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Sozialer Wohnungsbau in Potsdam: OB-Kandidaten wollen soziale Spaltung bremsen

Wie OB-Kandidaten gegen die soziale Spaltung in Potsdam vorgehen wollen – und was das Rathaus dazu sagt.

Potsdam - Verdichten oder Aufstocken, mehr Sozialwohnungen oder generell mehr bauen: Die Potsdamer Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl haben unterschiedliche Ansätze, wie sie gegen die soziale Spaltung in der Stadt vorgehen wollen. Dass das nötig ist, darin sind sie sich einig. Wie berichtet kommt eine neue Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung zu dem Schluss, dass nur in fünf anderen Städten Deutschlands die räumliche Abgrenzung von Arm und Reich noch stärker ist als in Potsdam. Die fehlende Durchmischung birgt Risiken: eine zunehmende politische Polarisierung oder die Entfremdung der sozialen Gruppen.

Die PNN haben alle Kandidaten, die bei der Oberbürgermeisterwahl im September antreten, um eine Stellungnahme gebeten. Mit Ausnahme des AfD-Kandidaten Dennis Hohloch haben alle reagiert, Linke-Kandidatin Martina Trauth war der Anfrage durch eine Pressemitteilung zuvorgekommen. Keiner der Kandidaten zeigte sich vom Ergebnis der Studie überrascht. So schreibt Janny Armbruster (Grüne), Potsdam kenne durchaus „abgehängte Quartiere“, etwa den Schlaatz. Für Lutz Boede (Die Andere) verbreiten die Uferbereiche der Berliner Vorstadt „inzwischen das Flair einer gesellschaftlich abgeschotteten Oberschicht“.

Armbruster: Bisher wurde wenig gegen die soziale Verdrängung unternommen

Einen Teil der Verantwortung für die Spaltung schreiben einige der Stadtpolitik zu. Armbruster zufolge ist politisch zu wenig gegen die soziale Verdrängung unternommen worden. Auch Goetz Friederich (CDU) kritisiert, die Stadtpolitik habe durch eine Laissez-faire-Politik nicht langfristig genug gedacht. Boede geht noch weiter: „Die soziale Entmischung der Quartiere wird durch die städtische Politik forciert.“ Auch aus den Sozialverbänden kommt Kritik. So sagt der Chef der Volkssolidarität Brandenburg, Bernd Niederland, die Segregation sei „Folge einer fehlgeleiteten Wohnungsbaupolitik“. Die Stadt Potsdam habe zu lange der Marktentwicklung zugeschaut und es „versäumt, einen Ausgleich zu schaffen durch sozialen Wohnungsbau und Sanierungen“.

Die Lösungsansätze der Kandidaten gehen zum Teil weit auseinander. Mike Schubert (SPD) betont, die Maßnahmen müssten differenziert gesteuert und, wie immer wieder von ihm gefordert, das Wachstum der Stadt begrenzt werden. Er sieht etwa in der Aufstockung mancher Gebäude im Schlaatz durch die Genossenschaften eine Möglichkeit, durch neuen Wohnraum in einer mittleren Preisklasse andere Mieter dorthin zu holen. „Das könnte zugleich helfen, die vorhandene soziale Infrastruktur wie Kitas und Schulen nachhaltig und langfristig zu nutzen“, sagt Schubert. Bei geplanten Neubaugebieten wie Krampnitz müsse man das Thema Durchmischung von Anfang an mitdenken und dementsprechend sozialen Wohnungsbau einplanen. Für bestehende Viertel mit gehobenem Preisniveau schlägt er eine „verträgliche Nachverdichtung“ vor, mit städtischen Bauprojekten. „In diesen Gebieten müssen Lücken und Freiflächen gezielt genutzt werden, ohne alles zuzupflastern“, sagt Schubert.

