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Sven Stricker ist Autor und freier Wortregisseur in Potsdam.

© privat

Serie | Krisentagebuch: Sven Stricker (49) bleibt ruhig und freundlich

Wie erleben Potsdamerinnen und Potsdamer die Coronakrise? Das erzählen sie im Krisentagebuch der PNN. Heute berichtet Sven Stricker, Autor und Wortregisseur aus der Innenstadt.

Potsdam - Wie erleben Potsdamerinnen und Potsdamer die Coronakrise? Wie kommen sie im neuen Alltag zurecht? Was bewegt sie – und was macht ihnen Freude? Wir führen ein Krisentagebuch und fragen nach, wie es den Menschen in unserer Stadt geht.

Wie sieht Ihr neuer Alltag aus?

Autoren sind während des Schreibens ja sowieso zumeist allein mit sich, insofern hat sich diesbezüglich gar nichts geändert. Wenn ich gerade nicht schreibe, führe ich Regie bei Wortproduktionen, das mache ich jetzt ebenfalls von zu Hause aus. Das heißt, über Skype werde ich ins Tonstudio geschaltet. Das ist nicht so meins, weil der persönliche Kontakt schon wichtig ist in diesem Beruf, aber wirklich schlimm ist es auch nicht. Schlimm wäre es, nicht arbeiten zu können. Am Wichtigsten ist es, die Disziplin zu halten, also auch an terminlosen Tagen früh aufzustehen, den Tag an sich zu nutzen, auch mal zwischendurch raus zu gehen, Vitamin D zu tanken und etwas für die Gesundheit zu tun. Und für die Seelenhygiene ist es wichtig, zwischendurch an vieles zu denken, was nicht mit C beginnt. Die positiven Dinge zu suchen und zu sehen.

Was fällt Ihnen in der momentanen Situation am schwersten?

Auf meine Lesungen und Veranstaltungen zu verzichten. Die waren immer ein wichtiger Ausgleich für einen oft etwas einsamen Beruf. Außerdem fehlt mir die Bundesliga. Ich hätte nie gedacht, dass ich es einmal so lange ohne Fußball aushalten muss. Oder kann.

Was ärgert Sie am meisten?

Die Ignoranz mancher Leute. Es ist sicher richtig und verständlich, Vorschriften und Doktrinen auch immer wieder zu hinterfragen. Aber wenn ich im Supermarkt bin und der Kassierer mir erzählt, dass die sowieso nicht zu beneidenden Angestellten den ganzen Tag die gestrichelte Markierung verteidigen und immer wieder erklären müssen, warum besagter Abstand zur Kasse bitte einzuhalten ist und es regelmäßig zu Ärger und Aufregung empörter Kunden kommt, dann verstehe ich die Welt nicht mehr. Haltet die Abstände ein oder geht nicht einkaufen! Es ist doch völlig egal, ob es nun 1,50 Meter oder 2 Meter oder 5,20 Meter sind, es ist eine Frage des Respekts gegenüber der Belegschaft und den anderen Kunden, dass man sich an die Hausregeln hält. Bestenfalls sogar gerne.

Worüber haben Sie sich in den letzten Tagen gefreut?

Über das Gegenteil, was mindestens genauso oft zu beobachten ist. Ich habe das Gefühl, dass die Leute in der Regel achtsam miteinander umgehen, sich auch mal anlächeln, wenn sie sich auf der Straße oder am See begegnen. Das macht Mut und ist ein gutes Zeichen. Ebenfalls gefreut habe ich mich darüber, dass meine Auftragslage im Moment nicht einbricht. Ich habe glücklicherweise genug zu tun, bei weitem keine Selbstverständlichkeit für einen Freiberufler zurzeit. Und über meine Tochter freue ich mich jeden Tag, weil sie das mit dem Lernen zuhause hervorragend hinbekommt und die nötige Portion Farbe in den Tag bringt.

Ihr persönlicher Tipp zum Umgang mit der Krise?

Ruhig bleiben, freundlich bleiben, den Nachbarn vom Balkon aus fröhlich zuwinken, nur das Nötigste lesen und sich nicht von den vielen Medien, die Ruhe predigen und Panik schreien, anstecken lassen. Und falls ich es noch nicht erwähnt haben sollte: Vor allem ruhig bleiben.

