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Segnung auf dem Klausberg: Wein verbindet Religionen

Ein Rabbiner, ein Bischof und eine Superintendentin haben den Königlichen Weinberg gesegnet. 

Potsdam - Es war kein alltägliches Bild, das sich am gestrigen Sonntagnachmittag den Besuchern einer Segensfeier auf dem Königlichen Weinberg nahe der Maulbeerallee bot: In ihre jeweilige Amtstracht gewandet, spendeten gleich drei hochrangige Vertreter unterschiedlicher Religionen und Konfessionen der Gottesdienstgemeinde sowie dem historischen Weinberg den Segen. Der Berliner Erzbischof Heiner Koch, die Potsdamer Superintendentin Angelika Zädow und der Rabbiner Walter Homolka zelebrierten gemeinsam diese Feier unter freiem Himmel, zu der schätzungsweise etwa 80 Menschen gekommen waren.

Der vor 250 Jahren unter Friedrich II. angelegte Weinberg wurde am Sonntag so Zeuge eines besonderen interreligiösen Ereignisses – gewöhnlich ist es schließlich nicht, dass ein Rabbiner und zwei christliche Geistliche zu einer gemeinsamen Feier zusammenkommen. Auf Bierbänken sitzend konnten die Besucher der Segensfeier dabei zugleich den herrlichen Blick auf die Weinbergterrassen und das darüber liegende Belvedere genießen. Die Idee dazu, im Jubiläumsjahr dieses Weinbergs eine Segensfeier zu geben, hatte die Potsdamer SPD-Bundestagsabgeordnete Manja Schüle. Bei einer Jungweinprobe in Werder im Frühjahr dieses Jahres war sie mit Andreas Kramp von der Firma Mosaik-Berlin ins Gespräch gekommen. Das Unternehmen, in dem viele Menschen mit Behinderungen arbeiten, bewirtschaftet schon seit Jahren den Königlichen Weinberg.

Schüles Idee von der religionsübergreifenden Segensfeier auf dem Weinberg betrachtete Kramp zunächst mit Skepsis. Könnten hohe Würdenträger tatsächlich hierfür zu gewinnen sein, habe er sich gefragt. Aber es funktionierte. „Die besten Ideen kommen eben doch beim Wein“, scherzt er nun.

Schüle sagt, sie habe auch überlegt, einen Imam einzuladen. Doch wegen des Alkoholverbots im Islam tat sie es nicht. Zwar wird nicht jede Traube zu Wein verarbeitet. Es gibt schließlich auch Tafeltrauben. Aber sie habe einen Imam nicht in Schwierigkeiten bringen wollen, erklärte Schüle, die auch Schirmherrin der Veranstaltung war. Der Anblick der drei Geistlichen, die gemeinsam die Segensfeier zelebrierten, sei für sie „eines der friedvollsten Bilder gewesen in den letzten Wochen“, sagte die SPD-Politikerin.

Kein Fest im Christentum ohne Wein

Rabbiner Walter Homolka erinnerte auf der Feier an die große Bedeutung des Weins für Juden und Christen: „Ohne Wein als Symbol der Fülle und der göttlichen Zugewandtheit wären Judentum wie Christentum nicht denkbar.“ Kein Schabbat, kein Fest, keine Beschneidung und keine Hochzeit könnten im Judentum ohne Wein auskommen, sagte Homolka, der auch Rektor des Potsdamer Abraham-Geiger-Kollegs ist. Im Christentum wiederum steht der Wein für das Blut Christi. In jeder Eucharistiefeier beziehungsweise bei jedem Abendmahl wird dies rituell sichtbar.

Natürlich ranken sich auch zahlreiche ganz weltliche Sprüche, Weisheiten und Bonmots um den Rebensaft. So zitierte Schüle am Sonntag den Dichter Kurt Tucholsky: „Schade, dass man einen Wein nicht streicheln kann.“ Und auch der Babylonische Talmud aus dem Judentum hält, was den Wein angeht, eine vergleichsweise weltliche Aussage parat: „Keine Festfreude ohne Wein.“ So sagte es der Rabbiner Homolka auf der Segensfeier.

Der Wein wurde gelobt

Sowohl Homolka als auch Zädow und Koch erklärten unisono, sie hätten sich nicht lange zu dieser Veranstaltung bitten lassen müssen. „Ich habe sofort Ja gesagt“, sagte etwa Zädow. Den roten Wein, den es beim anschließenden Picknick gab, fand die Superintendentin lecker – und war mit diesem Urteil nicht allein. Den Rotwein, gekeltert aus den Regent-Trauben des Königlichen Weinbergs, lobten viele der Picknickbesucher. Und man konnte auf dem kleinen Fest auch einige Flaschen Wein erwerben – so wie Beate und Gerd-Dietrich Schmidt von der Potsdamer Katholischen Gemeinde Sankt Peter und Paul, die mit einer Flasche Royal Plaisir – einer Cuvée aus Phoenix und Cabernet Blanc – nach Hause gingen.

Auch Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) war zur Segensfeier gekommen. Er erinnerte daran, dass es in der Region früher mehrere Hundert Weinberge gegeben hat. Schubert ist eigenen Angaben nach selbst Besitzer einiger Rebstöcke auf dem Königlichen Weinberg. Zur Unterstützung der Arbeit auf dem hiesigen Berg haben verschiedene Menschen bereits symbolisch einige Rebstöcke erworben. Ob der Königliche Weinberg irgendwann einmal wieder mit allen Glasscheiben und Gewächshäusern, die es hier einmal gab, zu erleben sein wird, bleibt indes abzuwarten. Schritt für Schritt wolle man bei der Restaurierung der Anlage vorangehen, sagte Sanssoucis Gartendirektor Michael Rohde und lobte die Zusammenarbeit mit Mosaik-Berlin. „Das ist schön, was hier passiert“, so Rohde. Doch einen Zeitplan für die weiteren Wiederaufbauarbeiten konnte er noch nicht nennen.

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