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Auf dem diesjährigen Stadtwerkefest wurde erstmalig der Einlass beschränkt, dennoch lief es reibungslos.

© Andreas Klaer

STADTWERKEFEST IN POTSDAM: Mit Sonnenbrand und Grillzange

Stadtwerkefest mit Stargast Anastacia und Musikern der deutschen Pop-Szene geht reibungslos über die Bühne. Rund 25 000 Besucher kamen zur Rock-Nacht.

Potsdam - Viel war in den vergangenen Wochen spekuliert worden: Passen alle rein, gibt es Probleme mit der Sicherheit, klettert jemand über den Zaun? Die Überraschung: Das 18. Stadtwerkefest am vergangenen Wochenende ging ganz problemlos und entspannt über die Bühne. Herrliches Wetter, gut aufgelegte Bürger und eine gute Vorbereitung sowie Durchführung des neuen Sicherheitskonzepts zahlten sich aus. Rund 25 000 Besucher zählte man Samstagnacht, zum Klassikkonzert Freitagabend – es spielte die Junge Philharmonie Brandenburg – kamen 8000 Besucher. An dem Familiensonntag mit Spiel- und Wissenschaftsangeboten, Musik, Kindertheater und einem Bühnenprogramm mit der "Maus" und "Shaun, dem Schaf" nahmen ebenfalls mehrere Tausend Besucher teil.

Höhepunkt wie jedes Jahr war die Pop- und Rock-Nacht, dieses Mal mit der US-amerikanischen Rock-Sängerin Anastacia als Stargast. Die Sängerin ist zurzeit mit ihrem neuen Album "Evolution" auf Europatour, da hatten die Stadtwerke zugegriffen. Die knapp 50-Jährige lieferte ein generationenübergreifendes Angebot. "Ich kenne ihre Musik von meinen Eltern und finde sie auch gut", sagte eine 18-Jährige, die mit Freundinnen zum Fest gekommen war. Noch mehr freuten sie sich aber auf Pop-Künstler Max Giesinger, 2012 Sieger von The Voice of Germany und seitdem im deutschen Musikgeschäft erfolgreich unterwegs. Gregor Meyle, gestandener Deutsch-Pop-Sänger, war der Favorit unter anderem einer Frau aus Werder, "da kann ich mitsingen". Von der jungen Nachwuchssängerin Lotte aus Berlin, die als zweite auftrat, waren so manche Gäste positiv überrascht.

Zum Stadtwerkefest reisen Gruppen aus der Mittelmark und Berlin an - manche bereits seit Jahren

Den Auftakt macht nachmittags die Potsdamer Band My Rain, die über einen Bandwettbewerb auf der großen Bühne gelandet war. Zwei der fünf Bandmitglieder sind zwar Berliner, aber das passt zum Publikum, das auch längst nicht nur aus Potsdamern besteht. Viele reisen aus Berlin und dem Umland an. "Wir kommen seit Jahren jedes Jahr zum Fest", sagt ein Besucher einer kleinen Gruppe aus Beelitz. "Wir fahren mit dem Bus, das klappt prima." Dass es kostenlos ist, finden sie gut. Sie würden aber, wenn das Programm stimmt, auch gerne dafür zahlen. Das neue Einlass-Prozedere mit kontrolliertem Zugang finden sie in Ordnung und angemessen.

Es funktioniert auch reibungslos. An den drei großen Eingängen befinden sich 26 einzelne Schleusen. Hier werden Taschen kontrolliert, größere Dinge müssen an der Garderobe abgegeben werden. Und es wird gezählt: Helfer mit Tablets registrieren jeden Besucher. Auch an den Ausgängen wird gezählt. Die Zahlen werden in Echtzeit an die Sicherheitszentrale weiter gegeben. Mehr als 30 000 Besucher dürften sich nicht gleichzeitig auf dem Gelände aufhalten. Würde das reichen? Zum Vergleich: Vor zwei Jahren hatte man – bei Santana und Cyndi Lauper – 40 000 Gäste geschätzt.

