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Vielen Kunden der Stadtwerke flattern derzeit schlechte Nachrichten in den Briefkasten. 

© Ottmar Winter PNN

Stadtwerke erhöhen Gas- und Strompreise: Wie Verbraucher in Potsdam nun reagieren können

Viele Kunden der Stadtwerke erwarten ab September um bis zu 20 Prozent höhere Strom- und Gaspreise. Was die Verbraucherzentrale ihnen rät.

Potsdam - Nach der Ankündigung der Stadtwerke, die Strom- und Gaspreise für viele Kunden ab dem 1. September um rund 15 bis 20 Prozent zu erhöhen, gibt es erste Reaktionen – aus der Verbraucherzentrale, aber auch der Stadtpolitik. Die PNN geben einen Überblick.

Lohnt ein Anbieterwechsel?

Ein Blick lohnt. Von der Preiserhöhung betroffen sind die Kunden des Grundversorgertarifs der Stadtwerke-Tochter Energie und Wasser Potsdam (EWP). Und dafür gibt es laut Vergleichsportalen wie Verivox Alternativen. Inklusive Neukundenboni lassen sich so beim Strom – je nach Verbrauch – bis zu 250 Euro pro Jahr sparen. 

Auch beim Gas kann man noch günstigere Anbieter finden. Dass die Preisunterschiede allerdings nicht so groß wie in der Vergangenheit sind, liegt laut Verivox an den insgesamt massiv verteuerten Einkaufspreisen für Energie. 

Versorger, die einen großen Teil ihrer Energie zu den derzeitigen Konditionen einkaufen müssten, könnten gerade oft keine guten Neukundenangebote machen. „Finden Sie aktuell keine guten Angebote, raten wir Ihnen dazu – sofern es die Kündigungsfristen zulassen – zu einem späteren Zeitpunkt erneut zu vergleichen“, so das Portal. 

Zugleich hat die EWP auch nicht alle Preise angehoben: Zum Beispiel bleibt der mit Sonderkonditionen gespickte Tarif „PotsdamLiebe“ zunächst verschont. Allerdings hatten wie berichtet in den vergangenen Monaten eine Reihe von Potsdamern in jenen Grundtarif wechseln müssen, der nun deutlich teurer wird. Grund: Mehrere kleinere Energieanbieter hatten Insolvenz anmelden müssen

Wie kann man Energie und Strom sparen?

Zu dieser Frage planen verschiedene Anbieter Seminare. Die Verbraucherzentrale Brandenburg (VZB) hat dazu aktuell eine Reihe von Online-Vorträgen im Angebot – zum Beispiel am 29. Juni ab 15.30 Uhr zum Thema „Energiesparen im Haushalt. Kleine Tipps mit großer Wirkung“. Dafür muss man sich vorher unter www.verbraucherzentrale-brandenburg.de anmelden, die Zahl der möglichen Teilnehmer ist begrenzt. 

VZB-Energieberater Harald Lacher erklärte den PNN, die Resonanz auf solche Angebote wachse schon seit dem vergangenen Jahr. Wichtig sei zum Beispiel, Sofas nicht direkt vor Heizkörper zu platzieren oder Türen von unbeheizten Räumen zu schließen. Beim Heizsparen im Winter solle man gleichwohl das Stoßlüften nicht vergessen – und mit Luftfeuchtemesser in den Räumen arbeiten, um eine Schimmelbildung zu vermeiden. 

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Einige Energiespartipps haben auch die Potsdamer Stadtwerke unter www.swp-potsdam.de/energiespartipps veröffentlicht. Zum Beispiel: „Abtauen hilft Kosten senken! Tauen Sie Kühl- und Gefriergeräte ab, wenn sich eine Reifschicht von einem Zentimeter oder mehr gebildet hat.“ Oder: „Verzichten Sie auf das Vollbad, eine kurze Dusche bei kleiner Brausenöffnung reicht meist völlig aus.“ 

Das Rathaus hatte zuletzt auf Initiative der Grünen Zahlen veröffentlicht, wonach in kommunalen Gebäuden wie Schulen in den vergangenen Jahren erste Sparerfolge bei Strom und Gas erzielt werden konnten: So habe der Verbrauch im Jahr 2020 im Schnitt sieben bis zehn Prozent unter dem im Jahr 2017 gelegen.

