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Bus- und Strassenbahnverkehr am Hauptbahnhof Potsdam.

© Andreas Klaer

Stillstand im öffentlichen Nahverkehr: Die wichtigsten Fragen zum Warnstreik

Die Warnstreiks im öffentlichen Dienst sollen auch die Landeshauptstadt  mit Wucht treffen: Auf was sich Potsdam einstellen muss und wo es auf den Straßen besonders lange Staus gibt.

Potsdam - Berufstätige und Schüler müssen heute mit erheblichen Problemen auf dem Weg zur Arbeit und zum Unterricht rechnen.  Die Gewerkschaft Verdi hat auch in Potsdam und im Landkreis Potsdam-Mittelmark zu einem ganztägigen Warnstreik im öffentlichen Nahverkehr aufgerufen. Die PNN geben einen Überblick zur aktuellen Lage - dieser Text wird laufend aktualisiert. 

Wie viele Menschen sind betroffen?

Zehntausende Menschen nutzen täglich die Angebote des Potsdamer Verkehrsbetriebs (ViP) und des für Mittelmark zuständigen Regiobus-Unternehmens, gerade in den Morgenstunden und am Nachmittag. Diese müssen sich laut ViP darauf einstellen, dass "alle Fahrten der Tram, der Fähre und ein Großteil der Fahrten mit dem Bus" entfallen, wie das Unternehmen am Montagmittag erklärte. Fahrgäste sollten sich "alternative Verbindungen suchen". Regiobus warnte vor Fahrtausfällen und Anschlussverlusten im
gesamten Gebiet des Unternehmens. Konkrete Aussagen, ob und welche Linien am Dienstag noch bedient werden können, seien nicht möglich, so Regiobus-Sprecherin Anette Lang. Man wisse nicht, wer von den Busfahrern streikt und wer nicht. Ähnlich betroffen von dem Arbeitskampf ist auch das Unternehmen Havelbus.

Einzig einige Buslinien könnten in Potsdam durch Subunternehmer wie das Unternehmen Anger bedient werden - so die Linie 692 von Bornim in die Innenstadt und zurück, wo allerdings auch einzelne Fahrten entfallen.

Folgende Tabelle veröffentlichte der ViP:

Für detaillierte Fahrpläne verwies der ViP auf seine Seite: www.vip-potsdam.de

Im vergangenen Jahr wurden beim ViP durchschnittlich rund 100.000 Fahrgäste pro Tag gezählt. Wegen der Coronakrise liegen diese Zahlen zwar weiterhin unter dem Niveau vergangener Jahre, aber die Auslastung hat zuletzt wieder zugenommen.  Unklar ist noch, wie man bei den einzelnen Fahrten verhindern will, dass die Busse übervoll werden: Das kann zum Corona-Infektionsrisiko werden, wenn sich die Menschen in weniger Fahrzeugen drängen. Der Umgang mit solchen Situationen werde vor Ort von den Busfahrern entschieden, hieß es aus dem ViP.

Von wann bis wann wird gestreikt?

Verdi hat als Beginn des 24-Stunden-Ausstands 3 Uhr angegeben und erklärt: "Fahrgäste müssen sich darauf einstellen, dass in den genannten Zeiträumen weder die Busse oder Bahnen der bestreikten Unternehmen fahren." Die Gewerkschaft Verdi will am Dienstag auch die Berliner BVG bestreiken. Von 3 bis 12 Uhr sollen alle Busse, Straßenbahnen und U-Bahnen stillstehen. Danach dauert es erfahrungsgemäß noch mehrere Stunden, bis alles wieder nach Plan rollt.

Fahren S-Bahn und Deutsche Bahn?

Ja. Die S-Bahnen und die Regionalexpresszüge zwischen Berlin und Potsdam sind im Einsatz, wie die Deutsche Bahn mitteilte. Man werde sogar mehr S-Bahnen fahren lassen. Am Dienstagmorgen teilte die S-Bahn auf Twitter mit, welche Linien verstärkt werden. Unter anderem verkehren zusätzliche Züge im 20-Minuten-Takt auf der S1 zwischen Zehlendorf und Potsdamer Platz.

Vom Streik betroffen sei die DB Regio Bus Region Ost, die in anderen Teilen Brandenburgs  den Busverkehr abwickelt, so das Unternehmen. Die Berliner S-Bahn kam bei früheren Streiks freilich regelmäßig an ihre Kapazitätsgrenzen.

Ist in Potsdam mit Staus zu rechnen?

Ja. Denn derzeit gibt es im Potsdamer Straßennetz an neuralgischen Punkten große Baustellen, vor allem auf der Nuthestraße und am Leipziger Dreieck, was auch an normalen Tagen schon für lange Staus sorgt. Heute steigen viele Fahrgäste auf das Auto um - das zeigt sich bereits an den Staus, die von den Staumeldestellen aktuell registriert werden. 

Demnach staut es sich aktuell in der: 

Großbeerenstraße zwischen Horstweg und Fritz-Zubeil-Straße

Hegelallee zwischen Schopenhauerstraße und Jägerallee

Zeppelinstraße zwischen dem Luisenplatz und der Breiten Straße

Am Schragen zwischen Kiepenheuerallee und Pappelallee

Die aktuelle Verkehrslage in Potsdam können Sie hier nachlesen. 

Das ist auch eine Erfahrung von ähnlichen Arbeitskämpfen in der Vergangenheit - zuletzt gab es in Potsdam im Winter 2017 mehrere Warnstreiks im ÖPNV. Zumindest kann man aber am Dienstag auf das Fahrrad ausweichen: Es sind laut Meteorologen kein Regen und milde Temperaturen angesagt. 
Verschärft hätte das Ganze noch  durch die von der Stadtverwaltung angekündigte Sperrung der Leipziger Straße für den Fahrradverkehr werden können. Damit wäre der Weg in Richtung Hermannswerder noch komplizierter gewesen – zumal der Fährbetrieb dorthin wegen des Streiks eingestellt ist. Doch wegen der besonderen Situation werde man mit der Maßnahme noch einen Tag warten und erst am Mittwoch beginnen, sagte eine Stadtsprecherin den PNN auf Anfrage. Gegen die nun erst ab Mittwoch vorgesehene Verkehrsführung wendet sich bereits eine Online-Petition, die bisher schon mehr als 300 Potsdamer unterzeichnet haben. 

Um was geht es in dem Konflikt?

Die Gemengelage bei den Tarifverhandlungen ist kompliziert. Verdi verlangt bundesweit einheitliche Regelungen unter anderem beim Ausgleich von Überstunden und den Zulagen für Schichtdienste. Ferner sollen zentrale Regelungen wie 30 Urlaubstage oder Sonderzahlungen künftig bundesweit vereinheitlicht werden. Auf Länderebene wird noch extra verhandelt - da will Verdi in Brandenburg die "schnelle Angleichung" der Entgelttabelle auf das Niveau der Berliner Verkehrsbetriebe BVG. Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände hatte den Streikaufruf der Gewerkschaft bereits als „Anschlag auf die Allgemeinheit“ kritisiert. 

Verdi hatte hingegen betont, die Arbeitgeber hätten mit ihrer Weigerung, über einen bundesweiten Rahmentarifvertrag zu verhandeln, „den Streik provoziert“. (mit Material von dpa)

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