zum Hauptinhalt
Entspannt. Schulhund Hugo fühlt sich sichtlich wohl zwischen den Erstklässlern. Seit Beginn des Schuljahres begleitet er sein Frauchen, die Lehrerin Stefanie Mühlberg, an ein bis zwei Tagen mit in den Unterricht. Noch ist er in der Ausbildung.

© Bernd Settnik/dpa

Schulhund Hugo in der Potsdamer Goethe-Grundschule: Pädagoge auf vier Pfoten

An der Goethe-Grundschule gibt es seit Jahresbeginn einen Schulhund. Rüde Hugo soll die Kinder beruhigen und zum Lernen motivieren.

Inmitten einer Gruppe Erstklässler bleibt nicht jeder so cool wie Hugo. Schwanzwedelnd liegt der 19 Wochen alte Welpe auf dem Boden und lässt sich kraulen. Sobald es irgendwo raschelt, ist er zur Stelle: Es könnte ein Leckerli für ihn geben.

Hugo, ein braun-weißer Mini-Australien-Shephard-Rüde, besucht seit zehn Wochen regelmäßig die Babelsberger Goethe-Grundschule. Er ist damit Brandenburgs zweiter Schulhund – auch an der Gerhart-Hauptmann-Grundschule gibt es einen vierbeinigen Pädagogen. Ein bis zwei Mal pro Woche begleitet Hugo seine Besitzerin Stefanie Mühlberg, die an der Schule Deutsch, Mathematik und Sachkunde lehrt, in den Unterricht. Die Schüler sind begeistert von dem süßen Zuwachs. „Er hat mich schon mal getröstet, als ich traurig war“, erzählt einer von ihnen. Hugo ist aber nicht nur zum Trösten und Spielen da, er wird in den Unterricht mit eingebunden. So gibt es ein Spiel, bei dem er mit seiner Pfote von einem großen Plakat eine Aufgabe auswählt – der Schüler, der zuerst die richtige Lösung findet, darf ihm anschließend ein Leckerli geben.

Zur offiziellen Vorstellung des Schulhund-Projekts kam am Freitag auch Bildungsminister Günther Baaske (SPD) in die Goethe-Grundschule. „Der Hund hat mich eingeladen, denn mein Spitzname ist auch Hugo“, scherzte Baaske und erzählte, dass er in seiner Jugend alle Freunde mit unschönen Spitznamen geärgert habe – bis es ihm eines Tages heimgezahlt wurde: Als er im Pionierferienlager als DJ auflegen wollte, kündigte die Leiterin die Veranstaltung als „Party mit Hugo“ an. Vom Schulprojekt indes zeigt sich Baaske begeistert. Der Minister hofft, dass Hugo und sein Frauchen Vorbild für weitere Schulhunde sein werden. „Für die Kids ist das ein Glück, sie werden ihr Leben lang davon profitieren“, ist er überzeugt.

Besitzerin Mühlberg erzählte, sie habe sich immer einen Hund gewünscht. Die Idee eines Schulhundes beschäftigte sie schon länger. So schrieb sie auch ihre Abschlussarbeit zu dem Thema. Und dass sie mit ihrem Hund trainieren will, stand für die 26-Jährige schon vorher fest. Als sie im Sommer mit ihrem Referendariat, das sie ebenfalls an der Goethe-Grundschule absolvierte, fertig war, durfte sie dann loslegen. Zuvor war sie mit dem Vorschlag an die Schulleitung und die Elternvertreter herangetreten und habe durchweg ein positives Echo erhalten.

Bewusst wählte sie einen Mini Australian Shepherd: Die Hunde gelten als freundlich und ausgeglichen, haben außerdem Freude daran, Aufgaben zu übernehmen. „Die Rasse ist dafür gemacht, ein Rudel zu führen“, sagt Mühlberg. Deswegen bleibt Hugo auch so gelassen in all dem Trubel.

Dabei steckt der junge Rüde noch mitten in der Ausbildung: Neben seinen Einsätzen an der Schule, die bald auf drei Tage in der Woche ausgeweitet werden sollen, besucht er mit seinem Frauchen regelmäßig eine Hundeschule. Und die wiederum nimmt an Seminaren teil, damit Stefanie Mühlberg und Hugo im April ein fertig ausgebildetes Team sind. Das Seminar kostet sie rund 600 Euro. „Es liegt mir am Herzen, ich würde Hugo ohnehin ausbilden“, so Mühlberg.

Wenn Hugo müde wird, darf er sich ins Lehrerzimmer zurückziehen. „In Baden-Württemberg und der Schweiz ist das Konzept des Schulhundes ganz normal“, erzählt die junge Lehrerin. Mehrere Studien seien zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Hund die Kinder entspanne, da durch seine Anwesenheit das Hormon Oxytocin – im Volksmund auch als „Kuschelhormon“ bekannt – ausgeschüttet wird. Auch wenn in der Klasse mal Streit ausbricht, würden die Kinder sofort ruhiger, sobald Hugo hinzukommt. Ein Hund fördere zudem das Selbstbewusstsein der Kinder. Schon allein deshalb, weil er klare Ansagen und keine geflüsterten Befehle brauche. Eine Schülerin habe sich zunächst vor dem Hund gefürchtet. Doch nach zwei Wochen hatte Hugo sie von sich überzeugt. Mühlberg unterrichtet auch Flüchtlingskinder in Deutsch. Dann dient Hugo als lebendiges Anschauungsmaterial – Schwanz, Pfote, Nase, alles darf einmal angefasst und anschließend benannt werden. So lassen sich die schweren Wörter einfacher merken.

Das schönste Erlebnis hatte die Lehrerin vor einigen Tagen im Mathe-Förderunterricht. Als eine Schülerin, die Mathe zuvor als ihr „Hassfach“ betitelte, für jede richtig gelöste Aufgabe eine Übung mit dem angehenden Schulhund machen durfte, habe sie so fleißig und motiviert mitgearbeitet wie noch nie – und sei anschließend sogar mit einem Lächeln aus dem Unterricht gegangen. „Da wusste ich: Das ist genau das Richtige, was du hier machst“, sagt Mühlberg.

Anne-Kathrin Fischer

Zur Startseite