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Potsdam ist wie eine absteigende Kleinstadt, zeigt eine bundesweite Studie.

© L. Hannemann

Städte-Studie: Potsdam droht Abstieg: Wie eine absteigende Kleinstadt

Eine bundesweite Studie zeigt, was in Potsdam gut läuft – und wo die Stadt Probleme hat. Vor allem im sozialen und wirtschaftlichen Bereich steht die Landeshauptstadt nicht optimal da.

Potsdam - Unter Zwergen scheint auch eine Gestalt von durchschnittlichem Wuchs wie ein Riese zu sein, der gar nicht zu dieser Schar passen will. So ist es auch mit Potsdam. Jedenfalls, wenn man sich die Ergebnisse einer bundesweiten Studie anschaut, die am Donnerstag vom „manager magazin“ veröffentlicht wurde. Potsdam landet dabei in einem Topf mit etwa 500 überwiegend kleinen Städten mit negativen Zukunftsaussichten. Probleme hat die Stadt vor allem im sozialen und wirtschaftlichen Bereich. Besser sieht es laut Studienautor Henner Lüttich bei der Demographie und der Bildung aus.

34 Indikatoren zur Untersuchung rangezogen

In ihrer Untersuchung hat die contor Gmbh aus Hünxe am Niederrhein, die sonst Unternehmen bei der Standortwahl berät, sämtliche Städte und Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern analysiert. Das sind genau 1554 deutsche Städte und Gemeinden mit zusammen rund 60 Millionen Einwohnern. Um die Zukunftsfähigkeit der Städte und Gemeinden zu analysieren, wurden 34 Indikatoren herangezogen, so Lüttich. Dabei wurde auf öffentlich zugängliche Daten zurückgegriffen, zum Beispiel statistische Angaben zur Arbeitslosigkeit, zur Bevölkerungsentwicklung oder zur Wirtschaftsstruktur.

Insbesondere sollten die Städte identifiziert werden können, die für zukünftige Anforderungen voraussichtlich besser gerüstet sind, heißt es in der Studie. „Unternehmen finden leichter Kunden in einer prosperierenden Gesellschaft ohne größere soziale Probleme.“ Sie seien angewiesen auf günstige Arbeitsbedingungen mit moderaten Steuersätzen, eine gute Produktivität bei angepassten Löhnen. Er wolle keine Gewinner oder Verlierer identifizieren, so Lüttich. Deshalb sei die Studie auch nicht als Ranking formuliert.

Im Ergebnis zeigen sich starke Unterschiede in der Gesamtentwicklung der deutschen Städte. Lüttich bildete sechs Kategorien, in denen sich Städte mit ähnlichen Aussichten tummeln – sogenannte Cluster. Die Extreme gehen dabei von abgehängten Städten bis zu Städten, die für die Zukunft gerüstet scheinen. Potsdam landet in der größten Gruppe: Kleinstädten mit absteigender Tendenz. 514 Städte und Gemeinde mit zusammen 15 Millionen Menschen gehören dazu. Natürlich sei Potsdam mit seinen mittlerweile 171000 Einwohnern keine Kleinstadt, sagte Lüttich den PNN. Der Cluster habe den Namen bekommen, weil darin nur elf Großstädte mit mehr als 100 000 Einwohnern vertreten sind. Neben Potsdam zählen dazu Städte wie Bottrop im Ruhrgebiet oder das niedersächsische Hildesheim.

Für Potsdams Cluster ist kennzeichnend, dass die Wirtschaft in den Städten keine ausgeprägten Branchenschwerpunkte hat. Außerdem gebe es leicht unterdurchschnittliche soziale Bedingungen, durchschnittliche wirtschaftliche Bedingungen, sehr leicht unterdurchschnittliche Unternehmensbedingungen. In den vertretenen Städten gibt es häufig durchschnittliche Bildungsindikatoren und eine schrumpfende Bevölkerung.

Potsdam kann bei Bildung punkten

Nicht alles davon trifft auch auf Potsdam zu, so Lüttich. „So ein Cluster ist auch eine grobe Schublade“, räumt er ein. So hebe sich die Stadt bei der Bevölkerungsentwicklung positiv vom Durchschnitt ab, der bei zwei Prozent Bevölkerungsschwund jährlich liegt. Auch die Prognose sei sehr positiv für Potsdam. Zudem kann die Stadt bei der Bildung punkten. Mit der Universität und der Fachhochschule sei die Stadt ein bedeutender Standort der höheren Bildung, was qualifizierte Fachkräfte verspreche. Auch der Anteil der Abiturienten unter den Schulabgängern sei in Potsdam überdurchschnittlich hoch.

Dass die Aussichten für Potsdam dennoch nicht nur rosig sind, liegt an anderen Indikatoren: Obwohl die Arbeitslosigkeit seit Jahren rückläufig ist – im Februar waren es 6,6 Prozent – liegt sie immer noch über dem Bundesdurchschnitt. Das gleiche gilt für den Anteil an Hartz-IV-Beziehern an der Bevölkerung. Auch die Kriminalitätsrate sei in Potsdam höher als im Durchschnitt des Clusters, so Lüttich. Hier machen sich vor allem die zahlreichen Diebstähle von Autos und Fahrrädern bemerkbar. Insgesamt sieht es deshalb bei den sozialen Indikatoren relativ ungünstig aus für die Landeshauptstadt, so Lüttich.

Wirtschaftlich liegt Potsdam im Mittelfeld

Doch damit nicht genug. Zwar sei die Wirtschaftskraft, also das Bruttoinlandprodukt, höher als der Durchschnitt im Cluster, der Zuwachs sei jedoch in den vergangenen Jahren schwach gewesen. Wirtschaftlich liege Potsdam im Mittelfeld, so Lüttich. Kennzeichnend seien eine Investitionsschwäche und die relativ hohe Gewerbesteuer. „Für Unternehmensansiedlungen ist das wenig attraktiv.“ Tatsächlich wird Potsdams Wirtschaftsstruktur von Verwaltung, Bildung und Gesundheit dominiert. Verarbeitendes Gewerbe gibt es in der Stadt kaum. Doch gerade in diesem Bereich findet die höchste Wertschöpfung statt. Die Folge: „Die Produktivität in Potsdam ist unterdurchschnittlich“, so Lüttich. Als Folge sind auch die Durchschnittseinkommen niedrig und die Einnahmen der Stadt aus der Besteuerung von Unternehmen.

Allzu sehr grämen muss sich die Stadt angesichts der Studie wiederum auch nicht: Bei Statistiken kommt es immer auf den Maßstab an – und darauf, wer sie erstellt. Beim kürzlich vorgelegten Vergleich der Landeshauptstädte sah die Stadt gut aus. Allerdings hatte sie diesen Vergleich auch selbst beauftragt.

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