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Die "Zwarten Pieten" und auch Sinterklaas sind in diesem Jahr beim Sinterklaasfest nicht dabei.

© A. Klaer (Archiv)

Sinterklaasfest in Potsdam ohne Sinterklaas: Kein Fest mit Piet

Nach Protesten und Rassismus-Vorwürfen im vergangenen Jahr wird es auf dem diesjährigen Sinterklaasfest im Holländischen Viertel keinen "Zwarten Piet" geben, weil die Stadt Potsdam die Fördermittel für die umstrittene Figur abgelehnt hat. Und ohne den "Zwarten Piet" gibt es auch keinen Sinterklaas.

Potsdam - Der Sinterklaas-Weihnachtsmarkt wird in diesem Jahr definitiv ohne die umstrittene Figur des „Zwarten Piets“ auskommen müssen. Wie der Förderverein zur Pflege Niederländischer Kultur in Potsdam mitteilte, soll stattdessen am 12. und 13. Dezember ein holländischer Adventsmarkt Besucher und Touristen in das Holländische Viertel locken. „Der Zwarte Piet darf nicht kommen“, sagte Fördervereins-Chef Hans Göbel am Montag den PNN. Die Stadt habe eine Förderung des Sinterklaas-Festes abgelehnt.

Menschen mit schwarzer Hautfarbe könnten sich diskriminiert fühlen

Wie berichtet war es im vergangenen Jahr zu Protesten gegen das niederländische Traditionsfest gekommen. Über die schwarz geschminkten Helfer des Sinterklaas’ wird auch in den Niederlanden seit Jahren diskutiert. Menschen mit schwarzer Hautfarbe könnten sich dadurch diskriminiert fühlen, lautete die Kritik.

Die Marketingleiterin Potsdams, Sigrid Sommer, bestätigte den Förderstopp für das Fest. Solche Förderungen seien grundsätzlich eine freiwillige Leistung und es müsse ein hohes öffentliches Interesse gegeben sein, sagte sie. Hinzu käme, dass sich Menschen durch die „Zwarten Pieten“ beleidigt fühlen und sie als rassistisch empfinden würden. Weil die Debatte um den Umgang mit solchen als rassistisch empfundenen Traditionen weder in Potsdam noch in Holland zu Ende sei, habe kein erhebliches öffentliches Interesse vorgelegen, argumentierte sie. Auch in den Niederlanden gebe es Regionen, in denen das Fest nicht mehr gefeiert werde.

Potsdam wollte den "Zwarten Pieten" nicht mehr fördern

Stadtsprecher Stefan Schulz verwies zudem auf Gesprächsrunden zwischen Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), dem Verein und den Gegnern, die nach den Protesten im Frühjahr vereinbart wurden. Darin sei nach Lösungen gesucht worden – etwa durch eine andere Farbe als die schwarze Gesichtsfarbe – denen sich aber der Verein mit Verweis auf die Tradition verweigert hätte. Dementsprechend habe die Stadt entschieden, den „Zwarten Pieten“ nicht mehr fördern zu wollen.

Vor allem Andreas Menzel – bis 2014 für die Grünen in der Stadtverordnetenversammlung – störte sich an der Figur. Sie sei diskriminierend und rassistisch, das so genannte „Blackfacing“ menschenunwürdig. Sogar die Staatsanwaltschaft beschäftigte sich damit und prüfte den Anfangsverdacht auf Volksverhetzung und Beleidigung. Tatsächlich geht das „Blackfacing“ auf die Minstrel Shows im 19. Jahrhundert in den USA zurück, bei denen sich weiße Darsteller schwarz schminkten. Die von Menzel angestoßene Kampagne hatte nun offenbar Erfolg.

25.000 fröhliche Besucher im vergangenen Jahr

Er bedauere, dass die Stadt Potsdam ein Sinterklaasfest mit „Zwarte Pieten“ nicht finanziell unterstützen wolle, sagte Fördervereins-Chef Göbel. Dem Protest einer kleinen Gruppe Demonstranten hätten vor rund einem Jahr über 25.000 fröhliche und friedfertige Besucher des europäisch geprägten Festes gegenübergestanden. Auch für das nun geplante Adventsfest beantragte der Förderverein des Jan Bouman Hauses laut Göbel Fördergelder von der Stadt. „Wir gehen davon aus, dass wir sie bekommen“, sagte er.

Insgesamt kostet die Veranstaltung rund 45.000 Euro, 16.000 Euro sollen aus der Stadtkasse kommen. „Die Chancen stehen sehr gut, dass das Projekt gefördert werden kann“, sagte dazu Potsdams Marketingchefin Sommer.

Wie gewohnt wird es demnach viele holländische Handwerkerstände wie Holzschuhmacher und Kniepertjes-Bäcker geben. Auch eine Musikkapelle und Bastelmöglichkeiten sowie das Sjoelspiel oder auch Jakkolo gibt es am zweiten Adventswochenende. Dabei muss man auf einem rund zwei Meter langen Brett hölzerne Spielsteine durch kleine Tore am anderen Ende des Brettes hindurchschnippen.

Seit 1996 gibt es das Sinterklaasfest in Potsdam

Göbel zufolge ist Sinterklaas ein reines Kinderfest. Er müsse die Haltung der niederländischen Partner respektieren, dass es keinen Sinterklaas ohne „Zwarten Pieten“ geben könne. Daher könne Sinterklaas auf der Heimreise nach Spanien leider nicht über Potsdam reisen.

Bereits seit 1996 feiert der Förderverein das holländische Weihnachtsfest. Sinterklaas ist die Bezeichnung für den Nikolaus, angelehnt an den Bischof von Myra, der im vierten Jahrhundert nach Christus wirkte. Sinterklaas kommt dabei von Holland, wo er am 5. Dezember traditionell die Kinder beschenkt, nach Potsdam. Die Ankunft im Hafenbecken war besonders für die kleinen Kinder ein spannender Moment. Auf einem Schimmel ritt er ins Holländische Viertel ein. Begleitet wurde er eben von jenen „Zwarte Pieten“, die Süßigkeiten an die Kinder verteilten, und einer originellen Pietenkapelle.

Menzel, der im Groß Glienicker Ortsbeirat aktiv ist, begrüßte das Aus für die „Zwarte Pieten“. Er habe Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) im vergangenen Jahr auf die „rassistisch konnotierte Darstellung“ hingewiesen. Menzel forderte den Verein auf, „über seinen Schatten zu springen“, den Sinterklaas ohne „Pieten“ doch zuzulassen und damit das jährliche Kinderfest weiter zu ermöglichen.

Stefan Engelbrecht

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