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Landeshauptstadt: Silberglanz im Marmorsaal

Winterausstellung „Zu Gast an der Tafel des Königs“ im Schloss Sanssouci eröffnet

Winterausstellung „Zu Gast an der Tafel des Königs“ im Schloss Sanssouci eröffnet Von Erhart Hohenstein Der Marmorsaal im Schloss Sanssouci glänzt in Silber. In der Mitte des Raumes ist ein Tisch aufgestellt, auf dem Terrinen, acht Teller, Platten mit Wärmehaltungsplatten, vierarmige Kerzenleuchtern für die Mitte und einarmige für jeden Essplatz, Bestecke einschließlich Vorlegegabeln und -messern, auch Salzschälchen aus dem edlen Metall zu sehen sind. So sollen die Gäste Friedrichs des Großen getafelt haben. Mit der bis zum 24. April laufenden Ausstellung „Zu Gast an der Tafel des Königs“ bietet die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten einen winterlichen Anreiz für den Schlossbesuch. Anders als im Sommer, wo den Besuchern die nächste Touristengruppe schon auf den Hacken steht, können sie das Service in Ruhe betrachten – einschließlich der Kratzspuren, die die königlichen Tafelgäste auf den Tellern hinterlassen haben. Das Silberservice wurde nach 1746 von Hofgoldschmied Johann Christian Lieberkühn d. J. (1709 - 1769) angefertigt. 1750 stellte er die Restrechnung über 1531 Reichsthaler. Nach 1760 wurde das Service erweitert, und Lieberkühn erhielt nochmals 2590 Taler. Zuvor hatte er schon ein goldenes Service geliefert. Das ist aber nicht erhalten, denn es wurde 1809 eingeschmolzen, um die von Napoleon geforderten Kriegskontributionen mitzufinanzieren. Die silberne Variante hat mehr als 520 Teile für 50 Personen, aber davon findet auf der Tafel im Marmorsaal natürlich nur eine kleine Auswahl Platz. Schlösserdirektor Burkhardt Göres erzählte bei der Vorbesichtigung der Ausstellung gestern die spannende Suche nach den Teilen des Services. Es war in der Vermögensauseinandersetzung zwischen Staat und Hohenzollern Anfang der 20er Jahre der kaiserlichen Familie zugesprochen worden. Die ordnete es in das Hohenzollernmuseum ein, das nunmehr in Schloss Charlottenburg wiedereröffnet werden soll, verkaufte aber auch Stücke. Den Rest nahm Ex-Kaiser Wilhelm II. mit in sein niederländisches Exil Huis Doorn. (Von dort sind drei Terrinen als Leihgabe für die Ausstellung zur Verfügung gestellt worden.) Immer mal wieder tauchen Teile des Services im Kunsthandel auf, so auf Auktionen. Die Stiftung kämpft dann um jede Gabel und jedes Salzschälchen, ist aber meist auf Sponsorenhilfe angewiesen. Immerhin gelang es bereits in den 80er Jahren, einen kleinen Bestand für Schloss Charlottenburg anzukaufen. 2002 ermöglichte dann die Deutsche Klassenlotterie bei einer Versteigerung in London den Erwerb wesentlicher Teile des Services. Bei einem Angebot aus Stockholm zog Dr. Göres das dortige Nationalmuseum zu Rate. Ergebnis: Die Stücke waren gefälscht. Was jetzt auf der Tafel steht, ist (fast) alles echt. Darauf hatten die Kunsthistorikerinnen Silke Kiesant und Claudia Meckel ein waches Auge. Das vorherrschende Weinrankenmotiv des Geschirrs weist auf die Verwendung im Potsdamer Weinbergschloss hin, und die Initialen FR (Fridericus Rex) und ER (Elisabeth Regia nach Friedrichs Gattin Elisabeth Christine) weisen nach, dass die Bestecke in königlichem Besitz waren. Nur einige Messer stammen aus der Zeit nach Friedrichs Tod. Doch dies sei den Autorinnen verziehen: Sie hatten nicht genug Originale. Vielleicht tauchen die bei den nächsten Auktionen in London, Paris oder St. Petersburg wieder auf. Dann sind erneut Sponsoren gefragt. Die silbernen Schätze sollen künftig in Schloss Charlottenburg in der geplanten repräsentativen Hoftafel- und Silberkammer gezeigt werden. Also müssen Berliner Lobbyisten nicht böse sein, wenn die Lieberkühn-Stücke jetzt vorab in Sanssouci zu sehen sind. Im Vorjahr hatten sie die bereits damals in Potsdam vorgesehene Ausstellung verhindert.

Erhart Hohenstein

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