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Else Vösgen.

©  privat

Serie | Krisentagebuch: Else Vösgen (92) fehlen Umarmungen

Wie erleben Potsdamerinnen und Potsdamer die Coronakrise? Das erzählen sie im Krisentagebuch der PNN. Heute berichtet Else Vösgen (92), Bewohnerin der Seniorenresidenz "Heilig Geist Park" in der Innenstadt.

Potsdam - Wie erleben Potsdamerinnen und Potsdamer die Coronakrise? Wie kommen sie im neuen Alltag zurecht? Was bewegt sie – und was macht ihnen Freude? Wir führen ein Krisentagebuch und fragen nach, wie es den Menschen in unserer Stadt geht.

Wie sieht Ihr neuer Alltag aus?

Ich habe mir jetzt eine ganz klare Struktur in den Alltag eingebaut: Ich stehe zwischen 7 und 7.30 Uhr auf und warte in der Zeit zwischen 7.30 und 8.30 Uhr auf meine Hauskrankenpflege, die mir morgens hilft, in den Tag zu starten. Im Anschluss daran mache ich mir mein Frühstück selbst. Die Lebensmittel besorgt mir mein Sohn. Die Übergabe erfolgt durch die Mitarbeiter der Rezeption. Wenn es das Wetter zulässt – und es ist ja im Moment ein Traum – mache ich einen Spaziergang von einer guten halben Stunde durch unseren wunderschönen Garten. Vor dem Mittagessen habe ich noch Zeit für die Zeitung. Mein Mittagessen nehme ich schon um 11 Uhr im Restaurant ein. Es wurden zwei Gruppen für den Mittagstisch eingeführt, damit jeder Bewohner einen eigenen Tisch hat. Hier habe ich Kontakt zu meinen Mitbewohnern. Wir reden etwas lauter, damit wir uns auch verstehen. Meine Mittagsruhe ist mir heilig. Am Nachmittag nehme ich die Angebote für die Veranstaltungen durch die Residenz wahr. Kino, Kulturprogramm, Bingo oder Musik auf der Wiese in unserem Garten. Nach meinem Abendbrot schließe ich den Tag mit Lesen, Fernsehschauen oder Patiencespielen am Tablet ab. Gegen 22 Uhr beginnt die Nachtruhe

Was fällt Ihnen in der momentanen Situation am schwersten?

Dass ich keinen persönlichen Kontakt mit den Kindern und Enkelkindern haben kann. Umarmungen fehlen mir sehr. Auch mein bereits seit drei Jahren verstorbener Mann fehlt mir in dieser Zeit besonders.

Was ärgert sie am meisten?

Mitmenschen sind unvernünftig in dieser Zeit. Besonders Mitmenschen im gleichen Alter sollten doch durch den Krieg Entbehrungen gehabt haben. Die Zeit ist nun mal so und Aufbäumen ist doch zwecklos. Man muss sich jetzt an die Regeln halten und es so hinnehmen. Ansonsten habe ich mir vorgenommen mich mit 92 Jahren nicht mehr zu ärgern.

Worüber haben sie sich in den letzten Tagen gefreut?

Ich freue mich über lachende Menschen und über solche, die stehen bleiben, mich wegen meiner Maske nicht erkennen und ein Gespräch mit mir führen.

Ihr persönlicher Tipp zum Umgang mit der Krise?

Was man ändern kann soll man ändern, was man nicht ändern kann soll man hinnehmen. Vor allem soll man Gelassenheit lernen.

