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Das umstrittene Werbeplakat der Stadtwerke Potsdam hängt in der Babelsberger Strasse. Foto: Andreas Klaer

© Andreas Klaer

Sexistische Werbung in Potsdam: Eklat um Plakat der Stadtwerke

Mit einer jungen Frau im knappen Badeanzug wollen die Stadtwerke Auszubildende anlocken. Doch das widerspricht einem Beschluss der Stadtverordneten. Nun schreitet der Oberbürgermeister ein.

Potsdam - Ein sexistisches Werbeplakat der kommunalen Stadtwerke sorgt für Aufruhr in der Potsdamer Stadtpolitik. Aus mehreren Fraktionen melden sich Stadtverordnete zu Wort und fordern, dass das Plakat entfernt wird. Stein des Anstoßes ist ein ungefähr zwei Stockwerke hohes, quadratisches Großplakat der Stadtwerke an einem Umspannwerk in der Nähe des Hauptbahnhofes. Dort hängt es bereits mindestens seit der vergangenen Woche.

Das Plakat zeigt eine junge Frau mit rotem Lippenstift und Sonnenbrille in einem weißen Badeanzug, die ein Smartphone an einem Selfiestick hält. In der anderen Hand hält sie ein Glas mit einer weißen Flüssigkeit, aus dem sie durch einen Strohhalm saugt. Daneben steht geschrieben: „Echt Potsdam. Klink dich ein.“ Im unteren Teil des Plakats kann man lesen, „nicht jeder kann Influencer werden … aber jeder hat die Chance auf einen Ausbildungsplatz bei den Stadtwerken.“ Offenbar hielt man in der Stadtwerke-Zentrale diese Art der Ansprache für geeignet, um junge Menschen für eine Bewerbung um einen Ausbildungsplatz zu motivieren.

Die Werbeaktion ist allerdings politisch problematisch. Denn im Sommer 2018 hatte die Stadtverordnetenversammlung auf fraktionsübergreifende Initiative weiblicher Stadtverordneter beschlossen, dass Potsdam ein Konzept zur Vermeidung sexistischer Werbung im öffentlichen Raum aufstellen soll. Städte wie Bremen, Leipzig und Berlin hatten solche Initiativen gegen Sexismus bereits gestartet.

Stadtverwaltung hielt Beschluss für unnötig

Zwei Monate später teilte die Stadtverwaltung jedoch mit, ein solches Konzept sei nicht nötig. Es gebe bereits eine E-Mail-Adresse für Beschwerden. Außerdem müsse Werbung im öffentlichen Straßenraum den Vorschriften der Potsdamer Werbesatzung entsprechen. Die Grundsätze des Deutschen Werberates gegen Herabwürdigung und Diskriminierung von Personen seien zu beachten.

Unter den Stadtverordneten herrscht nun Unverständnis über die Aktion der Stadtwerke. Janny Armbruster (Grüne), die sich seinerzeit auch für das Verbot eingesetzt  hatte, zeigt sich entsetzt. „Das geht natürlich gar nicht“, sagte sie den PNN. Warum eine leichtbekleidete Frau gezeigt werden muss, um für Ausbildungsplätze zu werben, sei nicht nachvollziehbar. „Warum muss die an einem Strohhalm saugen?“ Sie erwarte, dass die kommunalen Stadtwerke ihre Außendarstellung überdenken.

Auch aus der Linke-Fraktion wird Protest laut: „Die Kampagne der Stadtwerke reproduziert sexistische Werbestrategien“ sagte die Stadtverordnete Isabelle Vandrè den PNN. Es sei nach wie vor absurde Praxis weibliche Körperteile oder leicht bekleidete Frauen auf Plakate zu drucken, die absolut gar nichts mit dem eigentlichen Werbegegenstand zu tun haben, nur um Aufmerksamkeit zu generieren. „Die Stadtwerke haben uns damit in der Woche vor dem Internationalen Frauenkampftag noch einmal vor Augen geführt, warum es nach wie vor notwendig ist am 8. März auf die Straße zu gehen.“ Bezogen auf die Diskussion vor zwei Jahren sagte Vandré, „Objektivierung, Sexismus, Sexualisierung und absurde Schönheitsideale umgeben uns jeden Tag – ein Konzept gegen sexistische Werbung ist mir daher sogar noch zu wenig.“ Sie teile die damalige Sichtweise der Stadtverwaltung nicht, dass bereits genug unternommen werde.

An dem Werbeplakat der Stadtwerke Potsdam in der Babelsberger Strasse fahren täglich tausende Menschen vorbei. Foto: Andreas Klaer
An dem Werbeplakat der Stadtwerke Potsdam in der Babelsberger Strasse fahren täglich tausende Menschen vorbei. Foto: Andreas Klaer

© Andreas Klaer

Auch in der SPD-Fraktion, die zusammen mit den Grünen und den Linken als Rathauskooperation die Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung bildet, ist man gar nicht einverstanden mit dem Plakat. „Diese Werbung geht gar nicht“, sagte die Stadtverordnete Sarah Zalfen den PNN. Das Banner sei sexistisch und diskriminierend und in ihren Augen überhaupt nicht geeignet, junge Frauen wertschätzend anzusprechen. „Ein städtisches Unternehmen sollte nicht mit einem solchen  Frauenbild für sich werben.“ Um das festzustellen sollte eigentlich der gesunde Menschenverstand in einem Unternehmen reichen, so Zalfen weiter. „Wenn so etwas aber wie hier „durchrutscht“ macht das deutlich, dass ein Konzept der Stadt tatsächlich sinnvoll sein kann: um zu sensibilisieren und um zu sanktionieren.“ Sie gehe davon aus, dass das Plakat schnellstens wieder verschwindet.

Da könnte Zalfen Recht haben. Nach PNN-Informationen teilt Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) die Einschätzung. Er soll die Plakatkampagne sofort gestoppt haben. Sie sei ein „No go“.

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