar noch verfälschend verwendet. Mit diesen Vorwürfen wandte sich am Dienstag der Architekt Christoph Kohl – der einst auch den Masterplan für die künftige Gestaltung des Brauhausbergs gewann – in einem Schreiben an das Rathaus und die Stadtverordneten.

Die Stadt nutzte Zeichnung ohne Quellenangabe

Die Gemengelage ist etwas komplex: Kohl hatte in der von den Stadtwerken ausgelobten Ausschreibung für Baugrundstücke auf dem Berg zuletzt für den Babelsberger Investor Jan Kretzschmar einen Entwurf für eine mögliche Bebauung erstellt, bei der das Minsk erhalten werden sollte. Den lehnten die Stadtwerke bekanntlich ab, weil ein anderer, bislang unbekannter Investor für die Grundstücke ohne den DDR-Bau mit 27 Millionen Euro deutlich mehr geboten hat als Kretzschmar. Ferner hatten Oberbürgermeisterbüro und Bauverwaltung erst in der vergangenen Woche eine Mitteilung an die Stadtverordneten mit weiteren Argumenten gegen den Erhalt des Minsk präsentiert. In diesem Papier waren allerdings Zeichnungen von Kohls Kretzschmar-Entwurf verwendet worden.

Das kritisiert der Architekt scharf. Einmal fehle bei der verwendeten Zeichnung jede Quellenangabe oder ein Hinweis auf den Zusammenhang. Zudem sei der Entwurf verändert worden: Die Bauverwaltung hatte wie berichtet auf die Häuser des Kohl-Entwurfs einfach noch Etagen draufgezeichnet, um zu zeigen, wie höhere Bauten auf dem Brauhausberg aussehen würden. Vor Journalisten hatte Stadtplanungschef Andreas Goetzmann stolz erzählt, wie er dies mithilfe einer Fotoshop-Software bewerkstelligt habe. Die Skizzen sollten demnach explizit als Argument gegen den Minsk-Erhalt verwendet werden.

Es ist nicht die erste Indiskretion

Kohl zeigt sich nun „höchst irritiert“ über diesen Umgang mit seinem Entwurf. Zumal es nicht die erste Indiskretion sei. Kohl erinnerte daran, dass die Stadtwerke-Geschäftsführung in einem Interview mit der MAZ trotz des nicht abgeschlossenen Verfahrens Kretzschmar als einen Bieter namentlich genannt und sogar dessen konkretes Gebot hinausposaunt habe. Man behalte sich rechtliche Schritte vor, sollte die Stadt die Entwürfe weiter für ihre Zwecke nutzen, erklärte Kohl. Zudem sprach sich Kohl für einen Erhalt des Minsk aus, dessen hochwertige Gestaltungsqualität sich nahtlos in die künftige Bebauung des Brauhausbergs einfügen lasse.

Rechtsexperte hält Kritik für gerechtfertigt

Unterstützung erhält Kohl vom Potsdamer Verwaltungsrechtsprofessor Thorsten Ingo Schmidt von der Universität Potsdam. Dieser sagte auf PNN-Anfrage, die Verwaltung hätte Quellenangaben verwenden müssen. Auch der Einwand, dass aus einem nichtöffentlichen Verfahren für eine öffentliche Vorlage zitiert wird, sei nicht von der Hand zu weisen.

Die Stadt entschuldigte sich gestern auf Anfrage bei dem Architekten. Die benutzte Bildvorlage stamme von einem Mitglied des Bauausschusses und sei dort in einer öffentlichen Sitzung gezeigt worden, sagte eine Rathaussprecherin. „Leider haben wir es versäumt, nach dem Urheberrecht dieser Bilder zu fragen und diese abzuklären – wir bitten dies zu entschuldigen“, so die Sprecherin. Die Stadt werde diese so schnell wie möglich nachholen und sich mit dem Urheber in Verbindung setzen, sagte sie.

Entscheidung am  5. September

Die Entscheidung zum Minsk soll am 5. September im Stadtparlament fallen. Entschieden wird dann über einen Antrag der Verwaltung, dass die Baugrundstücke an den öffentlich unbekannten 27-Millionen-Euro-Investor verkauft werden sollen – unter der Maßgabe, dass er 20 Prozent Sozialwohnungen baut. Gegner eines Abrisses wie die Grünen wollen hingegen eine komplette Neuausschreibung, um dann nach Festpreis und Konzept zu verkaufen – analog zum erfolgreichen Verfahren am Alten Markt. 

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