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Landeshauptstadt: Stehzelle und Wiederbelebungsraum

Erster Spatenstich für die Gedenk- und Begegnungsstätte ehemaliges KGB-Gefängnis

Die Erleichterung war Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) und Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) anzumerken: Nach mehr als einem Jahrzehnt, in dem sie zur Rettung des Gebäudes des ehemaligen KGB-Gefängnisses in der Leistikowstraße 1 und zu seinem Ausbau zur Gedenkstätte nur vage Versprechungen machen konnten, wurde nunmehr das Vorhaben in Angriff genommen. Mit dem ersten Spatenstich begannen gestern die Bauarbeiten, die Grundsteinlegung ist für den am 3. Juli vorgesehen. Dann hat der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, seinen Besuch angekündigt.

Zum Spaten griffen auch der Münchner Architekt Wolfgang Brune, dessen Büro den für die Gedenkstätte ausgeschriebenen Wettbewerb gewonnen hatte, sowie Volker Bargfrede für den Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen, der die Bauherrenschaft übernimmt. Brunes Entwurf sieht für den Altbau, ein ehemaliges Pfarrhaus, eine behutsame Sanierung vor, die die Authentizität des einzigen in Deutschland original erhaltenen KGB-Gefängnisses bewahrt. Notwendig sind ein neues Dach und das Auswechseln verschlissener Bauteile. Außerdem wird an der Großen Weinmeisterstraße ein schlichtes Empfangs- und Durchgangsgebäude entstehen. In den Neubau werden ein Foyer als „Schnittstelle zwischen Alltag und Gedenken“, ein Aufenthaltsraum für die Besucher, ein Seminarraum, die Bibliothek und Büros für das Personal eingeordnet. Die Sanitärräume befinden sich im Kellergeschoss. Der Rohbau soll bis zum Spätherbst bewältigt werden, die Eröffnung ist für Mai 2008 vorgesehen. Wegen der Bauarbeiten bleibt das Haus in dieser Saison geschlossen. Es soll jedoch Baustellenbegehungen geben.

Als Vorsitzender des Fördervereins wies der Historiker Hubertus Knabe auf die nationale und internationale Bedeutung der Gedenkstätte hin. So haben sich hier im Kellergeschoss europaweit einmalig als Zeugnis von Folter und Gewalt Steh- und Isolationszellen sowie ein so genannter „Wiederbelebungsraum“ erhalten, in dem bei den Verhören zusammegebrochene Häftlinge mit kaltem Wasser übergossen wurden. Für den Evangelisch-Kirchlichen Hilfsverein (EKH), den Hauseigentümer, erklärte der Vorsitzende Pfarrer Reinhart Lange, hier könne eindrucksvoll dargestellt werden, wie der Missbrauch der Macht Menschen ihrer Würde berauben und sie zu Tode quälen kann. Dem EKH, der das nach Abzug der russischen Besatzer 1994 zum Abriss freigegebene Gebäude erhalten hat, dem Förderverein und der durch die Historikerin Gisela Kurze vertretenen Menschenrechtsvereinigung „Memorial“ wurde gestern ausdrücklich gedankt. Sie werden die Gedenkstätte weiterhin durch Veranstaltungen und Forschungsvorhaben unterstützen.

Bereits zur Grundsteinlegung, kündigte Gisela Kurze an, werden sie einen neuen Band mit Biographien ehemaliger Häftlinge präsentieren. Noch immer sei nicht bekannt, wie viele Menschen in der KGB-Zeit hier gequält, zum Tode verurteilt oder langjährig in Zwangsarbeitslager, vorwiegend im sibirische Workuta, geschickt wurden. Schätzungen gehen von etwa 1000 Personen aus.

Die 2,2 Millionen Euro betragenden Kosten für den Ausbau der Gedenkstätte teilen sich der Bund und das Land Brandenburg. Jeweils 100 000 Euro steuern die Ostdeutsche Sparkassenstiftung und der Evangelisch-Kirchliche Hilfsverein bei. Die Stadt Potsdam verzichtete für das Bauvorhaben auf die Erhebung von Gebühren, was immerhin 70 000 Euro ausmacht. Zudem kündigte Oberbürgermeister Jakobs an, dass die Stadt einen finanziellen Beitrag zum Betreiben der Gedenkstätte leisten will.

Erhart Hohenstein

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