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Ehrenamt als Teilzeitjob. Grit Schkölziger engagiert sich seit gut zehn Jahren als Elternvertreterin in diversen ehrenamtlichen Gremien. Nun will sie sich als frisch gewählte Stadtverordnete für eine bessere Bildung und Jugendarbeit stark machen.

© promo

Stadtentwicklung: Grit Schkölziger will Jugendlichen mehr Spielraum geben

Die Elternvertreterin Grit Schkölziger will nach zehn Jahren Basisarbeit nun richtig in die Politik. Als Stadtverordnete hat sie sich bereits einen Schwerpunkt gewählt.

Man muss das schon mögen: nachts in leeren Schulen sitzen und die Probleme anderer Leute wälzen, während vor der Tür die Reinigungskräfte den Feudel schwingen. Und sich die eigenen Kinder zu Hause bettfertig machen. Die gerade gewählte SPD-Stadtverordnete Grit Schkölziger hat sich vor gut zehn Jahren genau dafür entschieden und es nie bereut. „Als die Frage im Raum stand, wer sich als Elternvertreter zur Verfügung stellt, wollte ich diese Chance auf Mitbestimmung nicht vorüberziehen lassen“, sagt die 43-Jährige. Damals war ihre Tochter in der ersten Klasse.

So schwingt sie sich nach gehabtem Vollzeit-Arbeitstag im Wahlkreisbüro der Bundestagsabgeordneten Manja Schüle eben ins Auto, in den Bus oder aufs Rad und tut, was zu tun ist. An einem Abend in diesem Jahr ist das etwa eine Weiterbildung für Elternvertreter im Auftrag des Lisum – des Landesinstituts für Schule und Medien. Der Titel: „Mitwirkung mit Wirkung“. Es soll darum gehen, was Eltern in den Gremien erreichen können, wie man sich einen Weg durch den Vorschriftendschungel bahnt, wer wofür zuständig ist. Vor Jahren habe das Lisum Referenten gesucht, sagt Grit Schkölziger. Neben der Ausbildung am Lisum habe ihr eine ehemalige Studienrätin das Wesentliche beigebracht. Lange machten die beiden diese Weiterbildungen gemeinsam. Doch nun ist die Pensionärin 84 Jahre alt und Schkölziger stemmt die vier Veranstaltungen im Jahr allein.

An diesem Abend geht es in die Grundschule in der Oskar-Meßter-Straße. Das Treppenhaus leuchtet grün, in der Luft vibriert Irish Folk: Die Linedance-Gruppe tanzt. Im Klassenzimmer auf der anderen Seite des Flures stellt die Referentin Blumen auf den Tisch, legt Schokoladenbonbons auf Servietten, hängt Lernplakate ans Whiteboard und Wegweiser in die Flure. Die Einladung zum Seminar sollte über alle Elternvertreter an alle Schulen Potsdams gehen – auch die privaten. Acht Elternvertreter haben sich angemeldet; fünf sind gekommen. Schkölziger nimmt das nicht übel. „Manchmal ist das eben so“, sagt die gelernte Hotelfachfrau. „Es gibt ja immer viele Gründe, warum man dann doch nicht kommen kann.“

Dass sie sich regelmäßig frei machen kann, obwohl sie, ebenso wie ihr Mann, Vollzeit arbeitet, hat auch viele Gründe. „Mein Mann zieht einfach total gut mit“, lobt sie. „Und dass ich Schichtarbeit gewöhnt bin, ist auch gut.“ Auch, dass die Familien um die Ecken wohnen. Denn neben der Tätigkeit am Lisum ist sie ja auch noch Elternvertreterin an der Schule ihrer Tochter, Kreiselternratsvertreterin für deren Schule, in dieser Funktion Stellvertretende Sprecherin des Potsdamer Kreiselternrats (KER) und Sprecherin des Kreisschulbeirates (KSB). Leicht addieren sich diese Ehrenämter zu einer mütterlichen Ochsentour mit geschätzten 40 Sitzungen pro Jahr zum Umfang eines Teilzeitjobs.

"Das Ganze im Blick haben"

Doch nun, da sie als Stadtverordnete in ein neues Ehrenamt gewählt ist, tritt sie für die beiden Ämter im KER und KSB nicht mehr an; ohnehin müssen die Positionen nach dem Ende der zweijährigen Legislatur neu besetzt werden. „Bisher ließen sich die beiden Rollen gut trennen“, sagt Schkölziger. Auch formal müsse man die Parteineutralität der Gremien strikt aufrechterhalten. „Weil man ja das Ganze im Blick haben muss und nicht nur die Elterninteressen.“ Die aber will sie bis dahin unbedingt noch gestärkt haben.

