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Der Prozess begann am Mittwoch.  

© Robert Schlesinger/dpa

Schwerverletzte Zweijährige: Prozess wegen Kindesmisshandlung

Wurde ein zweijähriges Mädchen aus Potsdam misshandelt? Vor Gericht beteuern die Angeklagten, sie sei gestürzt und habe getobt.  

Potsdam - Ein Schütteltrauma, blutunterlaufene Augen, Hämatome am Hinterkopf sowie Blutergüsse am Ohr, den Hüften und am Mund – mit diesen lebensgefährlichen Verletzungen wurde ein zweijähriges Mädchen im Mai 2017 ins Bergmann-Klinikum eingeliefert. 

Am Mittwoch hat der Prozess gegen die mutmaßlich Verantwortlichen begonnen: Den 32-jährigen Dirk D. und seine Lebensgefährtin Sophia R. Das Paar muss sich wegen Kindesmisshandlung und Verletzung der Fürsorgepflicht verantworten, wie Staatsanwalt Peter Petersen in der Anklageschrift ausführte. 

"Das Kind war kaum ansprechbar"

Demnach wurde das Kind ins Krankenhaus eingeliefert, nachdem es sich zu Hause erst erbrochen hatte und dann in Ohnmacht fiel. Neben den beiden Angeklagten kamen am ersten Prozesstag auch zwei Zeugen zu Wort. „Das Kind war kaum ansprechbar, es stand völlig neben sich, war blass und sehr schmal“, erinnerte sich Kinderchirurgin Anke Küsel, die das Kind damals am Klinikum untersuchte.

Die Angeklagte Sophia R. erklärte den Zustand des Kindes mit einem Unfall beim Spielen tags zuvor, als sie auf das Mädchen und ihre eigene gleichaltrige Tochter aufpasste. Das Mädchen sei mit dem Kopf auf einen Heizkörper aufgeschlagen. Da es nach dem Sturz außer einer Beule jedoch keine Auffälligkeiten gezeigt habe, habe sie nicht sofort einen Arzt aufgesucht. 

Dass dies ein Fehler war, sei ihr mittlerweile bewusst, sagte Sophia R. Geschlagen oder misshandelt hätte das Paar das Kind aber nicht. Die Hämatome und Blutergüsse unter den Augen soll sich die Zweijährige nach Aussage des Paares bereits vorher beim wilden Toben mit ihrer Stiefschwester zugezogen haben.

Die leibliche Mutter soll überfordert gewesen sein

Laut Dirk D. war seine Tochter erst wenige Wochen zuvor in den Haushalt des Paares gezogen. Die leibliche Mutter sei mit ihr überfordert gewesen, sagte er. Auch habe das Mädchen bereits seit früher Kindheit zwar ausreichend gegessen, aber nur sehr wenig zugenommen, so der Vater. Mit der Mutter sei er daher zuvor bereits zwei Mal im Bergmann-Klinikum gewesen, um es untersuchen zu lassen. Die Ärzte hätten aber nichts Ungewöhnliches festgestellt. Auch eine Begleitung durch das Jugendamt habe es gegeben – ebenso ohne Auffälligkeiten.

Einzelheiten zu den Verletzungen des Kindes legte der Rechtsmediziner Martin Mentzel in einem Gutachten dar. Er untersuchte das Mädchen zwei Tage nach ihrer Einlieferung. Hierbei sah er auch Verletzungen, die älteren Datums sein könnten. Ob diese aber von Tobereien oder durch Gewaltanwendungen stammen, könne er nicht eindeutig sagen.

Für den Fall war zunächst nur ein Verhandlungstag angesetzt. Das Gericht entschied am Mittwoch aber, weitere Zeugen wie etwa Verwandte und Freunde des Paares, vorzuladen.

Anne Jerratsch

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