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Sicher mit Helm. Keela hockt noch auf ihrem Longboard, bald wird sie aber wie die anderen Kinder, die bei der Aktion „OnBoard“ mitmachen, sicher stehend fahren können.

© S. Gabsch

Skaten in Potsdam: Surfen auf Asphalt

Beim Projekt „OnBoarder“ lernen geflüchtete Kinder kostenlos longboarden. Das Projekt läuft den ganzen Sommer über - für den Winter werden Räumlichkeiten gesucht.

Potsdam - Zunächst noch etwas vorsichtig steigt die kleine Keela auf ihr Longboard. Noch zwei-, dreimal nimmt sie mit ihrem linken Beinchen richtig Schwung, drückt sich vom Boden ab, während sie schon recht selbstsicher auf dem Board balanciert und damit ein paar Meter über den Parkplatz rollt. Lächelnd fährt sie sie auf ihren Vater zu. „Cool“, ruft der seiner vierjährigen Tochter zu.

Keela ist die Jüngste einer Gruppe von Kindern, die seit Kurzem das Fahren auf Longboards lernen. „OnBoarder“ heißt das Projekt, das der Potsdamer Dennis Schmal ins Leben gerufen hat. Die Kinder können kostenlos einmal in der Woche bei ihm und seinen Mithelfern auf die Bretter steigen. Das Longboarding kommt ursprünglich vom Surfen, wie Dennis erzählt. Und tatsächlich erinnern die Boards in ihrer Form sehr an kleine Surfbretter. „Es kommt dem Wellenreiten sehr, sehr nahe. Viele sagen auch, dass Longboarden wie Asphaltsurfen ist.“

Jeden Sonntag um 11 Uhr können die Kinder auf die Bretter

Dennis hatte die Idee zu seinem Projekt vor einigen Monaten dank seiner Tochter Lea. „Ich fahre regelmäßig mit ihr im Bugapark. Da waren einige geflüchtete Kinder, die uns zugeguckt haben und gerne mitmachen wollten.“ Da er weiß, dass Longboards einiges an Geld kosten, habe er überlegt, wie er den Kindern das Hobby dennoch ermöglichen kann. „Ich wollte etwas zurückgeben“, sagt der 40-Jährige zu seiner Motivation. Er wandte sich mit seiner Idee an die Investitionsbank des Landes Brandenburg. Die waren begeistert und erklärten sich schnell bereit, das Konzept mitzufinanzieren.

Zwölf große Longboards konnte Dennis vergünstigt von dem Berliner Fachgeschäft „Lassrollen“ besorgen. Auch einen Helm gibt es für jeden. Jeden Sonntag um 11 Uhr können die Kinder auf die Bretter. Dennis möchte den Kindern unbedingt einen festen Termin bieten, wie er sagt. „Damit sie sich darauf verlassen können.“

Ihr Parcours ist auf einem Rewe-Parkplatz in der Nedlitzer Straße. Die Marktleitung war damit einverstanden, dass die Gruppe das Areal nutzt. Überall verteilt stehen Pylonen und Rampen, die die Kinder als Hindernisse überwinden oder umfahren können. Die Rampen hat Mithelfer Thomas Grund mit gesponsertem Material der Firma Navasto in seiner Freizeit selbst gebastelt. Etwa 19 geflüchtete Kinder fahren mit. In Zukunft will Dennis auch Kinder aus sozial schwachen deutschen Familien mit ins Projekt holen.

"Eine Halle oder etwas Ähnliches wäre echt schön“

Mit dabei sind auch Rolla, Ghena und ihr Bruder Kamel. Die drei Geschwister kamen vor mehr als drei Jahren aus Syrien nach Deutschland, wie die elfjährige Rolla erzählt. Zurzeit leben sie in der Gemeinschaftsunterkunft in der David-Gilly- Straße. Das „OnBoarder“-Projekt läuft in Kooperation mit dem Träger der Unterkunft, dem Internationalen Bund. Zu Hause habe sie auch ein Board, erzählt Rolla. Aber damit fahre sie nicht oft. Mit den anderen Kindern mache es ihr dafür sehr viel Spaß. Auch ihren Geschwistern gefällt das Longboarden gut. „Man kann darauf so tolle Sachen machen“, sagt die siebenjährige Ghena. In der vergangenen Woche hatte sie sich noch nicht so richtig getraut. Jetzt fährt sie sogar, mit ein wenig Anschiebehilfe von Dennis, mutig über die schmalen Rampen. Auch Freunde haben sie schon gefunden. Besonders Kamel und der zehnjährige Brian verstehen sich. Immer wieder stacheln sie sich gegenseitig an, Neues auszuprobieren, wie etwa in einem Rutsch hintereinander über die Rampe und dann noch die Wippe zu fahren, die auch auf dem Parcours steht. „Das ist so cool“, findet Kamel.

Brian fährt noch nicht sehr lange, ist dafür aber wie viele der anderen Kinder schon extrem selbstsicher auf dem Board unterwegs. „Mir gefällt es, sich in die Kurven zu legen und über die Rampen zu fahren. Und natürlich auch, neue Freunde kennenzulernen.“ Die Kleinsten fahren zunächst noch auf BMX-Rädern über den Parkplatz. Aber auch bei ihnen dauert es nicht lange, bis sie auf den Boards ihre Kreise drehen. Das ist es auch, was Dennis an dem Sport so gefällt. „Du hast die Möglichkeit, relativ schnell Fortschritte zu machen und dir damit eine gewisse Portion Selbstbewusstsein zu erarbeiten.“ Das Projekt soll noch den ganzen Sommer über laufen. „Toll wäre es, wenn wir auch noch danach im Herbst und Winter eine Möglichkeit zum Fahren finden. Eine Halle oder etwas Ähnliches wäre echt schön“, sagt Dennis.

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Wer mitmachen möchte, kann sich unter onboarder.potsdam@gmx.de melden

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Sarah Stoffers

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