Friedrich: „Begrenzen heißt ausgrenzen"

Für CDU-Kandidat Friederich ist eine Begrenzung des Wachstums keine Lösung, im Gegenteil. „Begrenzen heißt ausgrenzen“, sagt er. Stattdessen müsse der Wohnungsbau vorangetrieben werden, um den Mietermarkt zu entspannen. Ziel sei perspektivisch eine „gesunde Leerstandsquote um die fünf Prozent“. Eine soziale Durchmischung wolle er zudem durch die „Schaffung von Lebensqualität“ erreichen. In einem Masterplan, wie er ihn fordert, müsse neben Wohnen immer auch etwas „Kiezprägendes“ mitgedacht werden. „In Krampnitz müssen wir auch an einen Marktplatz, eine Kirche, Gewerbe und Kultur denken“. In bestehenden Quartieren „mit fast vollständiger Bebauung“ sehe er weniger Gestaltungsspielraum, umso mehr müsse bei Neubaugebieten eine Mischung angestrebt werden, damit sie nicht zur Schlafstadt würden.

Für Linke-Kandidatin Martina Trauth müssen die Stadt und ihre Unternehmen „den Immobilienbestand, vor allem an Sozialwohnungen, erhalten und erweitern“. Sie schlägt vor, das ehemalige Terrassenrestaurant Minsk als öffentlichen Ort zu erhalten und durch eine Neuausschreibung der Grundstückslose am Brauhausberg dort vor allem sozialen Wohnraum zu schaffen. Und auch sie findet es wichtig, im neuen Stadtteil Krampnitz Sozialwohnungen mitzuplanen. „So geht Stadtentwicklung, die allen Menschen gerecht wird und nicht nur einem Teil der Wohlhabenderen“, schreibt sie.

Baudezernent Rubelt will „das gesamte Stadtgebiet zur Förderkulisse für sozialen Wohnungsbau machen“

Für Grünen-Kandidatin Janny Armbruster entsteht in der Potsdamer Mitte gerade ein Vorbild für eine positive Entwicklung. Es sei ein Ausweg für die Stadt, den „am Alten Markt eingeschlagenen Weg für Neubauprojekte“ auch in anderen Quartieren umzusetzen. So solle die Stadt bei Neubauvierteln den Bauherren „strikte Auflagen“ für einen Anteil von Sozialwohnungen erteilen. Auch bei kommunalen Projekten solle der soziale Wohnungsbau „mit einem Anteil von einem Drittel der Neubauten massiv verstärkt werden“. Die Stadt dürfe Grundstücke nicht meistbietend verkaufen, sondern müsse eher neuen Grund zukaufen. Dazu sei auch über eine „heilige Kuh in der Stadt“ zu sprechen, die Reihengaragen für Autos. „Hier gäbe es innerstädtisch eine Reihe von Flächen, die wir für den sozialen Wohnungsbau freigeben könnten“, schreibt Armbruster.

Boede als Kandidat der Fraktion Die Andere fordert: „Die städtische Wohnpolitik muss sich von der Marktlogik emanzipieren.“ Die kommunale Immobilienholding Pro Potsdam solle, „statt an der Mietspirale mitzudrehen und mitzuverdienen“, ihren Wohnbestand preiswert sanieren und vermieten. Durch Neubau, Sanierung oder Ankauf von Belegungsrechten könnten auch in der Nauener Vorstadt oder am Griebnitzsee preiswerte Mietwohnungen entstehen, ist sich Boede sicher.

Für Potsdams Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos) gibt es in dem Bereich durchaus schon Bewegung. „Unser Ziel ist es, das gesamte Stadtgebiet zur Förderkulisse für sozialen Wohnungsbau zu machen“, so Rubelt. Die Förderbedingungen des Landes seien zugunsten der Stadt verändert worden. Es gebe bereits Gespräche, die Stadt sei „auf einem guten Weg“. In Krampnitz und der Potsdamer Mitte, so der Beigeordnete, „werden erhebliche Anteile der Neubauten mietpreis- und belegungsgebunden entstehen“. Das sei auch im Bornstedter Feld geplant. Auf den für Wohnungsbau vorgesehenen Flächen am Volkspark sollen 50 Prozent geförderte Wohnungen entstehen – weswegen er sich auch für die umstrittenen Pläne zur Verkleinerung des Parks ausspricht.

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