Was passiert bei Zahlungsproblemen?

Die Stadtwerke versprechen in solchen Fällen Hilfe. Wichtig sei, dass sich Betroffene frühzeitig melden, um etwa Mahnkosten zu vermeiden. Möglich seien zum Beispiel „flexible Ratenzahlungen“ für offene Rechnungen. Bereits jetzt empfehle es sich auch, die Abschläge pro Monat zu erhöhen. „Ist die monatliche Pauschale zu niedrig, droht am Ende des Jahres eine dicke Nachzahlung.“ 

Bundesweit warnen Experten wegen der Energiekosten vor Mietschulden und mehr Privatinsolvenzen. Die Stadtverwaltung hatte jüngst auf bestehende Beratungsangebote für Betroffene zu den Themen Bedürftigkeit sowie Miet- und Energieschulden im Rathaus sowie im Jobcenter verwiesen. 

Helfen nun Solaranlagen?

Ja, allerdings gibt es dabei ebenfalls Einschränkungen. Auch der Beratungsbedarf für den Einbau von Solarthermie oder Photovoltaik-Anlagen ist enorm gestiegen, sagte VZB-Berater Lacher. Um die vielen Anfragen abarbeiten zu können, versuche man, viel Videoberatung anzubieten. Die Verbraucherzentrale gebe erste Hinweise, ab wann sich zum Beispiel eine Solaranlage rentiere. Jedoch höre er immer wieder von Ratsuchenden, dass der Markt angespannt sei und man von Anbietern keine Rückmeldung erhalte, sei es aus Fachkräfte- oder Materialmangel. 

Zuletzt hatte die VZB auch geraten, genau auf die Geschäftsbedingungen der Anbieter zu achten, zum Beispiel wegen unklarer Liefertermine und ausufernden Vorleistungspflichten. Zwei märkische Unternehmen habe man nach Kundenbeschwerden bereits erfolgreich abgemahnt, so die VZB.

Wie reagiert die Stadtpolitik?

Die SPD in der rot-grün-roten Rathauskooperation sieht nur sehr begrenzt kommunale Entlastungsmöglichkeiten. Dazu fehle der finanzielle Spielraum und die Zuständigkeit der Stadt für soziale Abfederungen in dem Bereich, sagte SPD- Fraktionschef Hagen Wegewitz auf Anfrage. Der Oberbürgermeister müsse aber den politischen Auftrag erhalten, bei Land und Bund „alles daran zu setzen, dass es zu spürbaren Entlastungen kommt“. 

Verwiesen wurde auf das erste Entlastungspaket der Bundesregierung. Grundsätzlicher sehen es die Grünen. Deren Energieexperte Andreas Walter sagte, seit mehr als zehn Jahren versuche seine Fraktion, den Anteil an erneuerbaren Energien in Potsdam deutlich zu erhöhen. Leider würden wegweisende Stadtverordnetenbeschlüsse für eine nachhaltigere Energieversorgung bisher „nur halbherzig verfolgt“. Es sei nun dringend erforderlich, die Investitionskonzepte des städtischen Energieversorgers „auf den neuesten Stand“ zu bringen sowie „die Abhängigkeit vom Erdgas zu beenden“. 

Dazu sei ein Antrag für das Stadtparlament in Vorbereitung.  Rathauschef Mike Schubert (SPD) hatte bereits angekündigt, bis Ende 2023 sollten die Stadtwerke einen Vorschlag für eine strategische Entscheidung zur künftigen Energie- und Wärmeerzeugung in Potsdam vorlegen – welchen langfristigen Ersatz es also für das Gaskraftwerk Süd geben könnte. 

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