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Endlich angekommen. Lieselotte Froese und ihre Kinder Keenan, Slade und Sienna (v.l.).

© Andreas Klaer

Serie "Potsdam Schenkt": Managerin des Alltags

Lieselotte Froese ist alleinerziehende Witwe mit drei Kindern, davon eines behindert. Nach vielem Hin und Her hat sie sich in Potsdam niedergelassen. Der Alltag ist schwierig und ein Wunsch ist offen.

Potsdam - Geben bringt Segen: Zur Weihnachtszeit den Nächsten helfen – das wollen wir, die Potsdamer Neuesten Nachrichten, gemeinsam mit Ihnen, unseren Lesern. Wir stellen Ihnen an dieser Stelle Menschen vor, die es nicht leicht haben im Leben – sei es, weil sie aus problematischen Familienverhältnissen kommen, weil sie krank sind oder weil sie aus ihrer Heimat fliehen mussten, um Krieg und Gewalt zu entkommen. Wir haben diese Menschen getroffen und sie gefragt, was ihnen eine Freude machen würde – und bitten Sie, liebe Leserinnen und Leser, um Mithilfe bei der Erfüllung dieser Weihnachtswünsche.

Wenn Keenan etwas sagen möchte, drückt er auf eine Taste. „Sie schläft“, steht da, oder „er malt“. Eine Stimme sagt dann die zugehörigen Wörter. Talker nennt sich das Gerät, es ist Keenans Weg, zu kommunizieren. Der 13-jährige Junge ist schwer körperlich behindert, seit einem Impfschaden im Alter von acht Monaten, er sitzt im Rollstuhl. Seine Mutter, Lieselotte Froese, kümmert sich um ihn. Wäscht ihn, zieht ihn an, bringt ihn zur Physiotherapie. „Ja, es ist viel, aber ich kenne es nicht anders, so ist mein Leben eben“, sagt die 38-Jährige. „Keenan ist im Kopf völlig fit, aber körperlich braucht er bei allem Hilfe.“

Lieselotte Froese sitzt lächelnd auf ihrem Sofa und zeigt auf die Bilder ihrer drei Kinder an den Wänden. Keenan, der Älteste, Slade, elf Jahre alt und Sienna, die am heutigen Dienstag zehn Jahre alt wird. „Es ist das erste Mal, dass ich Fotos aufgehängt habe. Weil ich hier bleiben möchte und mich hier wohl fühle“, sagt die dynamische Frau in etwas improvisiertem, aber gut verständlichen Deutsch.

Verbindung nach Deutschland

Froese ist in Botswana aufgewachsen. Ihr Vater stammte ursprünglich aus Köln, deshalb hat sie den deutschen Pass, ihre Mutter aus Botswana. Froeses Mann war Südafrikaner. Das Paar hatte eine gemeinsame Baufirma, die in Botswana und Südafrika aktiv war. Doch 2010 starb ihr Mann bei einem Autounfall.

Froese stand mit den drei Kindern alleine da, die Jüngste noch ein Baby. 2013 entschloss sie sich, nach Deutschland zu kommen. Zwar hatte ihr Vater nur selten Deutsch mit ihr gesprochen, doch die Verbindung war trotzdem da. „In Botswana und Südafrika ist es viel schwieriger mit einem behinderten Kind, es gibt weniger Möglichkeiten für Therapien oder Förderung“, sagt Froese.

Drohender Brexit war Grund für Rückkehr

Zunächst wohnte die Familie in Duisburg, Froese fand einen Job in einem Kindergarten. Doch das Umfeld war alles andere als ideal: Froese musste Keenan in die Wohnung in den vierten Stock tragen, ihre Rückenschmerzen wurden immer unerträglicher. Auch fand sie die Menschen dort abweisend. Zwei Jahre verbrachte sie dann in England, wo ihr Bruder lebt. Doch auch dort fand sie nicht die Bedingungen, die sich sich für den behinderten Sohn wünscht. Als der Brexit mehr und mehr die Debatte bestimmte, brach sie die Zelte wieder ab.

Also zog sie im Oktober 2018 nach Potsdam, ein Bekannter arbeitet in der Nähe. Zunächst wohnte die alleinerziehende Mutter mit den drei Kindern im Familienhaus der Arbeiterwohlfahrt (Awo) am Stern. Im August ist die Familie umgezogen in eine Wohnung im Bornstedter Feld.

Die Kinder wollen bleiben

Wenn Froese davon spricht, strahlt sie. Für sie scheint es ein Zeichen dafür zu sein, dass sie nun endlich ankommt. „Meine Kinder wollen hier nicht mehr weg“, sagt sie. Ihr Weihnachtswunsch ist deshalb praktischer Art: Über einen großen Kühlschrank würde sich Froese freuen. Bisher hat sie einen kleinen, muss fast täglich einkaufen gehen. „Davon hätte die ganze Familie etwas“, sagt sie.

Den Alltag zu organisieren, bleibt täglich eine Herausforderung. Jedes der drei Kinder besucht eine andere Schule. Keenan geht auf die Comenius-Schule, „die ist großartig“, sagt Froese. Eine Vielzahl von Angeboten, die ihm guttun, sogar schwimmen könne er dort. Und: Das Rote Kreuz holt ihn ab und bringt ihn wieder nach Hause. Slade muss morgens und nachmittags 40 Minuten mit der Straßenbahn bis zur Priesterweg-Grundschule in Drewitz fahren. Sienna immerhin geht auf die Eisenhart-Schule, nicht sehr weit von der Wohnung entfernt.

Für die nächste Zeit denkt Froese in Etappen. Sie möchte besser Deutsch lernen. „Sprechen kann ich einigermaßen, aber schreiben und lesen fällt mir schwerer“, sagt sie. Dann den Führerschein machen, ihr aktueller aus Botswana wird nicht anerkannt. Und irgendwann nächstes Jahr einen Job finden, vielleicht eine Firma gründen. Etwas, was zeitlich flexibel geht. Denn der Alltag mit den drei Kindern muss ja weiterhin organisiert werden.

Hinweis: Lieselotte Froese hat sich einen Kühlschrank gewünscht. Sie hat ihn bekommen - plus mehrere Gutscheine für die erste Befüllung. Sie und die Redaktion danken allen Lesern für die Hilfe! 

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