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Fleißige Handwerker. Noch stehen nicht alle Gebäude in der Stadt der Kinder, es wird fleißig gebaut. Am Freitag wird der kleinen Ortschaft offiziell das Stadtrecht verliehen.

© Andreas Klaer

Stadt der Kinder: Angriff aus der Räuberhöhle erwartet

Im Nuthewäldchen Am Schlaatz startete gestern die „Stadt der Kinder“. Bis Ende der Woche sollen ein Spielzeugladen, ein Zirkus und ein Bahnhof gebaut werden.

Vorne am Nuthewäldchen stehen zahlreiche Kinder Schlange, um die vielen Balken und Paletten abzuholen, mit denen sie bald anfangen werden, zu bauen. Auf dem Gelände hat sich schon ein richtiger Stau gebildet. Überall wirbelt der Staub unter den kleinen Füßen auf. „Bahn frei!“, ruft ein Junge, der von hinten vorbei will. Er ist bereits fleißig dabei, einen der schweren Holzbalken in das Wäldchen hinein zu tragen.

Am Montag fiel am Schlaatz der Startschuss für die 13. „Stadt der Kinder“. Gleich am ersten Tag waren rund 165 Kinder vor Ort und halfen, Balken, Holzpaletten und Bretter auf das Gelände zu bringen, aus denen sie gemeinsam mit 60 ehrenamtlichen Helfern eine eigene kleine Stadt bauen werden. Natürlich wird es auch in diesem Jahr wieder ein echtes Rathaus geben. „Das haben die Kinder dieses Mal sogar von sich aus entschieden“, erzählt Claudia Fischer, Geschäftsführerin des Trägervereins Kubus. Denn das Rathaus zählt nicht unbedingt zu den liebsten Gebäuden, gehört aber zu einer echten Stadt einfach dazu. Auch einen Stadtrat und einen Bürgermeister wählen die Kinder. Und wie es zur Tradition gehört, wird der Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) am Freitag um 14.30 Uhr das Stadtrecht verleihen. Bis dahin haben die Kinder, die alle zwischen sechs und zwölf Jahre alt sind, noch einiges zu tun. 13 Gebäude sollen bis Ende der Woche stehen. Neben einer Polizei und einer Räuberhöhle, die beide fast jedes Jahr gebaut werden, soll dieses Mal zum Beispiel auch ein Spielzeugladen, eine Bank, ein Zirkus und ein Bahnhof im Wäldchen entstehen.

Während viele Kinder noch Materialien tragen oder ungeduldig darauf warten, dass es mit dem Bauen losgeht, ist der elfjährige Louis schon ganz in seinem Element. „Die Sicherheit der Bank liegt in meinen Händen und die Sicherheit des Geldes“, erzählt er und zeigt dabei eine Karte hoch, die ihn als Bankdirektor ausweist. Louis ist das erste Mal bei der „Stadt der Kinder“. „Ich hoffe, das unsere Bank erfolgreich wird und sie bis Mittwoch fertig gebaut haben.“ In der Bank wird es Spielgeld geben, das die Kinder in der Stadt für Essen, Getränke und andere Dinge ausgeben können. Louis und seine Gruppe planen sogar, einen Tresor zu bauen, um das Geld zu beschützen. Sie rechnen nämlich damit, dass die Kinder aus der Räuberhöhle einen Überfall planen könnten. „Hundertpro werden die angreifen“, glaubt Louis. Vielleicht wird seine Gruppe noch Wachschutz von der Polizei beordern, die gerade gleich gegenüber von der Bank gebaut wird.

Die erste Ausgabe der Stadteigenen Zeitung „Tageblatt“ ist schon frisch aus dem Druck. „Im Hauptartikel steht, wie es heute losging und was wir heute alles so machen“, erzählt die zwölfjährige Reporterin Lena. Außerdem gibt es ein Kreuzworträtsel und das Rätsel des Tages. Lena ist zum zweiten Mal bei der „Stadt der Kinder“ dabei. „Ich finde es sehr, sehr cool. Wir können unsere Kreativität rauslassen und nach unserem eigenen Stil bauen. Am Ende gibt es eine ganze Stadt.“ Sie wird beim Hotel helfen. Das Team plant eine Bar mit Tresen. Außerdem soll es eine Vorderterrasse mit Stühlen geben. „In dem Hotel kann man außerdem auch schlafen“, sagt Lena.

Am Familienzentrum Bisamkiez, einer der Kooperationspartner, wird schon fleißig am Morgen das Mittagessen für die Kinderschar vorbereitet. Riesige Nudelpackungen liegen bereit und die Tomatensauce wird in einen großen Topf gekippt.

„Die Kinder können hier dann in Ruhe essen und sich ausruhen“, sagt Andrea Schneider, Sozialpädagogin und in diesem Jahr die Koordinatorin der „Stadt der Kinder“. Das Essen ist, wie das ganze zweiwöchige Projekt, kostenlos. Das gelingt jedes Jahr nur dank der vielen Spender, Unterstützer, Kooperationspartner und freiwilligen Helfer. Auch in diesem Jahr unterstützt zum Beispiel das Unternehmen Brun & Böhm das Projekt mit den Baumaterialien. Und die Band „Echte Ärzte“ hat ihre Einnahmen von 1800 Euro von einem Benefizkonzert im Lindenpark an das Projekt gespendet. Von den 60 freiwilligen Helfern vor Ort würden viele bereits seit Jahren mitmachen und hätten sogar selbst als Kinder mitgewerkelt, erzählt Schneider, die selbst vor zehn Jahren als Ehrenamtliche dazugekommen ist. Lange dabei ist auch der 21-jährige Kevin Heyl, der als Sanitäter bei „Stadt der Kinder“ aufpasst. „Ich habe schon vor 13 Jahren als Kind mitgemacht.“ Als Acht-, Neunjähriger habe er an Schlössern und Räuberhöhlen mitgebaut. „Alles, was abenteuerlich war“, sagt er. Seit er 13 Jahre alt ist, hilft er ehrenamtlich mit. In den vergangenen Jahren hat er sich dafür jedes Jahr Urlaub genommen. Mittlerweile wohnt er in Hessen. Trotzdem ist er wieder mit dabei. „Es ist einfach ein Herzensprojekt. Es ist so schön, mit Kindern aus Potsdam und Berlin, die alle so unterschiedliche Charaktere sind, zusammenzuarbeiten. Alle packen hier mit an.“

Das Projekt „Stadt der Kinder“, das schon mehrfach ausgezeichnet wurde, sei eine echte Instanz geworden, sagt Schneider. Selbst mitten im Winter bei Schnee hätten sie schon Kinder angesprochen, wann es denn wieder losgehen wird. „Das ist hier alles sehr integrativ angelegt. Die Kinder kommen aus ganz unterschiedlichen Nationen. Wie auch wir Helfer“, erklärt Martina Wilczynski, Leiterin des Schlaatzer Bürgerclubs, die vor allem die Öffentlichkeitsarbeit während „Stadt der Kinder“ übernimmt und sich um die Facebook-Seite kümmert. „Es kommen zum Beispiel Kinder aus Babelsberg, die noch nie den Schlaatz besucht haben und lernen den Stadtteil von einer ganz anderen Seite kennen, als sie vermutet haben.“

Sarah Stoffers

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