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Konfliktlöser. Christel Klumps und Fritz Ballion helfen in der Karl-Foerster-Schule den Grundschulkindern dabei, eigene Lösungen für ihre Streitereien zu finden. Die Kinder können bei den beiden Mediatoren frei über ihre Probleme miteinander reden.

© Andreas Klaer

Schulen in Potsdam: Wie Senioren Konflikte zwischen Schülern lösen

In Potsdamer Schulen helfen Senioren den Kindern dabei, Konflikte zu lösen. Dabei setzen sie auf Ausbildung - und Lebenserfahrung. Derzeit suchen die Schlichter Unterstützung.

Potsdam - Zwei Jungs schubsen sich in der Pause auf dem Schulhof. Der eine hat dem anderen den Fußball weggenommen. Der Streit scheint zu eskalieren. Genau für solche Situationen sind Christel Klumps und Fritz Ballion an der Karl-Foerster-Schule in Bornstedt. Die beiden Senioren engagieren sich ehrenamtlich in dem Verein Seniorpartner in School (SiS), der ältere Frauen und Männer zu Mediatoren ausbildet. Sie sollen Schülern helfen, ihre Konflikte auf friedlichem Wege zu lösen.

Seniorpartner in School wurde 2001 von Christiane Richter in Berlin gegründet. Ulrike Cantner, die 2. Vorsitzende des brandenburgischen SiS-Landesverbandes, der in Potsdam sitzt, lernte Richter bei der Mediationsausbildung kennen und baute 2006 den Verein in Brandenburg mit auf. Etwa 60 Mediatoren beteiligen sich mittlerweile landesweit. In Potsdam sind es rund 30 an neun verschiedenen Schulen, etwa der Rosa-Luxemburg- oder der Waldstadt-Grundschule. „Wir helfen den Kindern bei der Schlichtung, machen aber selbst keine Vorgaben“, erklärt Klumps ihre Arbeit. Seit fünf Jahren bietet sie zusammen mit ihrem Kollegen Fritz Ballion die Mediation in der Karl-Foerster-Grundschule in Bornstedt an. Jeden Mittwochvormittag. Auch am Dienstag und Donnerstag sind Teams des Vereins an der Schule.

Etwas von der Lebenserfahrung an die Schüler weitergeben

„Wenn die Kinder zu uns kommen, gibt es bestimmte Regeln“, erklärt Christel Klumps. Sie ist selbst Großmutter und findet es wichtig, dass sie bei ihrer Arbeit eine Brücke zwischen Jung und Alt bilden können. In ihrem Raum in der Grundschule dürfen die Kinder in Ruhe ausreden, erst der eine, dann der andere. „Es ist wichtig, dass die Kinder bei uns einen sicheren Ort haben, wo sie sich frei fühlen, ihre Probleme zu erzählen“, so Klumps. Dabei sollen sie sich aber nicht gegenseitig verletzen oder kränken. Passiert das doch einmal, benutzen die Mediatoren die Stopp-Hand, die signalisiert, dass eine Grenze erreicht wurde. Die Kinder sollen bei der Mediation lernen, ihre eigenen Gefühle und Meinungen zu äußern und gemeinsam überlegen, was sie tun können, damit sich die Konfliktsituation nicht mehr wiederholt. Die beiden Mediatoren unterstützen die Kinder mit gezielten Fragen und machen auch manchmal Vorschläge. „Wichtig ist auch, dass alles im Raum bleibt, was die Kinder erzählen. So schaffen wir Vertrauen“, so Klumps.

Nachdem die heute 69-Jährige, die gemeinsam mit ihrem Mann ein Unternehmen führte, in Rente gegangen war, habe sie sich bewusst nach einem Ehrenamt umgesehen. „Wir sind ja nicht mehr im Arbeitsleben und können etwas von unserer Lebenserfahrung an die Schüler weitergeben“, sagt Klumps. Sie und Ballion haben sich bereits bei der Ausbildung kennengelernt und sich, da sie beide in Bornstedt wohnen, gemeinsam für die Karl-Foerster-Grundschule entschieden.

Eigene Lösungen finden, anstatt der Schuldfrage nachzugehen

„Bei den meisten Problemen handelt es sich um die üblichen Streitereien, um Mobbing oder Ausgrenzung“, erklärt Ballion. Früher hat er unter anderem als Trainer und Schulungsleiter in der Erwachsenenbildung gearbeitet. „Ehrenamtlich zu arbeiten, war für mich eine wunderbare Möglichkeit, etwas von den Strukturen wiederzugeben, die ich selbst kennengelernt habe“, erklärt der 68-Jährige. Er selbst habe als junger Mensch viel von seinen Trainern im Fußball und Basketball gelernt. Ballion ist neben seiner Arbeit bei SiS auch in der Flüchtlingshilfe, einem Fußballverein und im Stadtteilnetzwerk Bornstedt aktiv.

„Mit unserer Idee erreichen wir viele ältere Menschen, die sich in einer Phase ihres Lebens befinden, in der sie noch mal eine herausfordernde Tätigkeit suchen“, erklärt Cantner die Arbeit der Senioren. Potenziell kann jeder, der nicht mehr im aktiven Berufsleben steht und in der Regel älter als 55 Jahre ist, bei Seniorpartner in School mitmachen. Aber der Verein sucht die Mediatoren sehr genau aus. Besonders wichtig sei dabei natürlich, dass die Senioren ein Herz für Kinder haben. Nach der zehntägigen Ausbildung zum Mediator verpflichten sich die Senioren bei SiS für eineinhalb Jahre, einmal in der Woche für vier Stunden an einer Schule zu arbeiten. Zwischendurch gibt es immer wieder Supervisionen und Weiterbildungen. „Man muss ganz anders miteinander reden, als man es vielleicht sonst gewohnt ist. Wir geben den Kindern nicht vor, was gemacht werden soll oder stellen Fragen nach der Schuld, sondern helfen den Kindern, eine eigene Lösung zu finden.“

Ballion und Klumps sind an der Schule eng eingebunden, nehmen auch an den Lehrerkonferenzen teil. Bei den Elternabenden und in jeder neuen Klasse stellen sie sich und ihre Arbeit vor. Und sie helfen nicht nur bei der Streitschlichtung. „Wir halten auch manchmal einen Klassenrat ab“, erzählt Ballion. Dabei werden in der Klasse Themen bearbeitet, die die Kinder diskutieren und gemeinsam eine Lösung entwickeln. Am schönsten sei es, bei ihrer Arbeit die Entwicklung der Kinder zu sehen, erklärt Ballion. Einige Kinder seien dank der Mediation viel selbstständiger und selbstbewusster geworden.

Zurzeit sucht der Verein nach Unterstützung. Kontakt unter Tel.: (0331) 951 305 59 oder per Mail an info@sis-brandenburg.de

Sarah Stoffers

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