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Rund 110 Mitarbeiter streikten am Dienstagmorgen vor dem Betriebsgelände der ViP in der Fritz-Zubeil-Strasse Straße.

© Andreas Klaer

Stillstand der Busse und Bahnen: Warnstreik trifft Landeshauptstadt mit Wucht

Rund 95 Prozent des Fahrpersonals in Potsdam hat sich an dem Warnstreik im öffentlichen Nahverkehr beteiligt. Regiobus versuchte Streikbrecher mit einer Prämie zu locken. 

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Potsdam – Mit Bannern stehen am Dienstagmorgen rund 110 streikende Mitarbeiter vor dem Hauptquartier der Verkehrsbetriebe Potsdam (ViP) in der Fritz-Zubeil-Straße und machen mit ihren Ratschen in der Hand ordentlich Krach. Im Laufe des Tages sollen noch weitere 30 bis 40 Kollegen aus der Spätschicht dazukommen. Jens Gröger, Verdi-Geschäftsführer für Nordbrandenburg und dort Verhandlungsführer bei den Tarifverhandlungen, ist zufrieden: "In Potsdam ist kein Bus und keine Bahn vom Hof gerollt. Wir hoffen, dass das Signal an die Arbeitgeber deutlich war."

Verdi fordert bundesweiten Rahmentarifvertrag

Der Warnstreik hat die Landeshauptstadt wie auch andere deutsche Städte mit Wucht getroffen: Die gesamte Flotte der Potsdamer Verkehrsbetriebe stand den ganzen Dienstag still. Rund 180 von insgesamt 323 Mitarbeitern im Fahrdienst der ViP wären eigentlich im Dienst gewesen, sagte ViP-Sprecher Stefan Klotz. Etwa 95 Prozent des Fahrpersonals beteiligten sich an dem Streik, sagte Gröger.

Die Gewerkschaft Verdi will mit dem bundesweiten Warnstreik im öffentlichen Nahverkehr Druck auf die Arbeitgeber ausüben. So wird ein Rahmentarifvertrag gefordert, mit dem bundesweit einheitliche Regelungen für die Fahrer eingeführt werden sollen. Dazu zählen die Anzahl der Urlaubstage, mögliche Sonderzahlungen, der Ausgleich von Überstunden oder Zulagen für Schichtdienste. Auch die unterschiedlichen Gehälter sind ein Thema. So verdienen Busfahrer in Potsdam und Brandenburg als Einstiegsgehalt rund 2280 Euro brutto – etwa 300 Euro weniger als ihre Kollegen in Berlin und sogar 800 Euro weniger als in Baden-Württemberg, wie Gröger gegenüber den PNN erklärte. Verdi fordert für die rund 3500 Beschäftigten in Brandenburg eine Angleichung der Entgelttabelle auf BVG-Niveau.

Verdi fordert einen bundesweiten einheitlichen Rahmentarifvertrag für die Mitarbeiter des Öffentlichen Personennahverkehrs.
Verdi fordert einen bundesweiten einheitlichen Rahmentarifvertrag für die Mitarbeiter des Öffentlichen Personennahverkehrs.

© Andreas Klaer

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100 Euro Prämie für Streikbrecher

In der Potsdamer Innenstadt war durch den Streik weniger Verkehr als gewöhnlich unterwegs. Auf den Straßen sah man viele Radfahrer. Möglicherweise aus Sorge vor Staus schienen viele zuhause geblieben zu sein. Auch in anderen Teilen der Stadt herrschte ein ähnliches Bild. Nutzer auf Facebook berichteten indes von vollen Straßen, so beschrieb ein Autofahrer, dass er für eine rund zwei Kilometer lange Strecke auf der Heinrich-Mann-Allee 25 Minuten gebraucht habe.

Auch beim Verkehrsunternehmen Regiobus in Potsdam-Mittelmark gab es zahlreiche Ausfälle. Regiobus hatte Streikbrechern eine Prämie von 100 Euro angeboten. Das sei vom Bundesarbeitsgericht in einem Beschluss von 2018 als konform angesehen worden, teilte das Unternehmen mit. Mittelmarks Landrat Wolfgang Blasig (SPD) habe das am Montag genehmigt, so Regiobus-Chef Hans-Jürgen Hennig. Bei Verdi hatte die Prämie für Ärger gesorgt. „Es ist eine Schweinerei, wenn sich die Politik in die Streikverhandlungen einmischt“, sagte Gröger. Gemeinsam mit rund 25 Mitarbeitern des Unternehmens stand der Bezirkschef am Dienstagmorgen vor den Werktoren von Regiobus in Bad Belzig. Nur sehr wenige Fahrer seien trotz Streik gefahren, so Gröger.

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Ob es weitere Streiks geben wird, ist unklar

Im Vorfeld wurde Kritik laut, weshalb während der Coronakrise gestreikt werden müsse. Auch die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg nannten den Streik am Dienstag „eine Zumutung für die Unternehmen und ihre Beschäftigten“. Christine Behle, stellvertretende Verdi-Vorsitzende und Verhandlungsführerin für den bundesweiten Rahmentarifvertrag, wies den Vorwurf zurück. Die Pandemie habe die Bedingungen für die Fahrer nicht verbessert. Im Gegenteil, hätten die Arbeitskräfte schließlich das Risiko für die eigene Gesundheit in Kauf genommen und jede Menge geleistet, so Behle. „Das muss honoriert werden. Und nicht mit einer Einmalzahlung, sondern dauerhaft.“ 

Ob es demnächst weitere Streiks geben wird, ist unklar. „Wir warten jetzt die kommenden Tage ab, ob die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände zu Gesprächen bereit ist“, sagte Jeremy Arndt, Verdi-Landesfachbereichsleiter Verkehr in Berlin-Brandenburg auf Anfrage gegenüber den PNN.

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