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Straßenverkehr in Potsdam: Mehr Autos, weniger Verkehr

Die Stadtverwaltung sammelt viele Daten über den Verkehr in Potsdam. Einige davon sind überraschend.

Potsdam - Häufig sind sie unsichtbar, stecken in Masten, Ampeln oder verbergen sich im Boden unter der Fahrbahndecke. Sie verfolgen Auto- und Fahrradfahrer, messen ihre Anzahl und versuchen zu erforschen, welche Wege sie nehmen. Messgeräte zur Verkehrszählung liefern wichtige Daten, die dabei helfen, den Verkehr im wachsenden Potsdam zu lenken – oder es jedenfalls zu versuchen.

Am Mittwoch gaben Norman Niehoff und Reik Becker einen Überblick über die verschiedenen Verkehrserhebungen in der Stadt Potsdam. Fazit: Während der Autoverkehr innerhalb der Stadt eher stagniert, sind mehr Autos aus und ins Umland unterwegs. Und das Fahrrad wird immer populärer.

Jedes Jahr sind in Potsdam 15-20 Verkehrszähler im Einsatz - viele Daten werden maschinell erhoben

Verkehrszählungen gibt es in Potsdam schon seit 1968. Die Stadtverwaltung kann also auf einen langen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Heute werden viele der Daten automatisch erhoben – mit Scannern an den Masten von Ampeln oder über Induktionsschleifen unter dem Asphalt. Ganz ohne Menschen kommt allerdings auch das Rathaus nicht aus: Jedes Jahr seien 15 bis 20 Verkehrszähler im Einsatz, um mit Handzählapparaten an verschiedenen Straßenabschnitten und Kreuzungen nachzuzählen.

Im Abstand von mehreren Jahren kommen dann noch sogenannte Kordonzählungen dazu. Sie erfassen, wie viele Autos an der Stadtgrenze einfahren, eine der beiden Havelbrücken überqueren und an einer anderen Stelle das Stadtgebiet wieder verlassen. Eine solche Kordonzählung gab es zuletzt im vergangenen Jahr. Allerdings sei die Auswertung noch nicht beendet, so Niehoff. Die Ergebnisse sollen im Oktober vorgestellt werden.

Immer mehr angemeldete Autos bedeuten für Potsdam nicht mehr Verkehr

Ein paar erste Einblicke gibt es allerdings: So macht sich das Wachstum von Potsdam und den Städten und Gemeinden in seiner Umgebung auch auf den Straßen bemerkbar. Es wird mehr gependelt. 18 Prozent mehr Autos als bei der letzten Zählung im Jahr 2011 seien demnach an den Stadträndern unterwegs. Der Anteil des Durchgangsverkehrs sei mit neun Prozent in etwa stabil.

Auffällig ist, dass der Autoverkehr innerhalb der Stadt nicht zuzunehmen scheint, obwohl mehr Autos in der Stadt angemeldet sind. Laut dem jüngsten statistischen Jahresbericht der Stadt waren in Potsdam 2015 insgesamt 69 718 Pkw zugelassen. Das waren rund 4500 mehr als 2011. Auf den Havelbrücken macht sich dies aber nicht bemerkbar. Auf der Langen Brücke und der Humboldtbrücke zusammen wurden im vergangenen Jahr im Durchschnitt pro Tag 95 000 Fahrzeuge gezählt. Die Menge hat in den vergangenen Jahren sogar leicht abgenommen. 2008 waren es noch mehr als 100 000 pro Tag.

Radverkehr hat auf den Havelbrücken in nur zehn Jahren um 50 Prozent zugelegt

Offenbar wächst der Anteil derer, die auf das Auto verzichten. Busse und Trams sind im Berufsverkehr oft brechend voll. Von 2012 bis 2015 wuchsen die Fahrgastzahlen des Potsdamer Verkehrsbetriebs um 2,6 Millionen auf jährlich 31,9 Millionen. Noch deutlicher ist die Zunahme des Radverkehrs. Er hat auf den Havelbrücken innerhalb von zehn Jahren um 50 Prozent zugelegt. Zu den Messdaten passen auch Ergebnisse einer Befragung, die von Forschern der Technischen Universität Dresden regelmäßig durchgeführt wird. Der Anteil des Autoverkehrs ist demnach in Potsdam seit den 1990er-Jahren rückläufig. Bei der jüngsten Befragung im Jahr 2013 lag er bei 29 Prozent. Der Durchschnittswert für Städte in der Größe von Potsdam liegt hingegen bei 35 Prozent.

Zu dem Trend dürfte auch der Ausbau von Radwegen und Abstellanlagen beigetragen haben. Niehoff führt das Beispiel Lindenallee an. Die historische Wegeverbindung vom Neuen Palais Richtung Golm wurde im Jahr 2014 ausgebaut. Seitdem hat sich dort die Zahl der Fahrradfahrer verdoppelt – in den Wintermonaten sogar fast verdreifacht.

Daten sollen Grundlage für politische Maßnahmen sein - aber manchmal fehlt dafür der Spielraum

Die gesammelten Daten sollen der Stadtverwaltung dabei helfen, die langfristigen Konzepte für Potsdams Verkehrsentwicklung zu gestalten und kurzfristige Maßnahmen zu planen. Allerdings führen die Erkenntnisse nicht immer zu einer Lösung, wie auch Becker eingesteht. So sorgt die häufig überlastete Umleitung für die gesperrte Nedlitzer Straße für Ärger. Autofahrer stehen im Stau und Anwohner klagen über Schleichverkehr. „Wir wissen, dass die Umleitung nicht verträglich ist“, so Becker. Allerdings fehle schlicht die Alternative. Das sieht man auch an der Verkehrszählung für die Potsdamer Straße – ein Teil der Umleitung. Seit Baubeginn an der Nedlitzer Straße waren dort bis zu 50 Prozent mehr Autos stadteinwärts unterwegs.

Viele der erhobenen Daten behält die Stadtverwaltung nicht für sich, sondern stellt sie auf der Webseite mobil-potsdam.de zu Verfügung. Dort gibt es unter anderem Informationen über Baustellen, Parkplätze und Staus. Letztere stammen aus den Zählstellen und werden alle fünf Minuten aktualisiert. Dabei wird die Anzahl der Fahrzeuge und ihre Geschwindigkeit erfasst. Werden sie zu langsam, zeigt die Grafik Stau an. Anders als bei vielen Apps wird also nicht Stau gemeldet, weil sich nur ein paar Autos an einer Ampel nicht bewegen.

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