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Landeshauptstadt: Siam am Schloss Charlottenhof

Schlösserstiftung lädt zu besonderer Führung ein

Von Peer Straube

Merkwürdige Vorstellungen hatte der König. So viel Hymnen hatten ihm Reisende auf das goldene Reich in Fernost gesungen, dass Friedrich Wilhelm IV. Charlottenhof zu „seinem Siam“ machen wollte. Denn Siam, das heutige Thailand, war für ihn gleichbedeutend mit dem Paradies.

Der ohnehin romantisch veranlagte Monarch beauftragte also seine beiden größten Meister – den Architekten Schinkel und den Gartenkünstler Lenné – mit der Gestaltung von Schloss und Garten Charlottenhof. In Kooperation schufen beide ein von antiken Mythen überbordendes Gesamtkunstwerk, dessen Grundidee sich nur Eingeweihten erschließt und das daher wenig bekannt ist.

Aus diesem Grund widmet die Schlösserstiftung in ihrer „Preußisch Grün“-Reihe „Entdeckung der Langsamkeit“ dem Werk der beiden Meister erstmals eine kundige Führung für ein interessiertes Publikum. Das wird am kommenden Freitag um 19 Uhr vom Treffpunkt Kuhtor aus von den Chefs des Parks Sanssouci und des Neuen Gartens, Eberhard Bergner und Sven Kerschek, in die Lennéschen und Schinkelschen Mysterien eingeweiht. Zwischen Maschinenteich und Hippodrom legten beide eine „Lebensachse“ an, die den Weg von der Geburt bis zum Tod mit gestalterischen Mitteln nachempfindet. Ihr Beginn liegt naturgemäß im Osten, in Richtung der aufgehenden Sonne. Der Rosengarten vor dem Schloss symbolisiere die Jugend, sagte Kerschek gestern bei der Vorstellung der Route. Danach erklimmen die Besucher die Terrasse des Schlosses, sie steht für die Hoch-Zeit des Lebens. Im Mittelpunkt der Achse und somit Symbol der höchsten Lebensblüte liegt das Schloss selbst, von Schinkel als griechischer Tempel gestaltet. Sichtachsen erschließen Blicke zum Neuen Palais und zum Tirolerberg, einem kleinen Hügel, gekrönt von einem antiken Grabmal, in dem allerdings niemand bestattet ist.

Nach einer Wanderung um das Schloss herum, führt der Weg durch den kastanienbestandenen Dichterhain, flankiert von den marmornen Büsten der großen Meister des Wortes, darunter Goethe, Schiller, Wieland, Herder und Dante. Kastanien habe Lenné deshalb gewählt, weil ihre Kronen den Weg am stärksten abdunkelten, so Kerschek. Der Hain ist das Symbol für die Alterungsphase im Leben. Am Ende wartet ein unscheinbares Rasen-Geviert, das früher mal ein Karpfenteich war: Am Lebensende wartet Fährmann Charon zur letzten Reise in die Unterwelt – dunkle Irrwege führen zuletzt ins Hippodrom mit dem Stibadium – der Weg ins Elysium, ins Paradies, ist geschafft.

Die Gäste des Abends erwartet dort eine wohlverdiente Erfrischung, garniert mit Dichterworten, Elfengesängen und Harfenklängen – so, wie es sich für ein Paradies eben gehört. Peer Straube

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