Alle Teile unserer Serie zum Nachlesen

Teil 1: Christian Neusser (42) über kleine Freuden im Corona-Alltag

Teil 2: Bei Eszter Kalmár (44) ist bisher alles entspannt

Teil 3: Jann Jakobs (66) über nervige Ignoranten und Panikmacher

Teil 4: Jihan Alam (44) nutzt die Zeit mit ihren Töchtern

Teil 5: Ute Parthum (54) freut sich über Kulturangebote im Internet

Teil 6: Wolfgang Bivour (70) ärgert sich über Hamsterkäufer

Teil 7: Uta Gerlant (54) freut sich über Menschen mit Improvisationstalent

Teil 8: Susanne Halke (41) tut der Dank der Kunden gut

Teil 9: Julien Norman Melke (26) meistert den harten Alltag

Teil 10: Jenny Gartemann (32) hat endlich Zeit zum Planen

Teil 11: Christine Anlauff (49) entdeckt Park Sanssouci neu

Teil 12: Ariane Füchtner (53) setzt auf Hüpfen und Yoga

Teil 13: Sven Stricker (49) bleibt ruhig und freundlich

Teil 14: Susanne Fienhold Sheen (53) wünscht sich mehr Contenance

Teil 15: Matthias Michel (49) behält seinen Galgenhumor

Teil 16: Lydia Poppe (59) geht gegen Ängste vor

Teil 17: Gisela Rüdiger (72) beschäftigt sich viel im Garten

Teil 18: Mathias Selbach (43) wünscht sich Licht am Ende des Tunnels

Teil 19: Björn O. Wiede (58) fehlen die Proben mit dem Nikolaichor

Teil 20: Marie-Luise Glahr (48) hat gut zu tun

Teil 21: Renate Schmidt-Reichstein hört auf das Glockenläuten

Teil 22: Marcus Golter (54) freut sich über Selfies und Spargel

Teil 23: Mytran Xhyra (44) hofft, dass weniger gemeckert wird

Teil 24: Else Vösgen (92) fehlen Umarmungen

Teil 25: Simon Plate (33) blickt zum Himmel

Teil 26: Anna Tauschke (38) geht raus in die Natur

Teil 27: Jenne Baule-Prinz (53) hat eine Liste zum Freuen

Teil 28: Christoph Freytag (37) ärgert sich über Panikmache

Teil 29: Jan Kretzschmar (49) versucht Ruhe zu bewahren

Teil 30: Carolin Huke (33) engagiert sich vielseitig

Teil 31: Nadja von Saldern (53) übt sich in Selbstliebe

Teil 32: Julia Förster (26) kommen die Belange der Kinder zu kurz

Teil 33: Fabian Vallone (24) ruft zu Unterstützung auf

Teil 34: Erich Benesch (57) radelt in Ruhe

Teil 35: Nina Gummich (28) hat ihre letzte Gage gespendet 

Teil 36: Andrea Peters (56) freut sich, wenn es wieder losgehen kann

Teil 37: Matthias Müller (56) ist im Tiefschlaf

Teil 38: Anne Braun (34) gestaltet den Balkon opulent

Teil 39: Christine Handke (53) fehlt die Mimik

Teil 40: Claire Dörfer (43) wird nicht resignieren

Teil 41: Ludger Brands (63) steigt aufs Rennrad

Teil 42: Marianne Seibert (71) fehlt der Kontakt zu anderen Menschen

Teil 43: Thomas Drachenberg (57) bleibt gelassen

Teil 44: Jörg Schröder (60) freut sich über die kleinen Dinge des Lebens

Teil 45: Max Schäfer (17) empfiehlt, sich ein Projekt zu suchen

Teil 46: Annette Paul (49) will mehr lachen

Teil 47: Raimund Jennert (59) genießt die Pausen im Garten

Teil 48: Jaro Samuel Abraham (17) vermisst den politischen Protest

Teil 49: Antje Michel (46) simuliert ihren Arbeitsweg

Teil 50: Karin Junkel (69) bleibt gelassen

Teil 51: Werner Ruhnke (73) handelt tatkräftig

Teil 52: Herrmann A. Kremer (76) freut sich über die neue Atmosphäre

Teil 53: Daniel Vetter (39) genießt die kleinen Momente

Teil 54: Gunnar Belden (46) kann wieder mit den Kollegen Mittag essen

Teil 55: Matthias Noack (33) grüßt täglich das Murmeltier

Teil 56: Julia Ziemann (26) bringt die Tropenwelt ins Netz

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