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Die Polizei räumte die Sitzblockade in der Großbeerenstraße nicht.

© A. Klaer

So lief der sechste Pogida-Aufmarsch in Potsdam: Pogida zum Umkehren gezwungen

Sitzblockade stoppt rechte Demo in Babelsberg. Aggressive Stimmung und Festnahmen auf beiden Seiten.

Potsdam - Mit einer Sitzblockade haben mehrere Hundert Gegendemonstranten den sechsten sogenannten Abendspaziergang der rechten Pogida-Bewegung durch Potsdam gestoppt. Auf der Höhe der Grünstraße blockierten sie die Großbeerenstraße und damit die Route der Rechten vom Bahnhof Medienstadt Babelsberg zum Bahnhof Babelsberg. Die Polizei hatte bereits einen Wasserwerfer in Position gebracht, entschied sich aber doch gegen eine Räumung der Blockade. Der Grund war offenbar, dass Familien und Kinder an dem Sitzprotest teilgenommen hatten.

Schon der kurze Marsch der Pogida-Teilnehmer von ihrem Startpunkt bis zur Blockade war von massiven Protesten begleitet gewesen. Von den Gegendemonstranten waren laute „Haut ab!“-Rufe und Pfiffe zu hören – sie durften im Vergleich zum letzten Pogida-Aufmarsch in Drewitz und Rehbrücke relativ nah an die Rechten heran und waren so in Hör- und Sichtweite. Auf beiden Seiten war die Stimmung dieses Mal sehr aggressiv, Linke und Rechte beschimpften sich gegenseitig lautstark. Auch einige Böller flogen, ebenso Gegenstände – offenbar aus den Reihen der Gegendemonstranten. Mülltonnen, Einkaufswagen und Fahrradständer landeten auf der Straße. Unter den Pogida-Teilnehmern gab es vorübergehende Festnahmen wegen des Mitführens von Quarzhandschuhen. Wie viele Festnahmen es im linken Lager gab, stand zu Redaktionsschluss noch nicht fest – bekannt war lediglich eine.

Auch Flüchtlinge beteiligten sich an Pogida-Gegendemo

Doch auch viele friedliche Demonstranten stellten sich bei Temperaturen um den Gefrierpunkt und Schneefall Pogida entgegen. Sie hatten Plakate dabei, auf denen Sprüche wie „Kein Döner für Nazis“ oder „Kommt zur Linken Seite, wir haben Sterni!“ standen. Auch Flüchtlinge beteiligen sich, sie hatten ein Stoffbanner dabei, auf dem „Danke Babelsberg“ und ein arabischer Schriftzug zu lesen war.

Babelsberg gilt als traditionell linker Stadtteil, die Route sollte an Symbolorten für die linke Szene wie der Heidesiedlung oder der Kiezkneipe „Nowawes“ vorbeiführen. Einige Anwohner hatten Anti-Pogida-Transparente aus den Fenstern gehängt, auf einem war zu lesen: „Unser Po bleibt Gida frei“. Viele sahen vom Fenster aus zu.

1000 Polizisten, Wasserwerfer und Räumpanzer

Die Polizei war wieder mit einem massiven Aufgebot im Einsatz. Rund 1000 Beamte aus Brandenburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Hessen und Bayern waren vor Ort, zudem eine Hundertschaft der Bundespolizei. Neben dem Wasserwerfer standen auch mehrere Räumpanzer bereit, ein Hubschrauber kreiste.

Die Sitzblockade hatte sich gegen 19 Uhr an der Ecke Großbeeren-/Grünstraße formiert und war schnell größer geworden. Etwa eine dreiviertel Stunde lang standen sich Demonstranten und Beamte samt Wasserwerfern gegenüber, vier Mal forderte die Polizei die Blockierer dazu auf, die Route freizugeben. Doch obwohl die Demonstranten sich nicht bewegten, wurde die Blockade nicht geräumt. Rechtlich möglich wäre das gewesen, laut einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg ist die Polzei dazu sogar verpflichtet. Allerdings überwog dann bei der Einsatzleitung offenbar die Angst, auch Kinder und Jugendliche zu verletzen. Auch die Möglichkeit, Pogida an der Blockade vorbeizuleiten, wurde verworfen. Schließlich mussten Anmelder Christian Müller und seine Anhänger umkehren.

Nach Eskalation am Bassinplatz ist Polizei mit Großaufgebot im Einsatz

Müller kritisierte anschließend, dass die Polizei das Versammlungsrecht nicht durchgesetzt habe. Nach den bereits von ihm angekündigten Aktionen kommende Woche in Bornstedt und am 2. März am Bassinplatz werde Pogida jeden Tag demonstrieren, sagte er. Am Bassinplatz hatte es die erste Pogida-Demonstration gegeben, bei der es zu Zusammenstößen zwischen Gegendemonstranten und Polizei gekommen war. Auch damals musste die Versammlung vorzeitig abgebrochen werden. Der Anmelder könne die Sicherheit nicht gewährleisten und habe seine Teilnehmer nicht im Griff, hieß es damals. Seitdem ist die Polizei mit einem Großaufgebot im Einsatz.

Wegen des „Abendspaziergangs“ und der Gegenproteste war es gestern Abend in Babelsberg zu massiven Verkehrsbehinderungen gekommen. So war unter anderem die Großbeerenstraße stundenlang gesperrt, auch im Nahverkehr gab es Einschränkungen. Wie schon in den vergangenen Wochen galt wieder ein Glasflaschenverbot.

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