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Die Baustelle des Garnisonkirchturms in Potsdam.

© Ottmar Winter

Sondersitzung zur Garnisonkirche: Stiftung gibt sich kompromissbereit

Für seinen Vorschlag einer Jugendbegegnungsstätte erhält Oberbürgermeister Schubert zur heutigen Sondersitzung Rückendeckung aus Weimar. Die Garnisonkirchenstiftung indes sieht keine Zeitnot bei der Entscheidung für das Areal neben dem Turm.

Potsdam - Vor der heutigen Sondersitzung der Stadtpolitik zur Garnisonkirche hat sich nun auch der Bauherr geäußert. In der den PNN vorliegenden Stellungnahme der Stiftung Garnisonkirche gibt diese sich durchaus kompromissbereit, sieht aber auch noch viel Zeit für Gespräche. Man sei „offen für die Diskussion zur Zukunft des Ortes“, heißt es in dem Schreiben der Stiftungschefs Wieland Eschenburg und Peter Leinemann. Die jetzige Diskussion sehe man dabei als „positiven Anfang“ eines „gemeinsamen Ringens“ – die jahrelange Debatte hat also nach Auffassung der Stiftung gerade erst begonnen.

So stellt die Stiftung klar: „Zeitlich drängt uns nichts, aber inhaltlich haben wir eine Aufgabe zu lösen, die nicht zwischen Tür und Angel zu entscheiden ist.“ Ziel sei es, etwas zu schaffen, dass „alle um Generationen überdauern“ soll, so die Stiftung. Die in „hektischer Betriebsamkeit“ veröffentlichten Vorschläge der vergangenen Woche würden bereits jeweils einen Teilaspekt der eigenen Arbeit spiegeln, gibt man sich selbstbewusst: „Das Vorhaben ist schon jetzt ein Ort der Demokratie, ein Lernort der Geschichte“. Das wolle man mit dem Turm auch personell stärker untersetzen. Und: „Allein im Raum kreisenden Vorschlägen ist gemein, dass es ihnen an Klarheit in finanziellen, strukturellen und organisatorischen Fragestellungen fehlt.“

Fünf-Minuten-Statements bringen keine überzeugende Nutzungsidee

In diese Reihe stellt sich die Stiftung auch selbst – man sei auf dem eigenen Grundstück eben gerade mit dem Turm befasst. Für die Fläche des früheren Kirchenschiffs seien nun erst Fördermittel des Bundes für eine Machbarkeitsstudie in Aussicht gestellt worden – aber eine „überzeugende Nutzungsidee“ fehle eben noch. Das lasse sich nicht mit „Fünf-Minuten-Statements“ abschließend klären, heißt es von der Stiftung mit Blick auf die von Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) angesetzte öffentliche Sondersitzung, die 17 Uhr im IHK-Hauptquartier an der Breiten Straße startet.

Schubert selbst will mit der Anhörung die Meinungsbildung bei den Stadtverordneten befördern – diese sollen entscheiden, für was er sich als Oberbürgermeister im Kuratorium der Stiftung Garnisonkirche künftig einsetzen soll. Schubert hat eine Jugendbegegnungsstätte für Bildung und Demokratie neben dem Turm des Bauwerks und eine größere inhaltliche Mitbestimmung durch die Stadt Potsdam ins Spiel gebracht. Direkt äußert sich die Stiftung nicht dazu. Jedoch begrüßt man, dass bis 2023 ein „inhaltliches Konzept“ für die Idee Schuberts erarbeitet werden soll – der Zeitraum sei erforderlich, um „Schnellschüsse“ zu vermeiden. Wichtig sei dabei, nicht mit anderen großen Kultur- und Bildungsträgern in der Stadt in Konkurrenz zu treten, hier müsse man den Austausch befördern. Zugleich sieht man die Garnisonkirche generell geeignet für Demokratie- und Friedensarbeit, auch mit internationaler Ausstrahlung. 

Es gibt ein ähnliches Beispiel aus Weimar

Bei der heutigen Sondersitzung des Hauptausschusses werden wie berichtet Gegner und Befürworter der Garnisonkirche erwartet, die in den vergangenen Tagen schon Stellungnahmen zu Schuberts Vorschlag veröffentlicht hatten. Die Stadtverordneten sollen dann in der Folge einen neuen Grundsatzbeschluss zum Umgang mit dem Wiederaufbauprojekt fassen. Ob dafür eine Mehrheit zustande kommt, ist noch ungewiss und wird sich wohl erst in den Tagen nach der Sondersitzung zeigen. 

Am Donnerstag erhielt Schubert für seinen Vorschlag einer Jugendbegegnungsstätte zumindest neue Rückendeckung – und zwar von dem SPD-Bundestagsabgeordneten Carsten Schneider, der ein ähnliches Projekt bereits im thüringischen Weimar angeschoben hat. Es geht um das dortige „Haus der Weimarer Republik“, dass als multimediales Museum über die Zeit zwischen 1919 und 1933 informiert. Ein ähnliches Projekt mit überregionaler Ausstrahlung könne er sich auch für Potsdam vorstellen, sagte Schneider den PNN auf Anfrage. Für die nötige Arbeit könne die Stadt Potsdam sogar auf Fördermittel des Bundes hoffen.

Für Schüler das Scheitern der Demokratie erfahrbar machen

Schneider stammt aus Thüringen, ist Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion und wohnt mit seiner Familie in Babelsberg: Der 44-Jährige hat mit  Parteifreund Schubert  das Projekt in Weimar besichtigt und sich mit ihm mehrfach dazu ausgetauscht. Das Haus hatte bereits nach einem knappen halben Jahr schon mehr als 22.000 Besucher melden können. Schneider sagte, gerade Schüler würden mit so einer großen Ausstellung an die Zeit der Weimarer Republik herangeführt – und an Fragen zu den Gründen für das damalige Scheitern der Demokratie. „So einen Ort könnte man auch in Potsdam an der Garnisonkirche schaffen."

Schneider sagte, der Bund habe ein Programm für solche Bildungsstätten aufgelegt – bis zu einer Million Euro Förderung sei pro Jahr möglich, wenn „das gut begründet wird“. Auch Kooperationen mit anderen Demokratiestätten in Deutschland – wie beispielsweise in Weimar – seien denkbar. Solche Stätten seien ohnehin wichtig, angesichts zunehmender Spaltungstendenzen in der Gesellschaft, gerade zwischen Stadt und Land, wie es Schneider auch in Aufsätzen bereits beschrieben hat. 

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