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Rückkehr des Herrn. Die Christus-Statue steht wieder im Atrium der Friedenskirche.

© Sebastian Gabsch PNN

Statue kehrt in Friedenskirche zurück: Christus ist wieder zu Hause

Die 3,49 Meter große Statue ist nach ihrer aufwendigen Instandsetzung zur Friedenskirche von Sanssouci zurückgekehrt.

Von Carsten Holm

Potsdam - Geschützt von einem großen Gerüst auf einem Tieflader ruhend hat er sich am Montagmorgen in Berlin auf den Weg nach Potsdam gemacht: Dort, in der kunsthandwerklichen Metallverarbeitung Haber & Brandner, haben fünf Restauratoren den 3,49 Meter hohen „Segnenden Christus“ zehn Monate aufgearbeitet, haben Risse verschlossen und die teils hauchdünne Kupferschicht behutsam gestärkt. Über ausgesucht schlaglochfreie Straßen reiste der Christus von der Lehderstraße im Berliner Stadtteil Weißensee dann zur Friedenskirche im Park Sanssouci. Gegen 10.30 Uhr hievten Experten die liegende Statue mit Flaschenzügen zur Wiederauferstehung in die Senkrechte: Christus war wieder zu Hause.

Eingeschwebt. Der restaurierte „Segnende Christus“ im Atrium vor der Friedenskirche.
Eingeschwebt. Der restaurierte „Segnende Christus“ im Atrium vor der Friedenskirche.

© Sebastian Gabsch PNN

Hochkonzentriert wachte Chef-Restauratorin Franka Görike über die letzte Phase seiner Rückkehr, dann stand der Herr wieder stabil im Atrium der Friedenskirche. „Das Material, aus dem diese Galvano-Plastik hergestellt wurde, ist an einigen Stellen sehr, sehr dünn“, sagte Görike den PNN, „beim Transport ist jede Bewegung ein Risiko“.

Wände der Statue teils so dünn wie Papier

Die mächtige Statue ist 1851 entstanden, sie war, urteilt die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG), für die damalige Zeit „eine außergewöhnliche technische Leistung“. Die neue Erfindung: Die Plastik ist innen hohl wie ein Weihnachtsmann aus Schokolade, auf ihrer Innenseite wird Kupfersulfat in einer Lösung aufgetragen, mit Strom bearbeitet und so zu Kupfer. Ihre Wände sind zum Teil so dünn wie Papier, das Material kann im Laufe der Zeit Risse, Brüche und Deformationen bekommen.

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Silke Kiesant, die promovierte Kustodin der Skulpturensammlung der Schlösserstiftung, wacht in ihrer Datenbank über rund 6000 Objekte. Der Segnende Christus sei „ein bedeutendes Stück“, sagte sie den PNN. Es sei auch von Preußen-König Friedrich Wilhelm IV. „besonders wertgeschätzt“ worden.

Vorbild der Statue steht in Kopenhagen

Der König hatte damit zu tun, dass der Potsdamer Christus nach einem berühmten Vorbild geschaffen worden. Befreundete Herrscher machen einander gern eine Freude, und als am dänischen Hof bekannt wurde, dass Friedrich Wilhelm IV. eine große Schwäche für den dänischen Bildhauer Bertel Thorvaldsen hatte, half das Kopenhagener Königshaus dem preußischen. Thorvaldsen hatte 1821 das mit einer Höhe von 3,20 Metern etwas kleinere Original der Potsdamer Statue aus Carrara-Marmor für die Nische des Hauptaltars der Frauenkirche in Kopenhagen geschaffen. Erst 1838 wurde die Marmor-Statue dort aufgestellt – doch schon 1835 ließen die Dänen einen Gipsabguss nach Berlin schicken.

Kunstwerk für Säulenvorhalle der im Bau befindlichen Kirche

Die Friedenskirche von Sanssouci wurde erst neun Jahre später, im Jahr 1844, erbaut, aber für den König stand früh fest, dass die Statue ein ideales Kunstwerk für die Säulenvorhalle sein würde. Er bestimmte diesen Standort für den Segnenden Christus, wohl auch, weil dessen einladende Haltung mit den weit geöffneten Armen ihm am Eingang zur Kirche passend schien – es war eine Form königlicher, kunstvoller Vorratshaltung.

Das Vorbild für den Potsdamer Christus ist aus Carrara-Marmor und steht in Kopenhagen.
Das Vorbild für den Potsdamer Christus ist aus Carrara-Marmor und steht in Kopenhagen.

© Sebastian Gabsch

Hergestellt wurde die Statue am Königlichen Galvanoplastischen Institut in Berlin, sie war eine der ersten Großplastiken nach dem neuen elektrochemischen Verfahren. Doch sie hatte konstruktionsbedingte Schwächen. Schon bei der Restaurierung in den Jahren 1998/99 fügten die Experten Stützen aus Edelstahl ins Innere des segnenden Christus’ ein, doch nun, nach 20 weiteren Jahren, gab es neue witterungsbedingte Risse in der Kupferhaut und Ablagerungen von Schmutz in den Vertiefungen. Auch die aufgetragene Wachsschicht hatte unter der Witterung gelitten, doch die Restauratoren von Haber & Brandner schafften es, die Innenkonstruktion der Statue neu zu stärken und einer weiteren Bildung von Rissen vorzubeugen.

Restaurierung wird auf 50.000 Euro geschätzt

Experten schätzen die Kosten für die Restaurierung der Christus-Statue auf rund 50.000 Euro. Finanziell unterstützt wurde die SPSG dabei durch eine großzügige Spende der Potsdamer Irene- und Karl-Blumenberg-Stiftung. Die vor zehn Jahren gegründete Stiftung förderte bereits 2018 die Wiederherstellung einer Exedra, eines nischenartigen Raums, an den Terrassen des Orangerieschlosses.

Restauratoren sind Spezialisten für Grabfiguren

Schon oft haben die Spezialisten von Haber & Brand bedeutende Kunstwerke restauriert. Seit mehr als 30 Jahren bearbeiten sie etwa Grabfiguren und Engel im baden-württembergischen Geislingen an der Steige. Im vergangenen Jahr schlossen sie die Wiederherstellung der sogenannten Wasserkunst in den Gärten von Hannover Herrenhausen ab, die 1863 installierten riesigen Wasserräder und Pumpen gelten als herausragendes technisches Denkmal. Auch als eine Statue des bayerischen Königs Ludwig II. von 1909 im März 2019 in einem Sturm vom Sockel stürzte, wurden die Berliner zu Hilfe gerufen. Sie formten den wie eine Ziehharmonika gestauchten Kopf neu – im Juli hat der König wieder an seinem angestammten Ort Platz genommen.

Diplom-Restauratorin Franka Görike beschreibt, warum Langeweile in ihrem Beruf nicht aufkommen kann: „Bei Restaurierungen gibt es nichts Vorgefertigtes. Wir haben immer mit wunderbaren Einzelstücken zu tun.“

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