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Seniorpartner in School: Für weniger Streit im Klassenzimmer

Die sogenannten Seniorpartner in School schlichten Konflikte zwischen Schülern. Den Lehrern halten sie damit den Rücken frei - an insgesamt acht Potsdamer Schulen.

Von Birte Förster

Potsdam - Die Situation ist wie folgt: Melanie versteckt die Federtasche von Moritz. Daraufhin beleidigen sich beide mit immer heftigeren Schimpfworten. Der Streit eskaliert, als Moritz Melanie auf dem Schulhof schubst und sie stürzt – und sich das Knie aufschlägt. Mit dem Fall beschreibt Ilona Christiansen vom Vorstand des Landesverbandes Brandenburg für Seniorpartner in School ein Beispiel, wann die ehrenamtlich an den Schulen arbeitenden Mediatoren des Verbandes ihren Einsatz haben. Die Mediatoren, zumeist Rentner, durchlaufen vor Beginn ihrer Tätigkeit eine zehntägige, kostenlose Fortbildung zum Schulmediator – und halten Lehrern an acht Potsdamer Schulen so den Rücken frei.

An insgesamt 20 Brandenburger Schulen, darunter acht aus Potsdam, erleichtern laut Christiansen die ehrenamtlich tätigen Seniorpartner mittlerweile den Schulalltag. Eine davon ist die Karl-Foerster-Grundschule im Bornstedter Feld. Bereits vor zwölf Jahren sei die Schule in das Programm eingestiegen, sagt Schulleiterin Petra Knoblauch. „Es hat einen absolut positiven Einfluss.“ Den Lehrern halten die Mediatoren den Rücken frei und der Unterricht werde nicht von Konflikten aufgehalten. Würden diese fachmännisch von den Mediatoren geklärt, sei gleich ein viel besseres Arbeiten möglich, so Knoblauch. „Daher schauen wir immer, dass ein Problem zeitnah gelöst wird.“ Wesentlich sei, dass Konflikte gewaltfrei gelöst werden. In Akutfällen bedeute das auch, dass Schüler während des Unterrichts die Seniorpartner aufsuchen. Auch die Eltern würden das in der Regel akzeptieren.

„Manchmal lassen wir sie kleine Verträge aufschreiben"

Im Büro der Seniorpartner in den jeweiligen Schulen setzen sich die Streithähne dann zusammen, um den Konflikt zu klären. Dort dürften zunächst beide Kinder nacheinander erzählen, was vorgefallen sei und wie sie die Situation erlebt hätten, erklärt Christiansen, die auch selbst als Streitschlichterin an Schulen arbeitet. „Wir Mediatoren spiegeln ihre Aussagen und vergewissern uns, dass wir sie richtig verstanden haben.“ Anschließend unterstützen die Mediatoren die Kinder dabei herauszufinden, was sie sich in der Streitsituation gewünscht hätten, damit der Konflikt anders ausgegangen wäre. Oft würden sich die Kinder dann spontan entschuldigen. „Manchmal lassen wir sie auch kleine Verträge aufschreiben oder ermutigen sie, eigene Regeln für das weitere konfliktfreie Zusammensein zu entwickeln“, so die 70-Jährige. 

Oft seien sie beeindruckt, wie gut sich die Kinder in den jeweils anderen hineindenken könnten. Um das zu unterstützen, lassen die Mediatoren die Schüler auch mal die Rollen tauschen, um sich besser in den jeweils anderen hineinzuversetzen. Die Schüler könnten die Unterstützung durch die Mediatoren freiwillig in Anspruch nehmen. Alles, was in dem Raum besprochen werde, dürfe nicht nach außen getragen werden.

An der Foerster-Grundschule sind laut Schulleiterin Knoblauch derzeit sechs Seniorpartner tätig. Die Zweier-Teams sind an einem bestimmten Tag in der Woche im Einsatz. Von 8.30 Uhr bis etwa 13 Uhr sind die Ehrenamtlichen in dem für ihre Arbeit bestimmten Raum ansprechbar. Die Kinder können spontan vorbeikommen oder einen Termin vereinbaren. In dem Raum ist auch ein Telefon, sodass Lehrer bei Akutfällen bei ihnen anrufen können. Manchmal seien die Seniorpartner aber auch auf dem Pausenhof unterwegs oder würden gemeinsam mit allen Schülern der Klasse Probleme und Konflikte besprechen, berichtet die Schulleiterin.

Viele Schüler suchten von sich aus die Ehrenamtler auf

Von den Schülern werde das Angebot durch die Seniorpartner gut angenommen, sagt Knoblauch. Viele suchten von sich aus die Ehrenamtler auf. „Sie wissen genau, dass das, was in dem Raum besprochen wird, auch dort bleibt. Dadurch öffnen sie leichter ihr Herz“, sagt die Schulleiterin. 

Für viele seien die Seniorpartner auch deshalb so wichtig, weil sie ihre Großeltern nur selten sehen – die Partner werden zu einer Art Ersatz. Auch, wenn sich nicht immer der große Erfolg einstelle, sei es wichtig, über die vorhandenen Konflikte zu reden. Denn die Kinder würden so lernen, auch bei anderen Schwierigkeiten besser zurechtzukommen, so Knoblauch. Dass dadurch die soziale Handlungskompetenz der Kinder gestärkt werde, davon ist auch Christiansen überzeugt: „Auf diese Weise lernen Kinder, dass Konflikte etwas ganz Normales sind, die sogar anregend sein können, wenn man sie konstruktiv und kreativ löst.“

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