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Vor dem sogenannten Zivilkabinettshaus am Park Sanssouci demonstrierten Dienstag Verdi-Gewerkschafter.

© Sebastian Rost

Streik des Schlösserpersonals: Kulturministerin zeigt Verständnis für Forderungen

Mit einem Streik setzte das Schlösserpersonal die Servicegesellschaft der Schlösserstiftung unter Druck. Ministerin Schüle zeigte Verständnis - und kritisierte die Servicegesellschaft.

Von
  • Carsten Holm
  • Peer Straube

Potsdam - Kommt jetzt Bewegung in den Konflikt zwischen der Gewerkschaft Verdi und der Fridericus-Servicegesellschaft der Schlösserstiftung? Während 150 Fridericus-Mitarbeiter am Dienstag in Potsdam beim dritten Warnstreik seit Dezember die Aufnahme von Tarifverhandlungen forderten, stellte sich Manja Schüle (SPD), die brandenburgische Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur, auf ihre Seite.

„Ich finde die Anliegen der Beschäftigten nachvollziehbar“, sagte Schüle am Dienstagnachmittag den PNN auf Anfrage. Bisher hatten der Bund und die Länder Brandenburg und Berlin, die die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) finanzieren und kontrollieren, die Forderung der Gewerkschaft und der Mitarbeiter nach einer Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen wie in einer unüberwindbaren Phalanx zurückgewiesen. Die Fridericus-Servicegesellschaft ist eine hundertprozentige Tochter der SPSG.

Manja Schüle.
Manja Schüle.

© dpa

Schüle warnt vor zu hohen Erwartungen

„Allerdings warne ich vor zu hohen Erwartungen“, sagte Schüle, „der Bund und Berlin müssen mitziehen, das habe ich auch in Gesprächen mit Streikenden am Rande der letzten Demonstration deutlich gemacht.“ Scharf kritisierte die Ministerin die Servicegesellschaft. SPSG-Direktorin Kerstin Schilling soll, wie die „Märkische Allgemeine“ berichtete, streikende Mitarbeiter bei einer Demonstration fotografiert haben. „Wenn Streikende von ihrem Arbeitgeber fotografiert werden und sich dadurch eingeschüchtert fühlen, geht das gar nicht“, sagte Schüle.

Mit einer Kundgebung wollten die Streikenden, vor allem die Touristenführer der Schlösser, vor dem sogenannten Zivilkabinetthaus am Park Sanssouci eigentlich den Stiftungsrat der SPSG empfangen, dessen Mitglieder sich für 15 Uhr in dem historischen Gebäude zu einer Sitzung verabredet hatten. Dass der Stiftungsrat seinen Kritikern offensichtlich aus dem Weg gehen wollte und seine Versammlung kurzfristig an einen nur den Mitgliedern bekannten Ort verlegte, fachte die Wut der Mitarbeiter erheblich an. Gut 30 der Streikenden empörten sich lautstark über die heimliche Verlegung des Tagungsortes. Ministerin Schüle, die an der Sitzung teilnehmen wollte, verstand den Ärger: „Ich bin über diese Entscheidung nicht glücklich. Man muss miteinander reden, statt voreinander wegzulaufen.“

Arbeitsbedingungen verschlechterten sich

„Irgendwie haben sie wohl Schiss, wenn sie abhauen“, skandierte eine Gewerkschafterin. Andrea Germanus, Gewerkschaftssekretärin bei Verdi und Tarifverhandlungsführerin, brachte ihren Unmut etwas geschmeidiger zum Ausdruck: „Es hat den Anschein, dass man die direkte Auseinandersetzung mit uns scheut.“ Aber es sei „offenbar angekommen, was wir wollen“.

Als die Fridericus-Service Gesellschaft 2006 den Tarifvertrag verließ, verschlechterten sich die Arbeitsbedingungen. Petra Honig, die zweite Verhandlungsführerin bei Verdi, rechnete am Dienstag einmal mehr vor: kein Urlaubsgeld seither, keine Jahressonderzahlung, Zuschläge auf den Wochenenddienst nur auf den Grund- und nicht auf den vollen Stundenlohn. 

„Den Mitarbeitern entgehen dadurch Jahr für Jahr 2599 Euro“, sagte Honig den PNN, etwa die Hälfte von ihnen müsse Nebenjobs etwa im Potsdamer Tourismus annehmen, „um über die Runden zu kommen“. Verdi werde „weiterstreiken, bis wir den ersten Verhandlungstermin bekommen“, zudem werde man als nächsten Schritt andere Gewerkschaften zu Solidaritätsstreiks aufrufen. Am Dienstag sorgten die Streiks dafür, dass Schloss Cecilienhof für Besucher geschlossen blieb und auch das Schloss Sanssouci nur mit Einschränkungen zu besichtigen war.

Neuer Geschäftsführer sprach erstmals zu Mitarbeitern

Um 14.06 Uhr erklang, wohl um eine Verbindungslinie zum Geist der Arbeiterbewegung zu ziehen, die Internationale vor dem Zivilkabinetthaus, Lärm erzeugten dann die Trillerpfeifen. Recht schwer hatte es Victor Matthesius, neuer Geschäftsführer der Servicegesellschaft, sich gegen das Völkchen der Demonstranten durchzusetzen. 

Matthesius war überraschend gekommen und sprach erstmals zu Mitarbeitern. „Ich habe nichts gegen Ihr Anliegen“, rief er ihnen zu, wies aber darauf hin, dass ein Lohn von 13,50 Euro pro Stunde für die Halbtagsstelle eines Schlossführers „kein schlechtes Gehalt“ sei. Die Reaktionen der Streikenden: „Das kennen wir alles, uns laufen die guten Leute weg“ und: „Machen Sie den Job wieder lukrativ.“

Manche Kassen hatten am Dienstag geschlossen.
Manche Kassen hatten am Dienstag geschlossen.

© Soeren Stache/dpa

Enttäuschte Touristen

Um Touristen nicht allzu stark zu enttäuschen, hatte Verdi eine Art Warnstreik light ermöglicht. Gäste konnten Schloss Sanssouci besichtigen, mussten sich aber mit einem Audio-Guide begnügen. Alle 20 Minuten wurden Gruppen zwischen 31 und 40 Besuchern eingelassen.

„Aus betrieblichen Gründen geschlossen“ stand auf einem Schild am Eingang zum Schloss Cecilienhof. Etliche Touristen hatten sich auf den Weg gemacht – vergeblich. Die Lehrerin Silke Schindler aus Woltersdorf östlich Berlins war „doch sehr enttäuscht“, dass sie mit ihrer Tochter Lilli nicht den historischen Tisch betrachten konnte, an dem Europa geteilt wurde. 

Shin Kyung Woon (r.) und Kim Ha Young kamen vergeblich.
Shin Kyung Woon (r.) und Kim Ha Young kamen vergeblich.

© Carsten Holm/PNN

Auch die 21 Jahre alten Studentinnen Shin Kyung Woon und Kim Ha Young aus dem südkoreanischen Seoul, mussten sich mit der Außenansicht begnügen. „Wir hätten diesen historischen Ort gern von innen gesehen“, sagte Kyung Woon. 

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