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Das Licht macht den Unterschied. Abendstimmung beim Festival „Stadt für eine Nacht“ in der Schiffbauergasse. Diese Stadt schläft nie. Für 24 Stunden kann man hier Potsdams geballte Kultur- und Wissenschaftsszene erleben, zusehen, mitmachen oder einfach am Seeufer chillen.

© Andreas Klaer

Stadt für eine Nacht: Erleuchtung durch die Milchglasscheibe

Die „Stadt für eine Nacht“ am kommenden Wochenende wird gut ausgeleuchtet. „Licht an!“ heißt das Motto des 24-Stunden-Festivals.

Es werde Licht: Beim diesjährigen Kulturspektakel „Stadt für eine Nacht“, das am Wochenende in der Schiffbauergasse stattfindet, geht es um Licht in all seinen Erscheinungsformen, als Gestaltungselement, Werkzeug oder Spielzeug. In ihrem 24-Stunden-Dasein bietet die temporäre Kunst-Stadt diverse Licht-Erfahrungen, sei es zum Anschauen, Eintauchen oder Mitmachen. „Licht an!“ heißt es Samstag um 14 Uhr, „Licht aus“ am Sonntag um 14 Uhr. Es ist das neunte Mal, dass im Kunst- und Kulturquartier Schiffbauergasse Potsdamer Veranstalter, Initiativen und Akteure aus den Bereichen Kultur, Kunst und Wissenschaft zusammenkommen und einen ganzen Tag und eine Nacht lang ihre Arbeit präsentieren. Die „Stadt für eine Nacht“ besteht aus temporären Buden und Ständen, dazu kommen die Häuser der Schiffbauergasse mit ihren Bühnen. Auch der Tiefe See und seine malerische Kulisse werden bespielt, es gibt eine schwimmende Bühne und schwimmende Kunst.

AUSSTELLUNGEN & KREATIVES

„Licht, Glas und Strahlen“ heißt das Thema einer Führung durch das Museum Fluxus+, die ein neues Sehen verspricht. Ganz wie der Kunstraum Waschhaus, wo Cécile Wesolowskis Ansichten gezeigt werden. Über dem See schwebt eine Lichtinstallation des Lichtkünstlers Rainer Gottemeier. Die interaktive Lichtskulptur „Vortex Lucis“ des Potsdamer Künstlerkollektivs Xenorama will Besucher in ein „Schwarzes Loch“ ziehen und verbildlicht dabei das Zusammenwirken von Licht und Schwarzen Löchern – von 14 bis 3 Uhr und 10 bis 14 Uhr in der Schinkelhalle. Dunkel ist es normalerweise im Bauch eines Schiffs – bei Lichte zu erleben während einer Führung ins Unterdeck des Theaterschiffs, um 15 und 18 Uhr. Bei der Kunstschule Potsdam kann man einen Raumkörper betreten, in dem mit Licht modelliert und porträtiert wird. Das Atelier Kunstgriff 23 ist mit einem Profilomat vor Ort: Hier kann jeder sein Schattenprofil auf eine Milchglasscheibe projizieren und dann malen lassen. Wie der Fotograf das Licht für seine spektakuläre Fotografie genutzt hat, zeigt die Ausstellung „Zeitmaschine“ des Potsdam Museums, eine foto-ästhetische Reise in die Vergangenheit.

THEATER & LESUNGEN

Das Hans Otto Theater zeigt Kostproben seiner Produktionen: um 22 Uhr aus „Good People“ und um 21 Uhr aus dem erfolgreichen Stück über Rio Reiser, um 15 Uhr das Shakespeare-Stück „Der Sturm“. Außerdem wird vorgelesen: darunter Märchenhaftes wie „Arielle, die Meerjungfrau“, „Der kleine Prinz“, „Tristan und Isolde“ und Julia Schochs „Schöne Seelen und Komplizen“.

BESONDERE LICHTBLICKE

Dass man Gesang in Licht verwandeln kann und sich mit Hilfe des Gehörs Bewegungen erahnen lassen, kann man in der fabrik erfahren und ausprobieren. „L‘Aveuglement (Blinding)“ heißt das Angebot von 15 bis 18 und 20 bis 22 Uhr. Geheimnisvoll klingt die Station „Kapelle der Erleuchtung“ von den Künstlern des Rechenzentrums. Die sogenannte Art-Church verspricht Las-Vegas-Feeling, ein Ort, an dem sich jeder mit jedem „Kraft der Liebe und Kunst vermählen“ lassen kann. Als Kulisse dient eine Kassettenwand mit hörbarer Kunst aus dem Rechenzentrum. Wo Licht ist, ist auch Schatten: auszuprobieren im Schattenkabinett von Cultura e.V. Schwielowsee. Und wie Licht zur Energiequelle wird und an der inneren Uhr dreht, wird am Stand der Biosphäre erklärt. Das Naturkundemuseum erklärt, warum Glühwürmchen leuchten. Um zu viel Licht geht es beim Verein Pro Wissen: Droht ein „Verlust der Nacht?“, heißt die These, die hier gestellt wird. Es geht um die große Frage, woher die Lichtverschmutzung kommt und welche Folgen diese für Mensch und Natur hat. Und es geht um kleine Dinge, die man selber dagegen tun kann – zum Beispiel das Nachtlicht im Kinderzimmer mit einer selbstgebastelten Alternative ersetzen.

MUSIK

Selber machen ist angesagt und Potsdam zeigt seine Chöre: Im Waschhaus gibt es ab 15 Uhr „Heimatsounds“, Lieder aus den Heimaten der verschiedensten Potsdamer, und ab 16 Uhr Pop und Rock vom Generationenchor Potsdam. Ab 18 Uhr gibt es richtig was auf die Ohren beim Drum-Club im Kesselhaus, wo das Publikum unter professioneller Anleitung Schlagzeug spielt. Wer anschließend noch nicht taub ist, tanzt draußen im Kulturgarten zur Silent Disco von Mitternacht bis 6 Uhr früh zur Musik aus Kopfhörern – ein skurriler Anblick für alle Unbeteiligten. Außerdem im Waschhaus: Jazz von Komfortrauschen und Songwriter Helmut, die Bands Mojo Islands und Treptow und Indiepop von Some Sprouts. In der fabrik gibt es Folklore und Jazz vom Contras Trio, ab Mitternacht Beats und Ambient House im fabrik-Garten. Im Hans Otto Theater ist die Berlin Oriental Group mit dem Geiger Aletchko zu erleben – arabisch-orientalisch und vor allem mitreißend.

MITMACHEN

Das Publikum bekommt eine ganz eigene Bühne, ein Ponton am Seeufer. Hier kann jedermann seine Talente zeigen, tanzen, dichten und singen. Das Wasser wird ans Land geholt: Beim Wasserspielmobil auf der Wiese zwischen fabrik und Theater. Wer es koordinierter mag: In der fabrik werden Schnupper-Tanzkurse angeboten. Afro- und Street-Dance, Jazz, Modern, Kindertanz, für Eltern und Babys oder Generation 55plus. Am schönen Seeufer wird Sonntag von 12 bis 14 Uhr Tango zelebriert. Ein Stückchen „Stadt für eine Nacht“ zum Mitnehmen kann man im Museum Fluxus+ basteln: kreative Windlichter, damit man auch zu Hause „Licht an!“ machen kann.

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Von Samstag, 30. Juni, 14 Uhr, bis Sonntag, 1. Juli, 14 Uhr, in der Schiffbauergasse, der Eintritt ist frei. Programm auf www.stadtfuereinenacht.de

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