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Jörg Menge, Jahrgang 1960, wollte eigentlich an die Ostsee, blieb aber in Falkensee "hängen", wie er sagt.

© Andreas Klaer

Spiel mit Gegensätzen: „Vielen sind meine Bilder zu laut“

Der Falkenseer Maler Jörg Menge mag Verfremdung. Zu sehen sind seine Bilder jetzt auf der Landesgartenschau in Beelitz.

Beelitz - Eigentlich ist Jörg Menge nicht politisch. Doch im zweiten Lockdown musste er sich dann doch einmal positionieren. Man zwang ihn quasi dazu. Als die Querdenker, die sich bei ihren Protestgängen lauthals in seinem Heimatort Falkensee (Havelland) Luft verschafften, und dabei „so grimmig“ schauten, da wurde er, malte er, politisch.

Ein Exemplar der zweiteiligen Bilderserie „Tag der Narren“ des Malers Jörg Menge hängt seit vergangenem Samstag in der Remise neben der Mühle auf dem Gelände der Landesgartenschau (Laga) in Beelitz. Sechs seiner teils figürlich, teils abstrakten, teils sehr genau gezeichneten Werke werden hier zwei Wochen lang zu sehen sein. Gemeinsam mit dem 31-jährigen Künstler Anand Lemmens teilt sich der 61-Jährige einen weiteren der drei Räume der Remise am Rande der Laga, in der während der weitläufigen Ausstellung zum Gartenbau wechselnde Künstlerinnen und Künstler ihre Werke zeigen. Auf Menge und Lemmens folgen danach Birgit Cauer und Frederik Poppe. Im Anschluss an die Laga soll die Remise als Sommer-Galerie erhalten bleiben.

Menges Werke können auch ganz ruhig werden

Menge will die Räumlichkeiten des historischen zweigeschossigen Wirtschaftsgebäudes mit seiner Kunst nicht überladen. An den alten Backsteinwänden hat sein mit Öl auf Leinwand gemalter Harlekin mit dem grimmigen Gesicht und seinen schreienden Freunden genug Luft, um laut zu werden. „Vielen sind meine Bilder zu laut“, sagt der Maler. Obwohl er weiß, dass seine Werke – je nach dem, in welchem Raum sie hängen – mitunter auch ganz ruhig werden können. In privaten Räumen, über dem Sofa oder im Flur „gucken die sich dann weg“, sagt er.

© Andreas Klaer

Eigentlich wollte Menge, 1960 in Leipzig geboren und in den 1980er Jahren Student an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee, an die Ostsee ziehen. Aber dann blieb er in Falkensee (Havelland) hängen. Es sei ein guter Ort, nicht all zu weit weg von Berlin und Potsdam, seinen „Hauptbewegungsarealen“, Orten, an denen er sich reiben könne. Denn „von zu viel Landleben werde ich rammdösig“, sagt der Maler.

Das zweite Bild der Narren-Serie hängt in Potsdam

Sein Schaufenster, oder wie Menge sagt: „seinen Fuß in Potsdam“, hat er in der Galerie am Jägertor. Dort hängt das zweite Bild der Narren-Serie. Die Leute blieben stehen und staunten über den Narr mit der Trommel, sagt Menge. Das möchte er mit seinen Bildern bewirken: staunen lassen. Die Figuren auf seinen Werken sind teils deformiert, verfremdet. So zeigt sich auf dem Gemälde „Badende“ eine ins Wasser springende Frau mit violetter Haut. Das könne Malerei eben, sagt Menge: verfremden. Bei der Badenden habe er sich gedacht: „Wenn da einer ins Wasser springt, den hältst du jetzt an“. So hat er die Violette eingefangen, im Sprung – bevor sie ins Wasser taucht. „Du hältst die Bewegung an, aber sie bewegt sich dennoch.“

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Menge spielt auf seinen Bildern mit Gegensätzen. Sein „Jongleur“ zeigt weibliche Rundungen vor eckigen Häusern. Überhaupt zeigen seine Bilder immer wieder weibliche Körper. Sie stehen für den Maler für Sinnlichkeit, Verletzlichkeit, seien aber „nicht mehr als entfernt erotisch“. Menge hat sein Studium in Weißensee 1988 abgeschlossen. Das Figuren- und das Aktzeichnen seien damals die hohe Kunst in seinem Studium gewesen. „Das ist eine Qualität, die verschenke ich nicht.“

Konstruktive Gegensätze

Gegensätze, sagt Menge, seien konstruktiv. Und dann wird der Mann mit den hellen Augen, der einem schnell das Du anbietet, doch wieder politisch. Heutzutage habe sich nur der Umgang miteinander geändert. „Ich find’s blöde, wenn sich die Menschen auf den Kopf hauen und sich einander nicht mehr zuhören.“

Gegensätzlich ist auch das Konzept des Ausstellerpaares, erklärt José Nuevo, Bildhauer und Kunstbeauftragter der Stadt Beelitz. Menge und Lemmens, ein Älterer und ein Jüngerer, einer erfahren, der andere weniger erfahren. Die Kontraste, die sich auch in der Kunst der beiden Maler zeigen, sollen konfrontieren, sagt Nuevo. Menges Bilder sind formal-figurativ, Lemmens’ Werke abstrakt. Im mittleren Raum der Remise, in der einst die Kutschpferde tranken, werden sich die beiden Künstler treffen.

Anand Lemmens, geboren und aufgewachsen in einer Künstlerfamilie, lebt im märkischen Lindow. Er nutzt Lack für seine Bilder. Lange Zeit hatte er Graffitis gesprüht. Den Inhalt aus der Dose bringt der 31-Jährige jetzt mit Pinsel, Lappen oder mit den Händen auf gepresste Schaumstoff- und Blechplatten. Er zeigt abstrakte Landschaften, inspiriert von der Brandenburger Natur. Auf seinen Werken wie „Im Luch“ verstecken sich mitunter kleine Phantasiegestalten. Ein Frosch, eine Fee? Es ist der Betrachterin überlassen. „Was sehen Sie?“, fragt er.

Menges Figuren sollen im mittleren Raum der Remise neben Lemmens Lack- Bildern hängen. „Sollen wir direkt wechseln? Oder eine Wand ich, eine Wand du?“, fragt Lemmens seinen Kollegen. Am Freitag vor der Ausstellungseröffnung sind sich die beiden noch uneins. Einig sind sie aber darüber, dass ihnen die Kunst des jeweils anderen gefällt – und dass sie sich gut ergänzen.

Bis 1. September zu sehen in der Beelitzer Remise der Wassermühle, geöffnet im Rahmen der Landesgartenschau täglich von 9.30 Uhr bis 16 Uhr

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