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Sterne beobachten unter der Kuppel.

© PNN / Ottmar Winter

Sommersonnenwende in Potsdam: Ein Silberstreif am Horizont

Der Sternenhimmel im Sommer: „Weiße Nächte“, gasförmige Riesen und ein Blick in die Vergangenheit. Ein Gastbeitrag vom Leiter des Potsdamer Planetariums.

Potsdam - Der astronomische Sommer ist da: Am heutigen Samstag, dem 20. Juni, erreicht die Sonne dieses Jahr ihren höchsten Stand am Taghimmel. Während sie in den vergangenen sechs Monaten mittags an Höhe gewann geht es von nun an wieder abwärts. Aus diesem Grund trägt der astronomische Sommeranfang auch den Namen „Sommersonnenwende“ – analog zur winterlichen Sonnenwende ein halbes Jahr später. In den kurzen Sommernächten können wir interessante astronomische Beobachtungen machen.

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In den Tagen um den 20. Juni werden regelmäßige Beobachter des Nachthimmels bemerken, dass es nicht mehr perfekt dunkel ist – selbst um Mitternacht in wenig beleuchteten Gegenden. Während die Sonne mittags hoch am Himmel steht, schafft sie es in Potsdam um Mitternacht gerade einmal 14 Grad unter den Nordhorizont. In nördlicher Richtung ist daher ein ganz schwach aufgehellter Horizont wahrnehmbar. Eindrucksvoller ist diese Mitternachtsdämmerung aus dem Norden Schleswig-Holsteins oder weiter nördlich zu sehen. Aufgrund des Silberstreifs am Nordhorizont hat sich dort der Begriff „Weiße Nacht“ eingebürgert.

Wer den absoluten Höchststand der Sonne am 20. Juni erleben möchte, müsste sich etwas südlich der Kanarischen Inseln aufhalten. Am nördlichen Wendekreis, auf gut 23 Grad nördlicher Breite, steht die Sonne am Mittag senkrecht am Himmel – im Zenit. Während man in Potsdam zur selben Zeit noch einen deutlichen Schatten wahrnehmen kann, ist er hier am nördlichen Wendekreis kleinstmöglich genau unter dem Beobachter zu finden. 

Am Himmel sieht man jetzt das "Sommerdreieck"

Die unterschiedlichen Sonnenstände in Abhängigkeit der geografischen Breite sind Beobachtern des Himmels seit Jahrtausenden bekannt. Zu Berühmtheit hat es ein über 2000 Jahre altes Experiment des griechischen Gelehrten Eratosthenes gebracht: Zur Mittagszeit am Tage der Sommersonnenwende ließ er die Schattenlängen zweier Stäbe im Norden Ägyptens, sowie im Süden des Landes aufzeichnen. Den deutlichen Längenunterschied der Schatten an beiden Orten nutze Eratosthenes zur genauen Berechnung des Umfangs der Erdkugel – und zum Beweis, dass der Menschheit seit Jahrtausenden die Kugelgestalt der Erde bewusst war.


Zurück in Potsdam: Trotz Mitternachtsdämmerung lohnt die Sternenbeobachtung auch in diesen Nächten. Wer gegen 24 Uhr zum Himmel blickt, erkennt drei helle Sterne, die sich leicht als so genanntes „Sommerdreieck“ einprägen. Dabei handelt es sich um die hellsten Sterne der Sternbilder Adler, Leier und Schwan. Das letzte Sternbild ist das große Kreuz des Nordens – das Gegenstück zu seinem bekannteren südlichen Kompagnon. Astronomen geht das Herz auf beim Gedanken an diese Himmelsregion. Eine große Zahl von Gasnebeln, Sternhaufen und auch extrasolarer Planeten verbergen sich hier. Diese Planeten – abgekürzt Exoplaneten – kreisen eben nicht um die Sonne, sondern um weit entfernte Sterne. Mittels des Weltraumteleskops „Kepler“ konnte im Bereich der rechten Flügelspitze des Schwans über Jahre hinweg das Licht von insgesamt 530 000 Sternen betrachtet werden. Flackert dieses Sternenlicht wiederkehrend über Tage, Wochen oder Monate, ist das ein Indiz auf einen Exoplaneten, der regelmäßig beim Umlauf um seinen Stern die Sichtlinie zur Erde kreuzt. Dabei schwächt er stets das Licht seines Heimatsterns ab. Mit der Beobachtung dieser flackernden Sterne hat „Kepler“ über 2600 Exoplaneten identifiziert. Darunter befinden sich viele gasförmige Riesenplaneten wie Jupiter, aber auch Planeten in Größe unserer Erde. Leider sind all diese Exoplaneten für einen Besuch deutlich zu weit entfernt. Selbst das Licht ist teils viele Tausend Jahre unterwegs zu ihnen.
Einfacher zu erreichen sind die Planeten unseres Sonnensystems. Diesen Sommer können besonders die beiden Gasriesen Jupiter und Saturn am Potsdamer Nachthimmel bestaunt werden. Dafür reicht schon das bloße Auge: Vor allem Jupiter reflektiert dank seiner Größe und seiner hellen Wolkendecke viel Sonnenlicht und steht strahlend hell am Himmel. Jupiter und Saturn befinden sich im Juli der Sonne genau gegenüber und sind damit die ganze Nacht über zu sehen. Sie stehen zwischen den Sternbildern Schütze und Steinbock in südlicher Richtung.

Experten greifen zum Fernglas mit mindestens 20-facher Vergrößerung

Es lohnt sich übrigens der Griff zum Fernglas. Wer Jupiter und Saturn anpeilt, sollte bei der Beobachtung die Arme auf festem Untergrund ruhen lassen. Nun ist das Bild ruhig und Details lassen sich erkennen: Jupiter zeigt seine vier größten Monde neben sich als kleine Lichtpünktchen. Um Saturns Ringe zu sehen, ist ein Fernglas mit mindestens 20-facher Vergrößerung notwendig, besser noch ein kleines Fernrohr. Saturns Entfernung zu uns ist bereits so groß, dass selbst das Licht 70 Minuten benötigt, ehe es die Erde erreicht. Wir müssen uns also vor Augen halten, dass die Ansicht des Kosmos immer ein Blick in die Vergangenheit ist. Eine faszinierende Erkenntnis an unserem Nachthimmel. 

Der Autor, Simon Plate, ist seit 2016 der Leiter des Urania-Planetariums. Der gebürtige Bremer leitete schon als Student in Potsdam den Urania-Astroklub. Für die PNN schreibt er regelmäßig über den aktuellen Sternenhimmel.

TERMINE

Das URANIA-Planetarium Potsdam bietet wieder jeden Tag Veranstaltungen an. Für alle Shows ist eine Reservierung notwendig. Onlinereservierung und Informationen zu gültigen Schutzmaßnahmen im Planetarium unter www.urania-planetarium.de. Unter Tel: (0331) - 2702721 ist das Planetarium von Montag bis Freitag telefonisch zu erreichen. 

Simon Plate

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