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Nach 20 Jahren hört Horst Müller-Zinsius jetzt bei der Pro Potsdam auf.

© Andreas Klaer

Pro Potsdam-Chef verabschiedet sich: Sein Vermächtnis

Nach fast 20 Jahren geht Pro-Potsdam-Chef Horst Müller-Zinsius in den Ruhestand. Zum Ende wurde er sogar etwas pathetisch.

Von Katharina Wiechers

Potsdam - Es war wahrscheinlich als Zeichen der Bescheidenheit gedacht, die Gäste nicht zum Empfang einzuladen. Stattdessen wurde für Dienstagnachmittag eine Ausstellungseröffnung angekündigt, eine Werkschau über die Arbeit der städtischen Bauholding Pro Potsdam in den Räumen derselben. Erst auf den zweiten Blick stellte sich heraus, dass die Veranstaltung vor allem eines war: die Verabschiedung des langjährigen Pro-Potsdam-Chefs Horst Müller-Zinsius. Und die Werkschau quasi sein Vermächtnis.

Tatsächlich hat Müller-Zinsius die Pro Potsdam geprägt wie kein anderer. Schon 1999 kam er als Geschäftsführer zum Vorgängerunternehmen Gewoba. Damals sei frischer Wind nötig gewesen, erinnerte sich Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), der zum Empfang gekommen und im gut gefüllten Foyer der Pro Potsdam ans Mikrofon getreten war.

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Jakobs: Müller-Zinsius habe sich für den Gewoba-Bestand eingesetzt

Von einer wachsenden Stadt war Potsdam damals weit entfernt: „Wir hatten damals einen Leerstand von elf oder zwölf Prozent, das war alles andere als eine zukunftsträchtige Situation“, erinnerte sich Jakobs. Dennoch habe Müller-Zinsius damals dafür gekämpft, die Veräußerung des Gewoba-Bestandes zu verhindern – glücklicherweise, wie sich später zeigen sollte.

2006 ging die Gewoba im Unternehmensverbund Pro Potsdam auf, zu dem bis heute unter anderem der Entwicklungsträger Bornstedter Feld, die Polo GmbH oder der Volkspark gehören. Müller-Zinsius blieb Chef – und wurde über die Jahre quasi zum Konterpart von Jakobs. Beide erinnerten am Dienstag an die Verteilungskämpfe, die ausbrachen, als 2009 sozusagen die Wende kam. Potsdam war jetzt ein beliebtes Pflaster, Wohnraum begehrt, erstmals erzielte die Pro Potsdam Gewinne. Die Stadt beziehungsweise der Stadtkämmerer Burkhard Exner (SPD) – auch er war am Dienstag unter den Gästen – war natürlich dafür, die Gewinne der Stadtkasse zukommen zu lassen, während die „Pro“ lieber in Neubauten investieren wollte. Am Ende habe man Exner „in die Suppe gespuckt“ und sich durchgesetzt, so Müller-Zinsius mit dem ihm eigenen Hang für mehr oder weniger liebevolle Seitenhiebe. „Darauf haben wir erstmal ein Bier getrunken.“ Was danach folgte, sei eine Erfolgsgeschichte, fügte Jakobs hinzu. Über 1000 Wohnungen habe die Pro Potsdam mittlerweile gebaut, eine „erstaunliche Leistung“.

1999 war Zinsius nach Potsdam gekommen

Müller-Zinsius wurde 1951 in der Nähe von Mainz geboren – bis heute ist sein pfälzischer Dialekt unverkennbar. In der Heimat studierte er Architektur, arbeitete später im Hochbauamt von Wiesbaden und anschließend in den Bauabteilungen zweier Lebensversicherungen und in der Geschäftsführung einer Immobiliengesellschaft. 1992 wurde er Geschäftsführer einer Wohnungsbaugesellschaft im Berliner Stadtteil Lichtenberg – bis er sieben Jahre später nach Potsdam kam.

Damals saß die Pro Potsdam noch in der Alleestraße – verteilt auf mehrere in die Jahre gekommene Gebäude auf dem Grundstück. „Wenn es geregnet hat, haben sich die Mitarbeiter Faxe geschickt, weil sie nicht nass werden wollten“, so Müller-Zinsius. Später folgte der Umzug in den Neubau in der Pappelallee. Dort wird er nun noch bis Ende des Jahres wirken, dann gibt er endgültig an seine Nachfolger Jörn-Michael Westphal und Bert Nicke ab – schon jetzt beide Mit-Geschäftsführer.

Die beiden Mit-Geschäftsführer moderierten den Abschieds-Empfang

Sie waren es auch, die den Abschieds-Empfang für Müller-Zinsius am Dienstag moderierten – fast wie große Schuljungen standen sie neben ihrem körperlich deutlich kleineren Chef und Mentor. „Ohne dich hätten wir es nie so weit gebracht“, sagte ein sichtlich berührter Bert Nicke. Und auch Müller-Zinsius hatte neben einigen Frotzeleien durchaus auch warme Worte für seine Zöglinge übrig. „Wir drei hatten in all den Jahren nie ernsthaft Streit“, sagte er.

Streit gab es dafür an anderen Fronten. Zuletzt etwa um den Abriss des einstigen Terrassenrestaurants „Minsk“, den Müller-Zinsius trotz heftigen Gegenwinds immer noch befürwortet, oder um die Verlängerung des Pachtvertrags für das alternative Freiland-Jugendzentrum, wo er auf stur stellte. Doch er trat auch als Schlichter auf und sorgte nach einer neuerlichen Affäre bei den Stadtwerken dort als Geschäftsführer für Ruhe – auch dieses Amt gibt er nun ab.

Manchmal musste Jakobs Müller-Zinsius zu Terminen überreden

Was Müller-Zinsius, Vater von drei Kindern, in der Rente machen wird, verriet er nicht. Er hoffe aber, noch ab und zu an seinem alten Arbeitsplatz vorbeikommen zu dürfen, sagte er. Kaum fehlen werden ihm wahrscheinlich die unzähligen Grundsteinlegungen und Richtfeste, die er in den vergangenen Jahren bestritten hat – und zu denen ihn Jakobs zuweilen auch überreden musste, wie der Rathauschef verriet.

Es habe auch Kontroversen zwischen ihm und Müller-Zinsius gegeben, sagte Jakobs noch. Aber „immer im fairen Rahmen“. Und sogar der Geehrte selbst legte die Ironie für einen Moment ab und wurde sogar etwas pathetisch. „Es war mir eine Ehre, für Potsdam gearbeitet zu haben“, sagte er. Mit brüchiger Stimme.

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