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Der gescheiterte Solarradweg der Firma Solmove in Erftstadt.

© Stadt Erftstadt

Schwelbrand beim Vorzeigeprojekt: Potsdamer Firma scheitert mit Solarradweg

Die Potsdamer Firma Solmove hat Deutschlands ersten Solarradweg entwickelt. Doch ein Prototyp in Erftstadt floppte.

Von Katharina Wiechers

Potsdam - Die Idee ist eigentlich genial: Ein Radweg aus Solarzellen, der Strom erzeugen und gleichzeitig im Winter Schnee und Eis abtauen kann. Die Babelsberger Firma Solmove hat ihn entwickelt, vor gut einem Jahr wurde eine Teststrecke in Erftstadt bei Köln verlegt. Der erste Solarradweg Deutschlands schaffte es in viele Zeitungen und Fernsehberichte, Solmove war ein gefeiertes Start-up. Doch das Projekt ist krachend gescheitert und mittlerweile sogar vor Gericht gelandet. Und in einem satirischen Fernsehbeitrag.

Solmove hatte den Radweg aus eigens entwickelten Solar-Kacheln zusammengesteckt, die aus einer Kombination aus Solarzellen und Glas bestehen. Der Strom, der durch die einstrahlende Sonne erzeugt wird, sollte an den Rändern "eingesammelt" und für die Beleuchtung des Radwegs genutzt beziehungsweise der Überschuss ins Stromnetz eingespeist werden. Um ein Abrutschen auf den Glasmodulen zu verhindern, wurden die Kacheln mit Noppen und Rillen versehen. 

Das begeh- und befahrbare Solarmodul.
Das begeh- und befahrbare Solarmodul.

© Andreas Klaer

Jetzt liegt eine Folie auf dem Radweg

Bei der Eröffnung der 90 Meter langen Teststrecke im November 2018 mit Bundesministerin Svenja Schulze (SPD) war die Euphorie noch groß. Auch bei der Stadt Erftstadt war man stolz auf das zukunftsweisende Projekt, in das rund 100.000 Euro Fördermittel flossen. Doch kaum schien die Sonne im März 2019 erstmals etwas stärker, kam es zu Schwelbränden an mehreren Stellen - so die Darstellung der Kommune. "Wir mussten den Radweg schließen", so Stadtsprecherin Margret Leder auf PNN-Anfrage. Um weitere Schwelbrände zu verhindern, wurde die Strecke mit Plastikfolie bedeckt - die bis heute dort liegt und laut Leder nahezu täglich kontrolliert werden musste. In den kommenden Tagen will die Stadt den Weg mit Gummimatten belegen, damit er wenigstens wieder befahren werden kann. Der Weg sei eine wichtige Verbindungsstrecke zum Bahnhof, so Leder. Die Sperrung und Umleitung ignorierten deshalb viele Erftstädter - ein breiter Trampelpfad auf der Wiese daneben belegt das.

Es folgte ein Rechtsstreit

Abreißen will die Stadt den gefloppten Radweg aber noch nicht - schließlich befindet man sich mit der Potsdamer Solmove mittlerweile im Rechtsstreit und der Weg ist quasi Beweismittel. Man habe den Vertrag mit Solmove gekündigt, weil diese es von März bis Oktober 2019 nicht geschafft habe, den Weg benutzbar zu machen, so Leder. "Aus unserer Sicht hat Solmove den Vertag nicht erfüllt". Gegen diese Kündigung hat das Unternehmen daraufhin geklagt.

Das bestätigt auch Solmove-Gründer Donald Müller-Judex. Aus seiner Sicht hat die Stadt Erftstadt sein Unternehmen monatelang "anwaltlich blockiert", sagte er auf PNN-Anfrage. So habe die Stadt die Auflage gemacht, den "Lösungsvorschlag" für den Radweg mit dem TÜV abzustimmen. Dies habe aber mehr Zeit in Anspruch genommen, als der Anwalt bereit war, an Frist zu setzen, so Müller-Judex. Dass bei der Anlage in Erftstadt Fehler aufträten, sei kein Versehen, sondern sogar provoziert gewesen. So wollte man feststellen, "wie die Technik in der Realität funktioniert". Auch an anderer Stelle habe sich gezeigt, wo es noch Probleme gibt. So habe man zum Beispiel auch festgestellt, dass die Anschlussdosen nicht dicht genug waren, um dem Dauerregen Stand zu halten. Auch dass Eis zu bestimmten Schäden führen könne, habe die Teststrecke gezeigt. "Für als Entwickler ist dieses relativ ,normal'", so Müller-Judex. 

Andere Anlagen funktionieren laut Solmove gut

Solmove habe inzwischen weitere Anlagen in Betrieb genommen, die gut funktionierten, "auch wenn sie noch nicht perfekt sind", so der Gründer. Eine davon stehe auf dem Gelände des Energieversorgers Rhein Energie, eine weitere auf dem Gelände der einstigen Zeche Westerholt in Gelsenkirchen. "Alle Anlagen sind bisher Testanlagen - wie auch die in Erftstadt." 

Für ihn als Gründer von Solmove sei es "sehr enttäuschend, dass ein vielversprechendes und vielfach ausgezeichnetes Konzept nun bei den ersten Schwierigkeiten anwaltlich im Keim erstickt wird". Er hoffe nicht, dass das typisch sei für Behörden. "Das wäre fatal für die Energiewende, wenn solche Technologie-Initiativen keine Chance haben, weil ein Bürokrat keine Verantwortung will". 

Radweg "Hammer der Woche" im ZDF-Länderspiegel

Diesen Vorwurf will die Erftstädter Stadtverwaltung nicht auf sich sitzen lassen. "Wir haben dem Unternehmen nie Steine in den Weg gelegt", so Leder. "Das wäre eine tolle Sache gewesen." Erftstadt sei "weit vorne" beim Thema Solarenergie und würde sich sich als Flächengemeinde auch durchaus eignen für die Energiegewinnung auf Straßen. "Aber wir arbeiten hier eben auch mit Steuergeldern." 

Für Verschwendung halten offenbar auch viele Erftstädter das Projekt, zumindest jene, die in einem Beitrag des "ZDF-Länderspiegels" zu Wort kommen. Dort wurde der Radweg zum "Hammer der Woche" gekürt - das Format befasst sich regelmäßig mit Bürokratenwillkür und Geldverschwendung. Von einem "Schildbürgerstreich" spricht in dem Beitrag einer der Anwohner, von einem "Schandfleck" anderer. Eine Dame findet, die ganze Sache sei eine Lachnummer. Eine andere bringt es so auf den Punkt: "Viel Geld für nichts".

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