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Kann die Finger nicht stillhalten. Franziska Schwarz setzt wissenschaftliche Themen in informative Zeichnungen um. Wenn die studierte Ernährungswissenschaftlerin nicht von morgens bis abends zeichnet, faltet sie Origami. Ihre Arbeit kann man auch auf ihrem Konto @franziskawschwarz im Foto-Netzwerk Instagram verfolgen.

© Sebastian Gabsch

Sketchnotes aus Potsdam: Aufwachen mit dem Stift in der Hand

Franziska Schwarz ist eigentlich studierte Ernährungswissenschaftlerin, war aber schon immer kreativ unterwegs. Inzwischen illustriert sie hauptberuflich wissenschaftliche Themen mit sogenannten Sketchnotes.

Potsdam - Ein Regal, gefüllt mit 1000 bunten Stiften, farbigem Papier und Büchern mit Bastelanleitungen, steht im Arbeitszimmer an der Wand. Am großen Fenster mit Blick auf den Balkon steht ein weißer Tisch, an den Wänden verteilt hängen Zeichnungen und ein selbstgemalter Kalender. In ihrer hellen Zweizimmerwohnung in der Potsdamer Innenstadt zeichnet die 34-jährige Franziska W. Schwarz am liebsten ihre Sketchnotes. Gerade malt sie ein Poster für einen Vortrag im Potsdamer Bildungsforum.

Wie bitte, Sketchnotes? Was soll das denn sein? „Das Sketchnoten ist eine Methode, Notizen mithilfe von Bildern anzufertigen“, erklärt Schwarz. „Die Notizen werden durch die kleinen Bilder strukturierter und kompakter.“ Schwarz nutzt die Technik vor allem für die Aufarbeitung wissenschaftlicher Themen. Man lerne dadurch, schneller und reflektierter zu schreiben.

Goethe und da Vinci haben auch schon Sketchnotes gezeichnet

Schwarz hat als studierte Ernährungswissenschaftlerin immer nach einem Weg gesucht, ihre künstlerische Veranlagung mit ihren wissenschaftlichen Interessen zu vereinen. Vor zwei Jahren war sie auf einen illustrierten Leitfaden zum Erstellen visueller Notizen, „Das Sketchnote Handbuch“ von Mike Rohde, gestoßen. „Das ist für mich die Bibel gewesen“, erzählt Schwarz. Doch eigentlich sei das keine neue Erfindung, denn Goethe und da Vinci hätten auch schon Sketchnotes gemacht. „Die besten Wissenschaftler haben illustriert“, sagt Schwarz mit einem Lächeln.

Die Leidenschaft zum Zeichnen begann bei Schwarz schon in der Kindheit. Ihre künstlerische Seite wurde durch ihre Familie gefördert. Ihr Vater könne sehr gut zeichnen, ihre Mutter könne gut mit Farben umgehen und ihr Großvater sei sogar Maler gewesen. In der Schule sei sie in den Naturwissenschaften sowie im Fach Kunst gut gewesen. „Ich musste mich zwischen Kunst und Wissenschaft entscheiden“, erzählt die 34-Jährige. So fiel die Wahl auf den Studiengang Ernährungswissenschaft an der Universität Potsdam. Die gebürtige Brandenburgerin ist in Bad Belzig geboren und zog im Herbst 2003 zum Studium nach Potsdam. Danach hat sie im Forschungsgebiet experimenteller Ernährungsmedizin an der Charité in Berlin promoviert. „Meine Doktorarbeit habe ich ebenfalls illustriert und mein Chef war davon begeistert“, erzählt Schwarz.

Zeichnung statt Foto

2016 überlegte Schwarz zusammen mit der zentralen wissenschaftlichen Einrichtung für Gründung und Innovation, dem Potsdam Transfer Service der Universität Potsdam, ob sich das wissenschaftliche Sketchnoten zu einer sinnvollen Geschäftsidee entwickeln könnte. Potsdam sei auch ein guter Standort dafür, weil es eine vielfältige Wissenschaftslandschaft gebe. Anfang des Jahres 2017 verwirklichte sie ihre Pläne und machte sich mit ihrem kleinen Unternehmen Scivisto selbstständig. Finanziert wird ihr Unternehmen durch Fördergelder. Beim für die Branche so wichtigen Netzwerken habe ihr der Potsdam Transfer Service sehr geholfen.

Im vergangenen Herbst nahm sie am bundesweit ersten „International Sketchnote Camp“ in Hamburg teil. „Für mich war dieses Treffen inspirierend, weil sich die Sketchnote-Szene sonst nur online kennt. Außerdem habe ich Mike Rohde kennengelernt“, erzählt sie – und gerät dabei geradezu ins Schwärmen. Um den Tag festzuhalten, knipste Schwarz nicht etwa Fotos, sondern erstellte mit ihren Kollegen ein Buch mit Sketchnote-Selfies. Eine Selfie-Zeichnung, die Schwarz auf Twitter veröffentlicht hat, zeigt ihren blonden „täglichen Puschel“ – wie sie ihre Hochsteckfrisur selbst nennt, mit I-Pad in der Hand.

Schwarz faltet auch Origami

Neben Sketchnotes fertigt Schwarz auch Graphic Recording an. Das sind ebenfalls Notizen mit Bildern, aber sie werden während einer wissenschaftlichen Veranstaltung gezeichnet und sind für alle Teilnehmer gedacht. Sie fasst die wichtigsten Gedanken der Podiumsdiskussion auf einem Flipchart zusammen. „Man fotografiert mit dem Stift“, erklärt Schwarz. Diese Methode sei sinnvoll, denn mithilfe eines Posters könnten Doktoranden mit ihren Dozenten viel unkomplizierter ins Gespräch kommen und offene Fragen klären, so Schwarz.

Innerhalb kurzer Zeit haben sich gute Projekte ergeben. Mit dem israelischen Origamikünstler Ilan Garibi entwickelte Schwarz – die auch leidenschaftliche Falterin ist – ein Origamibuch. Sie zeichnete die wissenschaftlichen Anleitungsskizzen dafür. Außerdem illustrierte sie für das Heft „Nachgefragt“ von Pro Wissen Potsdam, das ab sofort unter dem Titel „Was ist Wissenschaft“ offiziell erhältlich ist (Wissenschaftsetage, Am Kanal 47).

„Ich stehe schon mit dem Stift in der Hand auf“

Schwarz arbeitet rund um die Uhr, am liebsten beginnt sie morgens um sieben. „Ich stehe schon mit dem Stift in der Hand auf“, sagt sie. Ohne Stift und Papier geht sie auch nie aus dem Haus, denn es gibt immer etwas zu zeichnen. Je nach Art des Papiers benutze sie einen anderen Stift zum Zeichnen. Ihre Familie frage sie auch oft, ob sie etwas für sie zeichnen könne. „Doch meistens habe ich dafür leider keine Zeit“, sagt sie.

Eileen Schüler

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