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Ines R. wird unter anderem vierfacher Mord zur Last gelegt.

© Marion Kaufmann

Sechster Prozesstag im Fall Oberlin: „Da muss man sehr entschlossen sein, um das durchzuführen“

Vier Bewohner des Thusnelda-von-Saldern-Haus soll Ines R. getötet haben. Am Montag sagte der Notarzt aus, der nach der Gewalttat eine Überlebende versorgte. 

Potsdam - Am Montag ist vor dem Potsdamer Landgericht der Prozess im Fall Oberlin fortgesetzt worden. Der Notarzt, der nach der Gewalttat vom 28. April 2021 in das Babelsberger Thusnelda-von-Saldern-Haus gerufen wurde, berichtete vor Gericht von dem Einsatz, der ihn noch Tage danach beschäftigt habe. Der Mediziner versorgte die Bewohnerin, die die Tat schwer verletzt überlebt hatte. 

„Da muss man sehr entschlossen sein, um das durchzuführen“, sagte er vor Gericht. Der lange Schnitt am Hals der Frau müsse nach seiner Einschätzung „mit ruhiger Hand“ und einem scharfen Messer durchgeführt worden sein. Zudem habe er festgestellt, dass die Bewohnerin bei der Behandlung Schmerzreaktionen gezeigt habe, was ihn vermuten lasse, dass sie auch den Schnitt am Hals gespürt habe. 

Der Pflegekraft Ines R. (52) wird vorgeworfen, die Bewohnerin mit einem Messer schwer verletzt und vier Bewohner des Heims für Menschen mit Behinderung getötet zu haben.

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Zwei Messer bei Hausdurchsuchung gefunden

Auch der Kriminalkommissar, der die Hausdurchsuchung bei der Angeklagten geleitet hatte, sagte aus. Karsten T. gab vor dem Landgericht Potsdam an, der Ehemann der Angeklagten habe offensichtlich „Redebedarf“ gehabt. Thimo R. habe geäußert, die Tat sei ihm „nicht erklärlich“. Er habe von Überlastung seiner Frau durch bis zu zwölftägige Arbeitseinsätze mit bis zu zwölfstündigen Diensten berichtet.

Bei der Hausdurchsuchung seien zwei Messer gefunden worden, von denen der Ehemann nach eigenem Bekunden keine Kenntnis gehabt habe, sagte der Kriminalkommissar weiter aus. Der Ehemann habe sich geäußert, obwohl der Verteidiger ihm davon abgeraten habe.

Die beiden Ärzte, die die Angeklagte im Prozess wegen der Tötung von vier Schwerstbehinderten im Potsdamer Oberlinhaus nach der Tat untersuchten, haben einander widersprechende Angaben über ihren Zustand gemacht. Der Gerichtsmediziner Knut A. sagte am Montag vor dem Landgericht Potsdam aus, er habe sie bei der Untersuchung in den frühen Morgenstunden des Folgetags bedrückt und verlangsamt wahrgenommen.

[Lesen Sie auch: Der Mordprozess Oberlinhaus: Die Abgründe der Angeklagten Ines R. – eine Rekonstruktion (T+)]

Ihre Augen seien geschwollen und gerötet gewesen, die Pupillen leicht erweitert, sagte der Gerichtsmediziner. Daher habe er eine Untersuchung ihrer Gewahrsamstauglichkeit angeregt. Ines R. wurde am Tag nach der Tat in eine psychiatrische Klinik eingewiesen.

Der Arzt, der in den Stunden unmittelbar nach der Tat entschieden hatte, sie könne in Gewahrsam genommen werden, beschrieb sie vor Gericht als „sehr entspannt, fast gelöst“. Fragen nach Erschöpfung und Niedergeschlagenheit habe sie verneint, sagte Sascha J. aus. Ihr Zustand habe in einem Missverhältnis zu den Vorwürfen gestanden. Möglicherweise habe sie diese nicht wahrhaben wollen. Wegen Bedenken, dass ihr die Tragweite des Geschehens klar werden könne, habe er angesichts drohender Suizidgefahr Sichtkontrolle angeordnet.

Widersprüchliche Angaben über die Angeklagte 

Die beiden Ärzte, die die Angeklagte nach der Tat untersuchten, haben einander widersprechende Angaben über ihren Zustand gemacht. Der Gerichtsmediziner Knut A. sagte aus, er habe sie bei der Untersuchung in den frühen Morgenstunden des Folgetags bedrückt und verlangsamt wahrgenommen.

Ihre Augen seien geschwollen und gerötet gewesen, die Pupillen leicht erweitert, sagte der Gerichtsmediziner. Daher habe er eine Untersuchung ihrer Gewahrsamstauglichkeit angeregt. Ines R. wurde am Tag nach der Tat in eine psychiatrische Klinik eingewiesen.

Der Arzt, der in den Stunden unmittelbar nach der Tat entschieden hatte, sie könne in Gewahrsam genommen werden, beschrieb sie vor Gericht als „sehr entspannt, fast gelöst“. Fragen nach Erschöpfung und Niedergeschlagenheit habe sie verneint, sagte Sascha J. aus. Ihr Zustand habe in einem Missverhältnis zu den Vorwürfen gestanden. Möglicherweise habe sie diese nicht wahrhaben wollen. Wegen Bedenken, dass ihr die Tragweite des Geschehens klar werden könne, habe er angesichts drohender Suizidgefahr Sichtkontrolle angeordnet.(mit epd)

Marion Kaufmann

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