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Stürmische Zeiten: Der im Bau befindliche Turm der Garnisonkirche.

© Andreas Klaer

Strafanzeige in Vorbereitung: Neue Vorwürfe gegen Stiftung Garnisonkirche

Gegner der Stiftung Garnisonkirche bereiten eine Strafanzeige wegen Subventionsbetrugs vor. Die Landeskirche sieht hingegen keine Finanzprobleme für den künftigen Betrieb des Garnisonkirchturms.

Potsdam - Gegner des Wiederaufbaus des Turms der Potsdamer Garnisonkirche haben neue Vorwürfe gegen die Kirchen-Stiftung erhoben. Dabei geht es unter anderem um den aus Sicht der Kritiker künftig hochdefizitären Betrieb des im Bau befindlichen Turms. Die Gegner warfen der Stiftung zudem vor, ihr habe seit vielen Jahren klar sein müssen, dass sich das inzwischen mit mehr als 20 Millionen Euro aus Steuermitteln finanzierte Projekt nicht – wie anfangs versprochen – vornehmlich aus Spenden finanzieren lasse.

Bei einer Online-Pressekonferenz am Dienstag präsentierte Architekturprofessor Philipp Oswalt vom „Lernort Garnisonkirche“ im Rechenzentrum unter anderem ein 2004 erstelltes Schreiben der Spitze der Commerzbank an die damaligen Schirmherren der Gesellschaft für den Wiederaufbau der Kirche – das waren der aktuelle Kuratoriumschef der Stiftung, Altbischof Wolfgang Huber, sowie Ex-Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und der verstorbene frühere Landesinnenminister Jörg Schönbohm (CDU). Diese hatten damals eine Stifterbank gesucht – doch die Commerzbank lehnte ab.

Kritiker der Stiftung Garnisonkirche: Philipp Oswalt und Carsten Linke.
Kritiker der Stiftung Garnisonkirche: Philipp Oswalt und Carsten Linke.

© Andreas Klaer

Man halte es „angesichts der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland und Europa sowie einer Flut von Finanzierungsbitten seitens gemeinnütziger Organisationen“ für „außerordentlich problematisch, den Erfolg eines so großvolumigen Vorhabens zu gewährleisten“, lautete die Absage. Zudem gebe es einen „nie erlebten Verdrängungswettbewerb der guten Zwecke um die auch vom niedrigen Zinsniveau geschmälerten Gelder von Stiftungen“, die Aussicht auf ein hohes Spendenaufkommen sei „negativ zu beurteilen“. Daher werde von einer „großen Spendenaktion“ abgeraten, heißt es in dem Schreiben, das Oswalt im Archiv der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung gefunden hat.

Gleichwohl wurde ein Jahr später, bei einem Festakt, ein erster Grundstein für das Bauwerk gelegt – verbunden mit der erklärten Absicht, nach dem Vorbild der Dresdner Frauenkirche Spenden zu sammeln. Huber hatte zuletzt bereits eingeräumt, man habe das Spendenaufkommen zu optimistisch eingeschätzt.

2004 startete das Wiederaufbauprojekt, an der Spitze mit Jörg Schönbohm (l.), Matthias Platzeck (M.) und Wolfgang Huber (r.).
2004 startete das Wiederaufbauprojekt, an der Spitze mit Jörg Schönbohm (l.), Matthias Platzeck (M.) und Wolfgang Huber (r.).

© Andreas Klaer

Die Verantwortlichen hätten die Einschätzung von Experten ignoriert, befand Oswalt – und zog Linien bis zum heutigen Agieren der Stiftung, die immer noch nicht ihre Finanzlage offenlege. Dabei sei die Stiftung der Öffentlichkeit gegenüber zu Rechenschaft über die Verwendung von Spenden sowie bisher schon mehr als 20 Millionen Euro Steuergeld verpflichtet. Zuletzt hatte der Bundesrechnungshof (BRH) die Auszahlung von Fördermitteln des Bundes für das Großvorhaben als rechtlich unzulässige Anschubfinanzierung kritisiert und auch der Stiftung widersprüchliche Angaben zu ihrer Finanzlage vorgeworfen. Die Bundeskulturbeauftragte prüft nun, ob weitere 4,5 Millionen Euro fließen können – dafür muss die Stiftung jedoch die Gesamtfinanzierung nachweisen. Ob sie das kann, ist weiter offen.

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In der Pflicht sei nun auch die Evangelische Landeskirche (EKBO), weil sie die Stiftung genehmigt und die Aufsicht darüber habe, sagte Oswalt: „Sie trägt die Hauptverantwortung.“ In einem aktuellen Schreiben der EKBO an Oswalt heißt es dagegen, bei den bisher bis 2020 eingereichten Jahresabrechnungen der Stiftung gebe es keinen Anlass zu Beanstandungen. Man gehe von einer sachgerechten Bewilligung der Fördermittel aus, auch eine Überschuldung der Stiftung sei „in keiner Weise gegeben“.

Wolfgang Huber, früherer Landesbischof und Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD).
Wolfgang Huber, früherer Landesbischof und Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD).

© Andreas Klaer

Wie viel Verlust macht der Turm pro Jahr?

Die EKBO nimmt auch Stellung zu der Kritik, nach Fertigstellung des Turms werde sich dieser als hochdefizitär erweisen. Sie habe hierfür eine Wirtschaftlichkeitsberechnung erhalten, teilte die EKBO mit: Diese Annahmen sehe sie insbesondere „im Blick auf die Einnahmen unter Berücksichtigung von Vergleichszahlen ähnlicher Baudenkmäler“ als realistisch an, die kritischere BRH-Einschätzung werde „nicht geteilt“.

Dagegen rechnete Carsten Linke vom antimilitaristischen Förderverein vor, für den Turmbetrieb ab 2024 sei mit einem jährlichen Defizit von knapp 950 000 Euro zu rechnen. Die Stiftung dagegen habe 2016 noch mit einem Plus-Minus-Null-Ansatz gearbeitet. Zuletzt hatte die Stiftung eine Überprüfung und "gegebenenfalls eine Anpassung" angekündigt; zudem hatte Huber Projektmittel der Evangelischen Kirche für den Turmbetrieb gefordert.

Die Kritiker wollen auch juristisch vorgehen. An der Vorbereitung einer Strafanzeige wegen möglichen Fördermittelbetrugs sei jetzt eine Anwaltskanzlei beteiligt, sagte Linke. 

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