zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: „Statt Verbote möchte ich Anreize schaffen“

Die OB-Kandidatin der Grünen Janny Armbruster über ihr Wahlprogramm, bei dem Garagen für Wohnungen weichen sollen

Frau Armbruster, kann man eine Oberbürgermeisterwahl gewinnen, wenn man einen Wahlkampf gegen Autofahrer macht?

Ich mache keinen Wahlkampf gegen Autofahrer, sondern für eine gesunde und lebenswerte Stadt, was auch Autofahrer einschließt. Allerdings müssen wir allen Bürgern und Einpendlern deutlich machen, dass wir alle den Individualautoverkehr minimieren müssen. Nur mit guten Lösungen kommen wir, auch wegen der Insellage von Potsdam, in Zukunft weiter.

Aber wie soll das gehen?

Statt Verboten möchte ich Anreize schaffen, dass wir uns nicht mit dem Auto bewegen müssen. Dazu gehören mehr Radwege und ein guter öffentlicher Nahverkehr mit funktionierenden Verbindungen in das Umland und guten Anschlüssen, damit man auch abends nicht frustriert an einer Haltestelle stehen muss.

Der öffentliche Nahverkehr in Potsdam ist zuletzt durch Personalmangel aufgefallen.

Da ist vor allem der Verkehrsbetrieb gefragt. Wir müssen es schaffen, dass dort zehn Prozent mehr Personal beschäftigt ist als täglich nötig. Nur dann können Zeiten mit hohen Krankenständen abgefedert werden. Dafür muss der Verkehrsbetrieb mehr selber ausbilden – wie übrigens auch in der Stadtverwaltung. Denn auch dort gibt es Personalengpässe.

Aber wie soll man das bezahlen? Sie sind auch für ein Bürgerticket im Nahverkehr.

Es gibt zur Finanzierung eines Bürgertickets verschiedene Modelle. Nehmen Sie das Semesterticket für Studenten, mit dem sie für etwa 200 Euro ein halbes Jahr lang alle Linien in der Region nutzen können. So ein Modell kann in ganz Potsdam auch funktionieren.

Also eine Zwangsabgabe?

Es ist eine Hürde, dass alle mitmachen müssen. Da ist Überzeugungsarbeit gefragt, auch im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg. In einem ersten Schritt würde ich ein kombiniertes Job-und Park-Ticket für Rathausmitarbeiter einführen, wie es das beispielsweise an der Universität Kassel gibt. Damit kann man dann morgens entscheiden, ob ich das Auto nutzen muss oder doch lieber mit der Tram zur Arbeit fahre. Solche Modelle müssen wir vorleben.

Sie wollen laut Ihrem Programm Lebensräume für Tiere erhalten. Wo sollen denn die neuen Wohnungen und Gewerbeflächen entstehen, die Sie wollen?

Da gibt es Möglichkeiten. Sehen Sie sich das Bornstedter Feld an: Mir ist es ein Rätsel, warum dort so viele Mehrfamilienhäuser gebaut werden, in denen es aber im Erdgeschoss keine Gewerbeflächen gibt. Auch in Golm oder Krampnitz entstehen in den nächsten Jahren Wohnungen und Gewerbeflächen. Und wenn es etwa, wie in der Waldstadt, einen Interessenkonflikt zwischen einem möglichen Schulstandort und einer Waldfläche gibt, plädiere ich für einen Kompromiss, bei dem die Umwelt maximal geschont wird.

Und Sie wollen Potsdamer Garagen für neue Wohnungen opfern?

Ja. Weil diese Garagenkomplexe sehr viel Platz verbrauchen, den man sinnvollerweise für sozialen Wohnungsbau verwenden könnte. Das wird zwar die Besitzer betroffen machen, doch sicher werden viele Menschen den Vorschlag auch vernünftig finden. Denn mit guten Radwegen oder Car-Sharing-Angeboten in den Stadtteilen werden langfristig viele kein eigenes Auto mehr benötigen.

Als Sie als Kandidatin antraten, hatten Sie erklärt, dass Sie den Staudenhof-Wohnblock erhalten wollen. Davon ist nun in Ihrem Wahlprogramm keine Rede mehr.

Die Pro Potsdam wird 2022 einen Plan vorlegen, was mit dem Staudenhof passieren kann. Wichtig ist mir, dass es an der Stelle weiterhin kleinteilige und bezahlbare Wohnungen gibt, gerade für Studierende und ältere Menschen. Ob dies aber der Staudenhof in der jetzigen Form sein muss, scheint mir angesichts der baulichen Situation vor Ort fraglich.

Also stehen Sie weiter für die Barockisierung der Innenstadt, wie es linke Gegner der Grünen nennen?

Es geht nicht um die Frage Barock oder Ost-Moderne, das ist mir allein zu ideologisch. Mir geht es um die Frage, wie man in der Auseinandersetzung auch zu modernen architektonischen Antworten für die heutige Zeit kommen kann. Beispiele dafür gibt es eigentlich nur bei der Uni und den Potsdamer Wissenschaftseinrichtungen. Die aktuellen Ausschreibungen am Alten Markt mit Konzeptvergabe und Verkauf nicht zum Höchstgebot lassen Neues zu. Vielleicht lassen sich so auch manche Konflikte auflösen.

Die Fragen stellte Henri Kramer

Janny Armbruster, 1963 in Ost-Berlin geboren, arbeitet als Referentin für Alumni und Fundraising an der Universität Potsdam und ist Fraktionschefin der Grünen im Stadtparlament.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false