zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Stadtrand oder Turnhalle

Bei der Suche nach Flüchtlingsunterkünften will die Stadt auch auf private Vermieter zugehen

Innenstadt - Bei der Suche nach neuen Flüchtlingsunterkünften will die Stadt künftig auch auf Genossenschaften und private Vermieter zugehen. Das sagte die Sozialbeigeordnete Elona Müller-Preinesberger (parteilos) am Mittwochabend bei einer Diskussionsveranstaltung in der Französischen Kirche, zu der der Verein Neues Toleranzedikt Potsdam eingeladen hatte. Wünschenswert sei, dass neben dem städtischen Wohnungsunternehmen Pro Potsdam auch andere Vermieter kleine Wohnungsverbände, in denen Flüchtlinge Tür an Tür mit Potsdamern leben, einrichten. Die Pro Potsdam vermietet derzeit in der Haeckelstraße und im Staudenhof Wohnungen an die Stadt, die für Flüchtlingsunterbringung genutzt werden; ein weiteres solches Projekt ist in einem Neubau am Stern geplant. Denkbar sei, das Thema Flüchtlingsunterbringung auch im Vermieterverbund „Stadtspuren“ zu besprechen, sagte Pro-Potsdam-Chef Jörn-Michael Westphal. Das Verfahren, das sich mit der Pro Potsdam entwickelt habe, sei auf andere Vermieter übertragbar. „Flüchtlingsunterbringung sollte Aufgabe der Stadtgesellschaft sein“, so der Pro-Potsdam-Chef.

Hintergrund ist die steigende Zahl von Flüchtlingen in der Landeshauptstadt. Wie berichtet, sucht die Stadt seit Monaten händeringend nach neuen Unterbringungsmöglichkeiten. Bis Jahresende muss noch Platz für 200 neue Flüchtlinge geschaffen werden, wie die Sozialbeigeordnete sagte. Ab Januar kommen weitere 450 Flüchtlinge hinzu. Um die Menschen unterzubringen, hatte die Stadtverwaltung kurzfristig bereits sechs neue Flüchtlingseinrichtungen, unter anderem auf Hermannswerder, in Groß Glienicke, in der Dortustraße und am Standort des früheren Flüchtlingsheims im Lerchensteig geplant. In der Stadtverordnetenversammlung am kommenden Mittwoch will die Sozialbeigeordnete nun weitere Standorte im gesamten Stadtgebiet vorstellen, kündigte sie an.

Sie verteidigte sich zugleich gegen Kritik an der Reaktivierung des Lerchensteig-Standortes von Seiten der linksalternativen Die Andere. Die Fraktion will den Lerchensteig mit einem Antrag im Stadtparlament wieder von der Liste der Flüchtlingsunterkünfte nehmen lassen und beruft sich dafür auf das 2008 beschlossene Integrationskonzept der Stadt. In diesem Papier ist eine dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge in Wohnungen in verschiedenen Stadtteilen als Ziel vorgesehen.

„Wir müssen das Integrationskonzept im Moment ein Stück weit aussetzen“, räumte Müller-Preinesberger ein. Sie halte den Lerchensteig – auch wenn es mittlerweile eine bessere Busanbindung dorthin gebe – nicht für optimal, aber es gebe keine Alternativen. Das Land könne die Stadt jederzeit zur Aufnahme der 200 Flüchtlinge aus dem überfüllten Lager in Eisenhüttenstadt anweisen – die müssten dann im Notfall in Zelten oder Turnhallen untergebracht werden. Lutz Boede, Die-Andere-Fraktionsgeschäftsführer, warf der Sozialbeigeordneten daraufhin Populismus vor: Das Land könne keine Zeltunterbringung erzwingen, die Flüchtlinge könnten stattdessen beispielsweise auf Kosten der Stadt in ungenutzten Hotelzimmern wohnen. Müller-Preinesberger wies den Vorwurf zurück.

Die Unterbringung in Stadtrandlage mache es für die Flüchtlinge schwieriger, mit Potsdamern in Kontakt zu kommen, gab Diana González Olivo, die Vorsitzende des Migrantenbeirats, zu bedenken. Die Stadt müsse sich für mehr Möglichkeiten zur Begegnung von Potsdamern und Flüchtlingen einsetzen – denn das sei Voraussetzung für ein tolerantes Miteinander. Jana Haase

Zur Startseite