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Bevor die Gemälde aus aller Welt anreisen, hat Lichtplanerin Eva-Maria Henschkowski die Lichteinstellungen programmiert.

© Ottmar Winter

Serie | Barberini - die Kunst hinter der Kunst: Wie Gemälde zum Leben erwachen

Im Barberini läuft der Umbau zur Schau „Impressionismus in Russland“. Wir stellen Menschen vor, die daran beteiligt sind. Teil 7: Die Lichtplanerin Eva-Maria Henschkowski.

Potsdam - Eva-Maria Henschkowski kommt vom Theater. Sie hat Architektur und Bühnenbild studiert – und wurde dann über ein Aufbaustudium Lichtplanerin. Das sind die, die mehr von Physik verstehen als Architekten und mehr von Kunst als Ingenieure. Für ganze Städte entwerfen sie die Lichtkonzepte, oder auch nur für Wohnungen, je nach Anfrage. Bei Eva-Maria Henschkowski fragte das Museum Barberini an.

Seit der Eröffnung 2017 ist sie im Museum dabei. Das Theater aber hat sie nie losgelassen. Weil sie parallel für Theater arbeitet – aber vor allem, weil sie den Museumsraum als Bühne denkt. Die Dramaturgie bestimmen die Kuratorinnen, aber sie ist die, die sie umsetzt.

Jedem Gemälde zu seinem bestmöglichen Auftritt verhelfen, das ist das Ziel. Die Unscheinbaren zum Glänzen bringen, und bei den Hinguckern dafür sorgen, dass sie nicht zu sehr glänzen. Sie sorgt für Zusammenspiel und Harmonie zwischen den Werken, die wie Diven aus aller Welt anreisen – oft hohe Versicherungssummen im Gepäck.

Die Geister der Gemälde sind schon da

Gut eine Woche vor Eröffnung der Ausstellung „Impressionismus in Russland“ steht sie in einem leeren Raum im Erdgeschoss des Museum Barberini. Aber was heißt hier leer: Die Geister der Gemälde sind schon da. Dort, wo sie bald hängen werden, sind helle Flecken auf den Wänden zu sehen. Platzhalter für die Kunstwerke – Versprechen, wenn man so will. Wenn die Gemälde da sind, sieht man, ob es eingelöst wird. Eva-Maria Henschkowski sagt, sie weiß, dass ihre Arbeit getan ist, „wenn die Kunstwerke leben“. Die größte Gefahr dabei: „Dass man überinszeniert.“ Den Werkcharakter verfälscht.

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Schaut man genau hin, sieht man, dass die Strahler, die die Bilder markieren, sich in der Farbe leicht unterscheiden. Jede einzelne Lichtposition ist genau auf die Bedürfnisse des künftigen Bildes abgestimmt. Eine wesentliche Vorgabe kommt von den Verleihern: Sie bestimmen, wie viel Lux das jeweilige Werk verträgt, mit welcher Beleuchtungsstärke es angestrahlt werden darf.

Wichtigster Begleiter: der "Teewagen"

Mit der Farbe – „warm“ oder „kalt“ – hat das noch nichts zu tun, die wird in Kelvin gemessen und liegt im Ermessen von Eva-Maria Henschkowski. „Lux beschreibt die Menge des Lichts, das auf das Bild trifft.“ Je empfindlicher ein Werk, desto strenger und geringer der vorgegebene Lux-Wert. In der Van-Gogh-Schau durften es teilweise nicht mehr als 45 Lux sein. Am hellsten war es bislang bei Gerhard Richter: 200 Lux. Die aktuelle Ausstellung liegt irgendwo dazwischen.

Wichtigster Begleiter bei ihrer Arbeit im Museum Barberini ist ihr „Teewagen“. So nennt Eva-Maria Henschkowski eine mobile Arbeitsplatte auf Rollen, die sie von Raum zu Raum fahren kann. Auf dem Teewagen immer dabei: Verschiedene Wechsellinsen für die Strahler, ein Luxmeter zum Überprüfen der Beleuchtungsstärke und zwei Rechner. Einer gehört dem Museum, einer ihr selbst. 

Bildgenaues Lichtkonzept

Der Rechner des Barberini ist mit einer Software ausgestattet, mit der die gesamte Beleuchtung über „Dali“ angesteuert wird, einem Protokoll zur Lichtsteuerung. Es ist nur ein schmaler Laptop, und doch schlägt hier das Herz des Lichtsystems. Von hier aus lassen sich die Lichtverhältnisse im ganzen Museum steuern. Henschkowski macht es vor: Nach wenigen Klicks scheint plötzlich die Sonne aufzugehen.

Auf dem zweiten Laptop, ihrem eigenen, hat sie bildgenau das Lichtkonzept für die Ausstellung programmiert. Hat Raumpläne erstellt, lange Listen angelegt. Über 500 Strahler besitzt das Museum Barberini, bei der aktuellen Ausstellung sind rund 200 im Einsatz. Dazu kommen die sogenannten Lichtvouten: Sie sorgen für eine indirekte Beleuchtung der Decke, lassen den Raum hoch und hell erscheinen. Während die Strahler die Kunstwerke zum Strahlen bringen, bestimmen die Lichtvouten an der Decke die Grundhelligkeit im Raum. Und auch wenn vieles digital geschieht: Ein weiterer wesentlicher Helfer bei Henschkowskis Arbeit ist die „Genie“ – ein Steiger, mit dem man die knapp sieben Meter hohen Decken erreicht.

Vieles läuft digital ab bei der Arbeit von Lichtplanern – ein wichtiger analoger Helfer ist „Genie“, ein Steiger, um die sieben Meter hohen Decken zu erreichen.
Vieles läuft digital ab bei der Arbeit von Lichtplanern – ein wichtiger analoger Helfer ist „Genie“, ein Steiger, um die sieben Meter hohen Decken zu erreichen.

© Ottmar Winter PNN

Wenn alles eingeleuchtet ist und sie mit den Kuratorinnen einmal durch die ganze Schau gelaufen ist, speichert Eva-Maria Henschkowski die Lichtszenen auf dem Rechner des Barberini, übergibt ihre Komposition an die hauseigenen Techniker. Frau Henschkowski, ist Lichtdesign nicht eigentlich auch Kunst? Ach was, sagt sie. Aber künstlerisches Feingefühl, das brauche man schon.

Das Museum Barberini ist Potsdams meistbesuchte Kultureinrichtung. Mit hochkarätigen Ausstellungen zieht es ein Publikum aus der ganzen Republik und darüber hinaus an. Aber welche konzeptionellen, handwerklichen und logistischen Herausforderungen sind für die Vorbereitung einer Schau eigentlich zu bewältigen? Die PNN begleiten den Umbau für die Ausstellung „Impressionismus in Russland. Aufbruch zur Avantgarde“ und stellen die Menschen vor, die daran beteiligt sind – ein Einblick in die Kunst hinter der Kunst.

Teil 1: Museumsdirektorin und Kuratorin Ortrud Westheider

Teil 2: Malermeister Frank Herber

Teil 3: Vermittlung und Rahmenprogramm mit Achim Klapp, Andrea Schmidt und Julia Teller

Teil 4: Haustechniker Carsten Loeper

Teil 5: Die Registrars Anne Barz und Matthias Heitbrink 

Teil 6: Gästemanagement mit Dorothee Entrup und Angela Winkler

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