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Sprengmeister Schwitzke: "Angst habe ich nicht, Respekt ja"

Immer wenn in Potsdam und Umgebung Weltkriegsmunition gefunden wird, muss Mike Schwitzke ausrücken. Der Sprengmeister bewahrt dabei kühlen Kopf.

Potsdam - Gottesfürchtig oder stark abergläubisch ist Sprengmeister Mike Schwitzke nicht. Dennoch hängt in seinem Büro eine Statue der Heiligen Barbara an der Wand. "Sie ist die Schutzpatronin der Feuerwerker. Ein bisschen Beistand von oben kann nie schaden", sagt der 44-Jährige. Denn immer wenn in Potsdam und Umgebung Weltkriegsmunition gefunden wird, klingelt sein Telefon und er muss raus - zum Entschärfen oder Einsammeln. "Ich bin fachtechnische Aufsichtsperson in der Kampfmittelbeseitigung. Im Volksmund wird mein Job Feuerwerker oder Sprengmeister genannt", erklärt Schwitzke.

Seit mittlerweile sechs Jahren ist er beim Kampfmittelbeseitigungsdienst (KMBD). Er hat bereits 60 Großbomben unschädlich gemacht. "Die anderen haben ich nie wirklich gezählt", sagt der Vater von vier Kindern. Zuvor hat der gelernte Schlosser bei der Bundeswehr Rekruten ausgebildet. Schon damals hat der gebürtige Sachse den militärischen Nachwuchs im Umgang mit Munition und Kampfmittelbeseitigung geschult.

Ein Praktikum begeisterte ihn für den Beruf Sprengmeister

Zuletzt war er in Brandenburg stationiert, hat hier seine Frau kennengelernt und im Jahr 2007 geheiratet. Nach seiner Dienstzeit ist er beim Bund in Ludwigsfelde geblieben. "Über das Berufsförderwerk der Bundeswehr habe ich beim KMBD ein Praktikum gemacht, Lehrgänge besucht und bin später als Hilfstruppführer eingestellt worden." Als zweiter Mann ging er dem damaligen Potsdamer Sprengmeister Manuel Kunzendorf zur Hand. Nachdem dieser 2011 bei einem Zwischenfall schwer verletzt wurde, hat Schwitzke dessen Posten übernommen.

"Angst habe ich nicht, Respekt schon", erklärt der Experte mit dem einprägsamen Namen ruhig. Beim KMBD gebe es keinen Platz für Draufgänger oder Hasardeure. "Ich habe alles meiner Frau erklärt und sie hat meinen Job akzeptiert. Sie weiß, dass ich mir Mühe gebe und nicht larifari arbeite." Außerdem gebe es beim KMBD zwei Grundsätze: Eine Sprengung ist einer Entschärfung vorzuziehen. Eine Fernentschärfung geht vor eine Handentschärfung. Wenn Schwitzke sich dann doch dafür entscheidet, per Hand zu entschärfen, muss er vorher immer das Innenministerium einschalten. Erst wenn dort die Experten grünes Licht gegeben haben, kann er zur Tat schreiten.

Routine ist tödlich

"Routine gibt es bei uns nicht, die ist tödlich", sagt Schwitzke. Er arbeite nicht mit Lagermunition, die stets den gleichen Bedingungen ausgesetzt ist. "Wir haben nasse Böden oder trockenen Untergrund, so dass der Zersetzungszustand immer ein anderer ist." Am Fundort habe er stets einen zweiten Kollegen mit der gleichen Qualifikation dabei, den er um Rat bittet. "Natürlich habe ich mir vorher einen Überblick verschafft. Ich sage ihm aber nicht, was ich mir denke. So bin ich immer abgesichert."

Größten Respekt hat Schwitzke vor kleiner Infanteriemunition. "Hiermit passiert deutschlandweit am meisten, weil diese einfach unberechenbar ist." Vor kurzem wurde er ins Havelland gerufen. Ein 30-jähriger Mann wurde in seiner Werkstatt schwer verletzt, als er eine Granate für seine Sammlung aufarbeiten wollte. "Für so etwas habe ich kein Verständnis. Ich kann nur sagen: Finger weg von Munition." (dpa)

Georg-Stefan Russew

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