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Stadtteil soll Vorzeigekiez werden: 200 Millionen Euro für den Schlaatz

Die Pro Potsdam will den Stadtteil bis 2033 mit einer gigantischen Summe sanieren. Ganze Wohnungsgrundrisse sollen verändert werden, um Familien anzulocken. Das Vorhaben könnte Auswirkungen auf die Mietpreise haben.

Von
  • Sarah Kugler
  • Peer Straube

Schlaatz - Aus dem Stadtteil soll ein Vorzeigekiez werden: In den kommenden 15 Jahren will die kommunale Bauholding Pro Potsdam knapp 200 Millionen Euro investieren und ihren gesamten Wohnungsbestand am Schlaatz sozialverträglich sanieren. Das sagten Pro-Potsdam-Geschäftsführer Bert Nicke und die Hochbauchefin des Unternehmens, Petra Runge, den PNN.

Finanzieren will die Pro Potsdam das Projekt vor allem über Bankdarlehen und Fördermittel. Nur rund 40 Millionen der Gesamtsumme sollen aus Eigenmitteln kommen, erklärte Nicke. Nicht zuletzt hofft das Unternehmen dabei auf die Wohnungsbauförderung des Landes. Wie berichtet stellt die rot-rote Regierung bis 2019 jährlich 100 Millionen Euro aus Landes- und Bundesmitteln als zinsgünstige Darlehen oder Zuschüsse für Neubau und Sanierung zur Verfügung, insgesamt 400 Millionen Euro. Zuvor waren es lediglich 40 Millionen pro Jahr. Auch auf weitere Bundesmittel kann man spekulieren: Erst gestern hatten sich CDU/CSU, Grüne und FDP bei den Sondierungen über eine Jamaika-Koalition auf eine erste Prioritätenliste verständigt, auf der auch die Förderung des Mietwohnungsbaus auftaucht. Land und wachsende Städte wie Potsdam hatten in den vergangenen Jahren stets an den Bund appelliert, wieder in die Wohnungsbauförderung einzusteigen.

Die richtige Mischung für den Schlaatz: Ganze Wohnungsgrundrisse sollen verändert werden

Von den rund 5500 Wohnungen am Schlaatz gehören der Pro Potsdam mit etwa 2500 fast die Hälfte, lediglich ein Fünftel davon ist bereits saniert. Nach inzwischen fast 40 Jahren seit der Erbauung hätten die Plattenbauten ihren auf maximal 30 Jahre ausgelegten Lebenszyklus längst überschritten. Obwohl die Substanz gut sei, bestehe Handlungsbedarf, sagte Runge. Dabei soll eine Gesamtstrategie für die Gebäude entwickelt werden, die sie für die nächsten Jahrzehnte funktionstüchtig erhält. Es geht sowohl um Außen- als auch um Innensanierung, vor allem energetische Aspekte spielten eine Rolle. Dabei sei es durchaus möglich, dass ganze Wohnungsgrundrisse verändert würden, weil der Schlaatz auch für Familien genügend Platz bieten soll. Kleinere Wohnungen soll es aber auch weiterhin geben. Erklärtes Ziel ist es, eine Vielfalt an Bewohnern unterschiedlicher Einkommensgruppen zu erhalten, die es sowohl Beziehern eines Wohnberechtigungsscheins (WBS), als auch Familien ohne WBS-Anspruch ermöglichten, im Schlaatz zu leben. Wichtig sei, dass der soziale Mix im Stadtteil stimme.

Der Schlaatz gilt bislang als eines der größten Problemviertel der Stadt. Jeder vierte Schlaatz-Bewohner bezieht Hilfen vom Staat, der Anteil der Arbeitslosen liegt weit über dem städtischen Mittelwert. Der Ausländeranteil ist mit rund 20 Prozent der höchste in ganz Potsdam. Rund 10 000 Menschen leben dort, am Durchschnittsalter gemessen ist der Schlaatz der jüngste Stadtteil Potsdams. Allerdings ist im Schlaatz die Kriminalitätsrate im Vergleich zum Potsdamer Durchschnitt höher, in den vergangenen Jahren war der Stadtteil immer wieder Schauplatz von Verbrechen.

Schlaatz und Drewitz: Die Platte soll nicht mehr nach Platte aussehen

Mit einer „Visionenwerkstatt“ hatten zuletzt vier Unternehmen des Arbeitskreises Stadtspuren bereits erste Ideen für einen Imagewandel des Stadtteils gesammelt (PNN berichteten). Inspirationen davon will auch die Pro Potsdam in ihren Plan aufnehmen, sagte Nicke.

Nach Abschluss der Sanierungen dürfte der Schlaatz sich ähnlich verändert haben wie Drewitz. Wie dort soll mit neuen Fassadengestaltungen experimentiert werden, die die „Platte“ nicht mehr wie eine solche aussehen lassen. Als Beispiel nannte Nicke die sogenannte Drewitzer Rolle, die ihr Erscheinungsbild komplett verändert hat – Giebelschriftzug mit den Filmnamen des Straßennamengebers Konrad Wolf inklusive. Für die Fassaden sei auch ein Wettbewerb denkbar, so Nicke.

Nach der Sanierung der Pro Potsdam könnten die Mieten steigen

2019 will die Pro Potsdam mit dem Sanierungsprogramm beginnen, bis 2033 soll alles abgeschlossen sein. Klar ist allerdings: Der Schlaatz wird nach der Sanierung nicht mehr so günstig bleiben wie bisher. Die Mieten werden steigen. Derzeit beträgt die Durchschnittsmiete am Schlaatz 5,37 Euro pro Quadratmeter. „In dem Durchschnittsniveau werden wir nicht bleiben“, sagte Nicke. Auf Werte zwischen 5,80 Euro pro Quadratmeter für WBS-Bezieher und 7,50 Euro für alle anderen Mieter müsse man sich wohl einstellen. Geplant sei eine sozial ausgewogene Mietentwicklung. Die Chefin der Pro-Potsdam-Vermietungstochter Gewoba, Kerstin Kirsch, ist zuversichtlich, dass die meisten Mieter auch nach der Sanierung bleiben können und wollen. In Drewitz habe die Rückkehrerquote bei 85 Prozent gelegen, „ein Wert, der uns selbst überrascht hat“, sagte Kirsch.

Bei der Sanierung will es die Pro Potsdam nicht belassen, auch Neubaupotenziale werden ausgelotet. Man suche bereits nach geeigneten Flächen. Gebiete am Stadtrand kämen dabei ebenso infrage wie eine Verdichtung im Innern, etwa durch die Schließung bislang offener Karrees. Auch kleinere Gewerbeansiedlungen soll es geben.

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Kommentar: In Drewitz ist der Wandel des Stadtteils mit einer preisgekrönten Lösung gelungen - aber für den Schlaatz fehlt bislang das nötige Konzept für einen solchen Erfolg, meint PNN-Redakteur Peer Straube.

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