Alle sechs Wochen etwa treffen sich die Gremien KER und KSB an wechselnden Orten in der Stadt, meist in Schulen. Im KER sitzen die gewählten Vertreter der Schulen plus Stellvertreter und besprechen, wo es hakt. Dauerbrenner sind digitale Ausstattung, Schulwegsicherung, Inklusion, Sanierungsmaßnahmen, Schulsozialarbeit, Vertretungen. Oft sitzen die Vertreter der Stadt und des Schulamtes mit am Tisch und beantworten die Fragen, die KER-Sprecher Markus Kobler und seine Stellvertreterin Grit Schkölziger bereits im Vorfeld entgegengenommen und an die zuständigen Stellen weitergereicht haben, damit eine qualifizierte Antwort – und die Lösung des Problems – möglich ist. Auch an diesem Abend lobt Schkölziger: „Das brandenburgische Schulgesetz ist eines der besten in ganz Deutschland. Es erlaubt am meisten Mitbestimmung.“

„Mitbestimmung ist, was man daraus macht“

Mitunter kann man sogar sehen, wie es wirkt. Der wichtigste Erfolg in Schkölzigers Zeit im Kreiselternrat war die Einrichtung der Vertretungsreserve für Lehrer. Sie ermöglicht es den Potsdamer Schulen, mit überschaubarem bürokratischem Aufwand schnell Lehrer als Vertreter an die Schulen zu holen.

„Mitbestimmung ist, was man daraus macht“, sagt die Referentin jetzt. Geduldig erklärt sie die Bedeutung von Verwaltungsvorschriften, Auslegungsverordnungen und ministeriellen Rundschreiben. „Nicht immer sofort das Schulgesetz auf den Tisch legen, wenn man nicht einverstanden ist“, rät sie. „Bei Rückfragen im Schulamt nicht immer gleich sagen, um welche Schule es sich dreht – sie müssen trotzdem Auskunft erteilen.“ Manchmal, sagt sie mit unbewegtem Gesicht, rufe danach nämlich auch das Schulamt bei der Schule an, um zu fragen, was denn da los sei. Dann wird die Kooperation mit den Elternvertretern schon einmal schwierig. Die anderen in der Runde nicken: Das kennt man.

Doch nun will Grit Schkölziger mehr erreichen. Ihre Themen stehen fest: Die Digitalisierung an den Potsdamer Schulen will sie vorantreiben – aber auch einen Stadtteildialog einführen, in dem es um Jugendbegegnungsstätten im öffentlichen Raum geht. „Dafür gibt es hier gar keinen Platz“, hat sie festgestellt. Bei der Entwicklung neuer Wohnquartiere sei es üblich, Platz zum Spielen einzuplanen. Das müsse auch für die Jugendlichen möglich sein. „Nicht immer ist dann der Jugendclub erste Wahl. Es muss auch Räume geben, wo nicht ständig jemand drauf schaut, wo die Heranwachsenden selbst für die Einhaltung sich gegebener Regeln eintreten müssen. Nur so werden sie zu einem eigenen Raum.“ Und an der Entwicklung müssten sie beteiligt werden.

Seit neun Jahren Sozialdemokratin

Schkölziger selbst ist seit beinahe neun Jahren SPD-Mitglied, weil man „ihre“ Turnerhalle am Luftschiffhafen abreißen wollte, ohne über eine Sanierung auch nur nachzudenken. Sie traf auf einen offenen Ortsverein mit sehr heterogenen Mitgliedern, ließ sich anwerben, einbinden, machte mit. Bei der vorherigen Kommunalwahl trat sie schon einmal an und errang aus dem Stand 286 Stimmen.

Dass die SPD landesweit bei den jüngsten Wahlen so schlecht abgeschnitten hat, bedrückt sie natürlich. Doch im Grunde findet sie das, was die SPD in Brandenburg in den vergangenen Jahrzehnten erreicht habe, werde dieser Tage kleingeredet. „Die CDU hat in ihrem Regierungsprogramm 2019 bereits im Eingang einen Lobgesang auf die Entwicklung von Brandenburg angestimmt. So schlecht kann die Arbeit der SPD also nicht gewesen sein“, sagt sie und fügt hinzu: „Das gute Wahlergebnis der SPD zur Kommunalwahl spricht auch für uns.“ Ist deswegen alles im Lot? „Nein. Daran arbeiten wir aber.“

Stefanie Schuster

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