Bis zu 100 Sicherheitskräfte im Einsatz, viele von ihnen mit Tablets zum Gästezählen ausgestattet

Die Sicherheitszentrale befindet sich ein einem Container hinter der Bühne. Mehrere Mitarbeiter überwachen an Bildschirmen die Eingangsbereiche. Auf einem Monitor werden die sich ständig verändernden Besucherzahlen angezeigt. Um 18.45 Uhr sind es etwa 10300 Eingänge, 2600 Ausgänge und 7600 Anwesende. Brandamtmann Christian Schulze schaut einem Kollegen über die Schulter. „Es beruhigt uns, den genauen Überblick zu haben und im Notfall nicht aus dem Bauch heraus entscheiden zu müssen", sagt Schulze. Wir lernen dieses Jahr viel dazu." 100 Leute des Sicherheitsdienstes sind in mehreren Schichten im Einsatz, Samstagnacht etwa 75 bis 80 Kollegen. Mehrere Polizisten in voller Ausrüstung patrouillieren über das Gelände. Außerdem gibt es zwei große Zelte zur medizinischen Notfallversorgung und das Rote Kreuz ist mit einem Kindernotdienst vor Ort. Um 19 Uhr ist aber alles ruhig. Und die zehnjährige Ina, die heute als Nachwuchs-Helferin mit offiziellem Rot-Kreuz-Schild am T-Shirt eingeteilt ist, um im Notfall Kinder zu betreuen, hat gar nichts zu tun.

Da kann sie sogar vorn an der Bühne Gregor Meyle zusehen. Der gemütliche Mann mit Bart und Holzfällerhemd, Experte für gefühlvoll Rockiges, wird von Radio Potsdam Moderatorin Juliane Adam angekündigt, die auch gleich die Meyle-Grillzange am Merchandising-Stand anpreist. Ab 20.30 Uhr gehört Max Giesinger die Bühne. Der Song "80 Millionen" kommt gleich mehrmals im Programm vor, einmal auch mit einem spontanen Backgroundchor. Giesinger holt dafür fünf Kinder aus dem Publikum auf die Bühne, die auch ganz ordentlich und textsicher mitsingen. Giesinger schwärmt von Potsdam, am liebsten würde er hierher ziehen. "Ist irgendwo ein WG-Zimmer frei?" Er habe sich zwar am Vormittag bei einer "voll geilen Schiffchentour" an den Schlössern vorbei einen Sonnenband geholt. Aber sonst sei alles bestens. "Leute, lasst uns einmal im Monat hier treffen und eine Party machen!"

Die dreitägige Party kostet die Stadtwerke knapp 200 000 Euro

Das sähe der Stadtwerkechef wohl differenzierter. Immerhin kostet die Party 80 0000 Euro, dazu 100 000 Euro für das Sicherheitskonzept. Und Anastacia gab es auch nicht umsonst. Die tanzt sich gegen 22 Uhr schon mal in ihrem Container warm, während noch das Viertelfinal-Fußballspiel Russland -Kroatien läuft. Einige Zuschauer halten ihre Handys in die Kamera, damit der Spielstand für alle sichtbar auf der Leinwand erscheint. Mit dem letzten Elfmeter kommt Anastacia auf die Bühne: Eine kleine Frau auf Schuhen mit beeindruckend hohen Plateausohlen, die gut eineinhalb Stunden gemeinsam mit zwei Sängerinnen und Tänzerinnen über die Bühne wirbeln wird. "Ich weiß, das mit dem Fußball ist für euch bitter", lauten allerdings ihre ersten Worte an das Publikum. Sie ist witzig und zeigt Humor. "An die jungen Leute unter euch - wisst ihr, wer ich bin? Ich bin Britney Spears!" Aber ihre Hits wie "One day in your life" klingen da schon längst über den Lustgarten. Altes, Neues, Rockiges oder auch mal eine Blues-Nummer. Der Platz ist mittlerweile voll, und jeder ist reingekommen, es gab keine Probleme, ob beim Einlass oder anderer Art. Nach Mitternacht fahren minütlich Trams und Busse in alle Richtungen, die Heimfahrt klappt. Gerüchten zufolge soll allerdings Max Giesinger nicht mehr Heim gekommen sein. Er soll nach einer Aftershowparty der Künstler im Waschhaus in seinem Bus genächtigt haben. Es ist eben nicht doch so einfach, in Potsdam ein Zimmer zu finden.

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