Alle Teile unserer Serie zum Nachlesen

Teil 1: Christian Neusser (42) über kleine Freuden im Corona-Alltag

Teil 2: Bei Eszter Kalmár (44) ist bisher alles entspannt

Teil 3: Jann Jakobs (66) über nervige Ignoranten und Panikmacher

Teil 4: Jihan Alam (44) nutzt die Zeit mit ihren Töchtern

Teil 5: Ute Parthum (54) freut sich über Kulturangebote im Internet

Teil 6: Wolfgang Bivour (70) ärgert sich über Hamsterkäufer

Teil 7: Uta Gerlant (54) freut sich über Menschen mit Improvisationstalent

Teil 8: Susanne Halke (41) tut der Dank der Kunden gut

Teil 9: Julien Norman Melke (26) meistert den harten Alltag

Teil 10: Jenny Gartemann (32) hat endlich Zeit zum Planen

Teil 11: Christine Anlauff (49) entdeckt Park Sanssouci neu

Teil 12: Ariane Füchtner (53) setzt auf Hüpfen und Yoga

Teil 13: Sven Stricker (49) bleibt ruhig und freundlich

Teil 14: Susanne Fienhold Sheen (53) wünscht sich mehr Contenance

Teil 15: Matthias Michel (49) behält seinen Galgenhumor

Teil 16: Lydia Poppe (59) geht gegen Ängste vor

Teil 17: Gisela Rüdiger (72) beschäftigt sich viel im Garten

Teil 18: Mathias Selbach (43) wünscht sich Licht am Ende des Tunnels

Teil 19: Björn O. Wiede (58) fehlen die Proben mit dem Nikolaichor

Teil 20: Marie-Luise Glahr (48) hat gut zu tun

Teil 21: Renate Schmidt-Reichstein hört auf das Glockenläuten

Teil 22: Marcus Golter (54) freut sich über Selfies und Spargel

Teil 23: Mytran Xhyra (44) hofft, dass weniger gemeckert wird

Teil 24: Else Vösgen (92) fehlen Umarmungen

Teil 25: Simon Plate (33) blickt zum Himmel

Teil 26: Anna Tauschke (38) geht raus in die Natur

Teil 27: Jenne Baule-Prinz (53) hat eine Liste zum Freuen

Teil 28: Christoph Freytag (37) ärgert sich über Panikmache

Teil 29: Jan Kretzschmar (49) versucht Ruhe zu bewahren

Teil 30: Carolin Huke (33) engagiert sich vielseitig

Teil 31: Nadja von Saldern (53) übt sich in Selbstliebe

Teil 32: Julia Förster (26) kommen die Belange der Kinder zu kurz

Teil 33: Fabian Vallone (24) ruft zu Unterstützung auf

Teil 34: Erich Benesch (57) radelt in Ruhe

Teil 35: Nina Gummich (28) hat ihre letzte Gage gespendet 

Teil 36: Andrea Peters (56) freut sich, wenn es wieder losgehen kann

Teil 37: Matthias Müller (56) ist im Tiefschlaf

Teil 38: Anne Braun (34) gestaltet den Balkon opulent

Teil 39: Christine Handke (53) fehlt die Mimik

Teil 40: Claire Dörfer (43) wird nicht resignieren

Teil 41: Ludger Brands (63) steigt aufs Rennrad

Teil 42: Marianne Seibert (71) fehlt der Kontakt zu anderen Menschen

Teil 43: Thomas Drachenberg (57) bleibt gelassen

Teil 44: Jörg Schröder (60) freut sich über die kleinen Dinge des Lebens

Teil 45: Max Schäfer (17) empfiehlt, sich ein Projekt zu suchen

Teil 46: Annette Paul (49) will mehr lachen

Teil 47: Raimund Jennert (59) genießt die Pausen im Garten

Teil 48: Jaro Samuel Abraham (17) vermisst den politischen Protest

Teil 49: Antje Michel (46) simuliert ihren Arbeitsweg

Teil 50: Karin Junkel (69) bleibt gelassen

Teil 51: Werner Ruhnke (73) handelt tatkräftig

Teil 52: Herrmann A. Kremer (76) freut sich über die neue Atmosphäre

Teil 53: Daniel Vetter (39) genießt die kleinen Momente

Teil 54: Gunnar Belden (46) kann wieder mit den Kollegen Mittag essen

Teil 55: Matthias Noack (33) grüßt täglich das Murmeltier

Teil 56: Julia Ziemann (26) bringt die Tropenwelt ins Netz

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