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Schattendasein. Praktisch seit der Wende steht der Wohnblock Am Alten Markt 10 zur Disposition. Einander widersprechende Beschlüsse der Stadtverordneten haben die Emotionen nun erneut hochkochen lassen.

© Andreas Klaer

Stadtentwicklung: Kämpfe um den Staudenhof

Potsdams Baubeigeordneter Matthias Klipp (Grüne) kritisiert in der Dauerdebatte um den DDR-Bau inmitten Potsdams seine eigene Fraktion und bekam die Wut der Bewohner zu spüren.

Innenstadt - Der unerwartete Vorstoß der Rathauskooperation, den Staudenhof-Wohnblock in zehn Jahren abzureißen, sorgt innerhalb und außerhalb des Bündnisses aus SPD, CDU/ANW, FDP und Bündnisgrünen für Wirbel. Baudezernent Matthias Klipp (Bündnisgrüne) kritisierte den Vorschlag auf einer Versammlung zum Bürgerhaushalt am Donnerstagabend als „Schwachsinnsantrag“ und rügte seine eigene Partei. Er werde sich dafür einsetzen, dass dieser Antrag nicht unterschrieben werde. Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg sagte den PNN am Freitag, er sei „entsetzt“. Zugleich forderte er die Rathauskooperation auf, die Abriss-Vorlage zurückzuziehen.

Wie berichtet legt das Bündnis in der Stadtverordnetenversammlung am Mittwoch einen Antrag vor, der dem DDR-Plattenbau Am Alten Markt 10 eine Gnadenfrist von zehn Jahren einräumt. Danach soll die Abrissbirne ihr Werk verrichten. Für die 180 Wohnungen soll möglichst am gleichen Standort Ersatz geschaffen werden. Die Miete darf dann dort nicht höher sein, als sie bei den Staudenhof-Wohnungen nach einer Sanierung wäre.

Mit dem Beschlussantrag vollzieht die Rathauskooperation eine Kehrtwende. Erst Ende Dezember hatten – bis auf die Grünen – fast alle Stadtverordneten für einen Antrag der Linken gestimmt, wonach eine Machbarkeitsstudie mit dem Ziel in Auftrag gegeben werden sollte, eine „Einpassung“ des Wohnblocks in den Wiederaufbau der historischen Mitte zu prüfen. Die unerwartete Zustimmung aus dem bürgerlichen Lager galt als Deal, um sich die Stimmen der Linken für die Grundstücksverkäufe an der Alten Fahrt zu sichern. Sie waren nötig, weil die Grünen die bürgerliche Mehrheit gefährdet hatten. Die Fraktion unter ihrer Chefin Saskia Hüneke hatte damit gedroht, den Verkauf des Grundstücks Humboldtstraße 1 und 2 an Kondor-Wessels abzulehnen, um Nachbesserungen am Architekturentwurf durchzusetzen. Dass es einen Deal gab, hatten alle Beteiligten jedoch stets zurückgewiesen.

Die Wut der Bewohner über die Pläne zum Staudenhof-Abriss bekam am Donnerstag allerdings Klipp zu spüren. „Das ist ein abgekartetes Spiel“, ereiferte sich Gabriele Ritter. „Die Menschen werden verscheißert und Entscheidungen auf Lug und Trug aufgebaut.“ Die erregte Bürgerin erhielt – wenn auch gemäßigter – Schützenhilfe von anderen Besuchern der Veranstaltung. Die Stadtverwaltung und die Fraktionen verlieren durch einen solchen Zickzack-Kurs stark an Glaubwürdigkeit, war der Grundtenor.

Klipp, der selbst gern austeilt, nahm die eiskalte Dusche relativ gelassen hin. Er nannte die Worte der Potsdamerin zwar „starken Tobak“, setzte sich aber noch am gleichen Abend auf einer Mitgliederversammlung der Grünen dafür ein, das Resultat der Machbarkeitsstudie abzuwarten. Ein Umdenken habe Klipp allerdings nicht erreicht, sagte der Grünen-Stadtverordnete Andreas Menzel den PNN. Das Thema wurde auf die Fraktionssitzung am Dienstag nach Pfingsten vertagt.

Scharfenberg kritisierte, die Rathauskooperation stelle mit ihrem Vorstoß den erst Ende 2011 gefassten Beschluss des Stadtparlaments zur Prüfung eines Staudenhof-Erhalts „ohne Not und ohne ersichtlichen Grund“ auf den Kopf. „Das finde ich verantwortungslos“, so Scharfenberg. Der Antrag betreffe zudem das Vermögen der städtischen Wohnungsgesellschaft Pro Potsdam, die gezwungen werde, auf die 182 Wohnungen im Staudenhof „faktisch zu verzichten“. Linke- Kreischef Sascha Krämer hält demgegenüber eine Frist von zehn Jahren für den Staudenhof für „angemessen“.

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