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Situation der Geflüchteten in der Stadt: 3000 Potsdamer sind Flüchtlinge

Seit Jahresbeginn sind kaum noch Flüchtlinge in Potsdam angekommen. Ein Überblick über die aktuelle Situation der Geflüchteten in der Stadt, deren Unterbringung und die Pläne für die Unterkünfte.

Wie viele Flüchtlinge kamen neu an?

Nur 48 Geflüchtete hat die Landeshauptstadt seit Jahresbeginn 2018 neu aufgenommen. Davon wurden 20 vom Land zugewiesen, die anderen waren neugeborene Kinder geflüchteter Eltern oder Familienzusammenzüge innerhalb des Landes. Das teilte Stadtsprecher Jan Brunzlow auf PNN-Anfrage mit. Insgesamt veranschlagt die Stadt für das laufende Jahr eine Aufnahmequote von 172 Flüchtlingen, bleibt aber in den ersten Monaten unter dem Soll. Noch 2017 kamen im gleichen Zeitraum mehr als dreimal so viele Flüchtlinge nach Potsdam. Insgesamt sind im vergangenen Jahr 370 Flüchtlinge angekommen, 2016 waren es 660 und 2015 fast 1500. Wie in den vergangenen Jahren waren die Hauptherkunftsländer Syrien und Russland.

Wie viele Geflüchtete leben derzeit hier?

Im Dezember 2017 hielten sich laut Ausländerzentralregister (AZR) rund 3000 Geflüchtete in der Stadt auf. Etwa 1300 von ihnen waren als Flüchtlinge anerkannt. 340 weitere standen unter subsidiärem Schutz, 150 unter Schutz vor Abschiebung, 550 waren geduldet. 700 hatten eine sogenannte Aufenthaltsgestattung, die gilt, solange der Asylantrag noch nicht entschieden ist. Ende 2016 lebten 2600 Geflüchtete in der Stadt.

Gab es 2017 Abschiebungen?

Im vergangenen Jahr wurden keine Flüchtlinge abgeschoben. Es gab zwölf Dublin-Rückführungen, bei denen Geflüchtete in das EU-Land zurück müssen, in dem sie sich zuerst registriert haben. 33 reisten zudem freiwillig aus.

Wo leben die Flüchtlinge?

1300 Personen sind derzeit in einer der 15 Gemeinschaftsunterkünfte im Stadtgebiet untergebracht. Damit sind 70 Prozent der 1850 verfügbaren Plätze belegt. 2017 konnten nach Angaben der Stadt 460 Flüchtlinge aus den Wohnheimen in eigene Wohnungen ziehen. Im Jahr zuvor waren es 450. „Das ist besonders mit Blick auf den aktuellen Wohnungsmarkt eine sehr große Leistung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, betonte Brunzlow. Die Vergabe der Wohnungen erfolge direkt über die Stadt. Dabei, so betonte der Sprecher, würden alle Berechtigten mit Wohnberechtigungsschein gleichermaßen berücksichtigt. Für die Vergabe gebe es bestimmte Kriterien, nicht jede Wohnung sei für alle Personen oder Familien gleichermaßen geeignet.

Welche Kosten fallen an?

Für die Unterbringung der Flüchtlinge hat die Stadt in diesem Jahr 19,7 Millionen Euro veranschlagt, 2019 etwa 22,5 Millionen Euro. Diese Kosten werden teilweise vom Land erstattet. „Wir gehen aber davon aus, dass aufgrund der sinkenden Zahl Geflüchteter weniger Geld benötigt wird als eingeplant“, so Sprecher Brunzlow. Zusätzlich zur Unterbringung erhalten die Asylbewerber bestimmte Leistungen. Dafür plant die Stadt in diesem Jahr 11,5 Millionen Euro ein, im kommenden Jahr 13,5 Millionen Euro. Diese Kosten werden vollständig vom Land erstattet.

Wie geht es mit den Unterkünften weiter?

Wie berichtet wird Potsdams größte Gemeinschaftsunterkunft im ehemaligen Landtag am Brauhausberg zum Jahresende geschlossen. Das habe man angesichts deutlich sinkender Flüchtlingszahlen entschieden, hatte Sozialdezernent Mike Schubert (SPD) im Februar gesagt. Der Vertrag mit dem Betreiber, der Arbeiterwohlfahrt (Awo), und dem Eigentümer, einem Berliner Konsortium, für die Unterkunft mit 470 Plätzen im sogenannten Kreml läuft zum Jahresende aus und wird nicht verlängert. Alle anderen Unterkünfte sollen vorerst bestehen bleiben, sagte Stadtsprecher Brunzlow. Für zwei Standorte, die extra aufgestellten Container in der Pirschheide und der David-Gilly-Straße in Bornstedt, laufe der fünfjährige Vertrag 2020 aus. „Bisher ist noch keine Entscheidung gefallen, wie es danach mit diesen Standorten weitergeht“, so Brunzlow.

Was passiert mit den Leichtbauhallen?

Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle kaufte die Stadt 2015 für 2,2 Millionen mehrere Leichtbauhallen. Eine Fehlinvestition, zeigte sich im Nachhinein: Die meisten Hallen wurden aufgrund der sinkenden Zahl der Neuankömmlinge doch nicht als Wohnheim gebraucht. Es geht um drei Standorte mit je zwei großen Hallen und einer kleineren für Sanitäranlagen. In Drewitz wird diese derzeit und mindestens bis Jahresende als Sammel- und Ausgabestelle für Spenden genutzt. Die anderen beiden, in Neu Fahrland an der Birnenplantage und an der Babelsberger Sandscholle, werden nicht genutzt. Trotzdem entstehen Kosten: Insgesamt 50 000 Euro monatlich etwa für Wachschutz und eine minimale Heizung.

Schon Mitte 2016 begannen Überlegungen zur Zukunft der Hallen. Eine Prüfung der Stadt habe aber laut Stadtsprecher ergeben, dass diese für eine Nutzung etwa als Jugendclub oder Sporthalle nicht geeignet oder nicht wirtschaftlich wären. Deshalb sollen sie verkauft werden. Ein Verkaufsauftrag sei bereits herausgegangen, aber noch sei unklar, welche Erlöse zu erwarten seien, so Brunzlow. Potsdam ist mit dem Problem nicht alleine, viele Städte hatten auf Leichtbauhallen als Unterkünfte gesetzt, diese aber nicht langfristig benötigt. Aber manche Städte, etwa Düsseldorf, haben die Hallen nicht gekauft, sondern gemietet. So konnten sie die Kapazitäten wieder abbauen, als sie nicht mehr benötigt wurden.

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Sandra Calvez uind Henri Kramer

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